Die Bundespolizei FBI gilt als eine der schlagkräftigsten Ermittlungsbehörden der Welt, nicht zuletzt wegen unzähliger Hollywood-Filme und Serien. Doch im Weltbild der Trump-Anhänger steht das FBI spätestens seit den Ermittlungen gegen Donald Trump auch für eine politische Polizei – ungeachtet der Fakten.
Jetzt kündigt Trump an, einen Hardliner zum FBI-Direktor zu machen. Kash Patel soll die Behörde nicht etwa schlagkräftiger machen, sondern sie schwächen. Der künftige Mann an der Spitze will erklärtermaßen mithilfe der Behörde gegen Journalisten vorgehen. Er stand Trump auch während dessen Strafprozess treu zur Seite – und hat sogar zwei Kinderbücher über den Präsidenten geschrieben.
Patel gilt als ein loyale Trump-Unterstützer. Er soll Amerikas wichtigste Strafverfolgungsbehörde umkrempeln und will die Regierungsbürokratie von vermeintlichen „Verschwörern“ befreien. Die Personalie ist der jüngste Paukenschlag, den Trump dem Washingtoner Establishment verpasst – und ein Test dafür, wie weit die Republikaner im Senat bei der Bestätigung seiner Kandidaten gehen werden.
„Ich bin stolz zu verkünden, dass Kashyap ‚Kash‘ Patel der nächste Direktor des Federal Bureau of Investigation sein wird“, schrieb Trump am Samstagabend (Ortszeit) in seinem sozialen Netzwerk Truth Social. „Kash ist ein brillanter Anwalt, Ermittler und ‚America First‘-Kämpfer, der seine Karriere damit verbracht hat, Korruption aufzudecken, die Gerechtigkeit zu verteidigen und das amerikanische Volk zu schützen.“
Die Auswahl passt zu Trumps Ansicht, dass die Strafverfolgungs- und Geheimdienstbehörden der Regierung radikal umgebaut werden müssen – und zu seinem im Wahlkampf immer wieder geäußerten Willen zur Vergeltung an vermeintlichen Gegnern. Trump ist immer noch wütend über die jahrelangen Ermittlungen der Bundesbehörden, die seine erste Amtszeit überschatteten und später zu seiner Anklage führten. Er setzt nun enge Verbündete an die Spitze des FBI und des Justizministeriums, von denen er annehmen kann, dass sie ihn eher schützen als kontrollieren werden.
Das FBI ermittelte gegen den früheren und künftigen Präsidenten unter anderem wegen verschwundener Geheim-Papiere und den Versuchen, die Wahlergebnisse von 2020 zu kippen. Es ging gegen diejenigen seiner Anhänger vor, die vor knapp vier Jahren das US-Kapitol gestürmt hatten.
Das FBI hat seinen Hauptsitz in Washington und verfügt über 56 Außenstellen im ganzen Land, die Fälle von Cyberangriffen und Wirtschaftskriminalität bis hin zu Mord und Anschuldigungen sexuellen Fehlverhaltens untersuchen. Das FBI untersteht dem Justizministerium.
„Dieses FBI wird die wachsende Kriminalitätsepidemie in Amerika beenden, die kriminellen Migrantenbanden zerschlagen und die üble Geißel des Menschen- und Drogenhandels über die Grenze stoppen“, erklärte Trump.
Patel „spielte eine entscheidende Rolle bei der Aufdeckung der ‚Russland-, Russland-, Russland-Lüge‘ und ist ein Verfechter der Wahrheit, der Aufrichtigkeit und der Verfassung“, schrieb Trump. Mit der „Russland-, Russland-, Russland-Lüge“ meint Trump wiederholte Vorwürfe gegen ihn, er sei zu russlandfreundlich oder werde gar vom Kreml mit intimen Informationen erpresst. Zudem soll Russland sich in den Wahlkampf eingemischt haben.
Es bleibt unklar, ob Patel vom republikanisch dominierten Senat bestätigt wird. Allerdings hat Trump auch die Möglichkeit erwogen, den Senat zu umgehen.
Patel würde dem aktuellen FBI-Chef Christopher Wray ersetzen, der 2017 von Trump ernannt wurde, aber beim Präsidenten und seinen Verbündeten schnell in Ungnade gefallen ist. Obwohl die Position eigentlich auf zehn Jahre vergeben wird, kommt die Absetzung von Wray nicht unerwartet. Trump kritisiert ihn und das FBI seit langem öffentlich, unter anderem nach einer Durchsuchung seines Anwesens Mar-a-Lago in Florida nach geheimen Dokumenten und zwei Untersuchungen, die zu seiner Anklage führten. Daher gab es schon länger Spekulationen, Trump werde Wray feuern, falls dieser nicht selbst zurücktritt.
Patels früher geäußerte Vorschläge zur FBI-Reform würden, wenn sie umgesetzt würden, zu einem tief greifenden Umbruch in einer Behörde führen, die nicht nur mit der Untersuchung von Verstößen gegen Bundesgesetze beauftragt ist, sondern auch mit dem Schutz des Landes vor Terroranschlägen, Auslandsspionage und anderen Bedrohungen.
Patel forderte eine drastische Verkleinerung des FBI. Das ist eine Perspektive, die ihn deutlich von früheren Direktoren unterscheidet, die sich stets um zusätzliche Ressourcen für die Behörde bemüht haben. Er hat zudem vorgeschlagen, den Hauptsitz der Behörde in Washington zu schließen und „am nächsten Tag als Museum des ‚Deep State‘ wiederzueröffnen“ – Trumps abwertender Sammelbegriff für die angeblich aufgeblähte und intrigante Bundesbürokratie. Das passt zu Trumps Programm, die Bundesbürokratie entscheidend zu verkleinern – unter der Regie des Tesla-Chefs Elon Musk.
Ein weiterer kritischer Reform-Punkt betrifft die Medien: Obwohl das Justizministerium im Jahr 2021 die Praxis der heimlichen Beschlagnahmung von Telefonaufzeichnungen von Reportern zur Aufdeckung von Quellen untersagt hat, hat Patel angekündigt, aggressiv gegen Regierungsbeamte vorzugehen, die Informationen an Reporter weitergeben. Er will die Gesetze so ändern lassen, dass es einfacher zu wird, Journalisten zu verklagen.
In einem Interview mit dem früheren Trump-Berater Steve Bannon im vergangenen Dezember sagte Patel, dass er und andere „die Verschwörer nicht nur in der Regierung, sondern auch in den Medien aufspüren werden“.
„Wir werden die Leute in den Medien verfolgen, die über amerikanische Bürger gelogen haben, die Joe Biden geholfen haben, die Präsidentschaftswahlen zu manipulieren“, sagte Patel und bezog sich dabei auf die Präsidentschaftswahlen 2020, bei denen Biden den Kontrahenten Trump besiegte. „Wir werden hinter Euch her sein, ob strafrechtlich oder zivilrechtlich. Wir werden das alles aufklären.“
Karrierestart als Pflichtverteidiger
Patel, Kind indischer Einwanderer und ehemaliger Pflichtverteidiger, arbeitete mehrere Jahre als Staatsanwalt im Justizministerium, bevor er als Mitarbeiter des ständigen Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses die Aufmerksamkeit der Trump-Administration erregte.
Der damalige Vorsitzende des Ausschusses, der kalifornische Abgeordnete Devin Nunes, war ein starker Verbündeter Trumps und beauftragte Patel mit der Leitung der Ermittlungen des Ausschusses zur russischen Einmischung in den Wahlkampf 2016. Patel war schließlich an der Erstellung des sogenannten „Nunes-Memos“ beteiligt, einem vierseitigen Bericht, in dem dargelegt wurde, dass das Justizministerium bei einer Ermächtigung zur Überwachung eines ehemaligen Freiwilligen der Trump-Kampagne einen Fehler gemacht hatte. Die Veröffentlichung des Memos stieß auf den vehementen Widerstand von Wray und aus dem Justizministerium. Sie warnten davor, leichtsinnig sensible Informationen offenzulegen.
Ein späterer Bericht des Generalinspekteurs stellte erhebliche Probleme bei der FBI-Überwachung während der Russland-Ermittlung fest. Er fand aber keine Beweise dafür, dass das FBI bei der Durchführung der Untersuchung aus parteipolitischen Motiven gehandelt hatte. Der Bericht schlussfolgerte, es habe eine legitime Grundlage für die Einleitung der Untersuchung gegeben.
Die Russland-Ermittlung schürte Patels Misstrauen gegenüber dem FBI, den Geheimdiensten und auch den Medien, die er als „den mächtigsten Feind, den die Vereinigten Staaten je gesehen haben“ bezeichnete. Patel beschuldigte das FBI, seine Überwachungsbefugnisse gegen unschuldige Amerikaner „zu einer Waffe“ gemacht zu haben.
Kinderbuch über „King Donald“
Patel brachte diese Arbeit in einflussreiche Positionen der Regierung im Nationalen Sicherheitsrat und später zum Stabschef des Verteidigungsministers Christopher Miller.
Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Amt blieb er ein treuer Gefolgsmann von Trump. Er begleitete den designierten Präsidenten während seines Strafprozesses in New York ins Gericht und behauptete gegenüber Reportern, Trump sei das Opfer eines „Verfassungszirkus“.
Zusätzlich zu seinen 2023 erscheinenden Memoiren, „Government Gangsters: The Deep State, the Truth, and the Battle for Our Democracy“ hat Patel zwei Kinderbücher veröffentlicht, die Trump idealisieren: In „Das Komplott gegen den König“ ist kaum verhohlen Hillary Clinton der Bösewicht, der es auf „King Donald“ abgesehen hat. Aufklärung bringt ein Zauberer, der wohl nicht zufällig wie Patel heißt: Kash.