Kantinenessen wird klimafreundlicher ohne Veränderung – Wissen

Wer diese herrlichen Sommertage in der Arbeit verbringen muss, sollte versuchen, sich zum Ausgleich am Zauber der kleinen Dinge zu erfreuen. Currywurst mit Pommes in der Kantine zum Beispiel, seit langer Zeit eines der beliebtesten Gerichte deutscher Werktätiger. Besonders empfehlenswert ist diese Wahl freilich nicht, und so klingt die Nachricht zumindest interessant, die nun aus Bristol kommt. Forschende der dortigen Universität haben das Kunststück vollbracht, dass die Gäste einer Mensa sich klimafreundlicher und zugleich etwas gesünder ernährten, obwohl sich an den angebotenen Speisen nichts änderte. Keiner der Topseller wurde gestrichen, keine Portion verkleinert, keine Zutat ausgetauscht und auch die notorisch wenig wirksame Aufklärung ersparte man den Kunden. Und doch wurde das Essen der Gäste deutlich grüner.

Der Trick der Wissenschaftler bestand darin, die drei täglich zur Auswahl stehenden Gerichte so geschickt zu kombinieren, dass empfehlenswerte Speisen eine größere Chance bekamen, ausgewählt zu werden. Das Team aus Psychologen, Ernährungs- und Agrarwissenschaftlern griff dazu auf Speisepläne zurück, die die Mensa in der Vergangenheit schon einmal aufgestellt hatte. Es übernahm alle Gerichte, ermittelte aber zunächst deren Beliebtheit und bewertete sie nach ökologischen und gesundheitlichen Aspekten. Dann sortierten die Forscher die Gerichte auf dem Wochenplan um.

Linsenteller in der Pole Position

Am Ende stand das populärste der nachhaltigeren Gerichte am selben Tag zur Auswahl wie die unbeliebtesten Mahlzeiten aus der Gruppe der weniger empfehlenswerten Speisen. Das Linsencurry war dann nicht mehr der hoffnungslos unterlegene Konkurrent der außerordentlich geschätzten Lasagne, sondern die beste Option des Tages. Eine weitere Taktik war, besonders ungünstige Speisen gleichzeitig anzubieten. Auf deutsche Kantinen übertragen hieße dies: Am Schnitzeltag steht auch die Salamipizza auf dem Speiseplan. Auf eines von beiden müssen die Mittagsgäste also verzichten.

Der zwei Wochen währende Pilotversuch zeigte, dass der Ansatz funktionieren kann. Die etwa 300 Studenten, die gewöhnlich in der Mensa speisten, wählten nun Gerichte, die insgesamt einen 30 Prozent niedrigeren CO₂-Fußabdruck aufwiesen als zuvor. Der Gehalt an gesättigten Fettsäuren sank um sechs Prozent, wie aus dem im Fachblatt Nature Food veröffentlichten Experiment hervorgeht. Die Zufriedenheit mit dem Essen schien gleich zu bleiben. Die Methode ließe sich auch auf weitere Faktoren wie den Salzgehalt oder den Wasserverbrauch bei der Herstellung der Speisen ausweiten, schrieben die Wissenschaftler.

„Das Beste“ an ihren Tricks aber sei, hoben sie in einer Pressemitteilung hervor, dass die Studenten offenbar gar nicht merkten, dass ihr Speiseplan grüner wurde. Autor Jeffrey Brunstrom sieht darin durchaus einen Vorteil: Die unbewusste Verhaltensänderung dürfte langfristig eher funktionieren, sagt er auf SZ-Anfrage. „Das ist nicht immer der Fall, wenn Verbraucher sich bewusst sind, dass sie gesündere und nachhaltigere Entscheidungen treffen, da sie mit der Zeit eher zu ihren alten Gewohnheiten zurückkehren.“