Junioren-Weltmeister Brandis und Rösle: Deutschlands doppelte Ski-Hoffnung

„Im Starthaus ist jeder gleich“, sagt der deutsche Sportdirektor Andreas Ertl vor dem Weltcup-Finale der alpinen Skiläufer – auch wenn die Ausgangsbedingungen durchaus unterschiedlich sind. Für die Skirennen am Wochenende in Sun Valley (Idaho) haben sich drei deutsche Speedfahrer qualifiziert. Einer von ihnen ist 39 – und damit älter als die anderen beiden zusammen.

Als Romed Baumann im März 2004 sein erstes Weltcup-Rennen fuhr, waren Benno Brandis (18) und Felix Rösle (20) noch nicht geboren. Nun fliegen sie gemeinsam zum alpinen Showdown. „Cool“ findet Brandis die Möglichkeit, mit Stars der Szene wie Marco Odermatt oder Dominik Paris ein gemeinsames Rennen bestreiten zu dürfen. „Ich weiß, wer wer ist“, sagt er über die Sportler, die bislang „in einer anderen Welt unterwegs“ waren. Mit Romed Baumann habe er „sogar schon mal geredet“. Nervös macht ihn sein persönlicher Aufstieg nicht: „Die Aufregung hält sich in Grenzen, aber die Vorfreude ist riesig“.

Qualifiziert hat sich der junge Allgäuer von der TSV Durach dank seines hervorragenden Auftritts bei den Junioren-Weltmeisterschaften. Anfang März gewann Brandis in Tarvisio (Italien) den Super-G – und erhielt neben dem WM-Titel eine Wild Card fürs Weltcup-Finale, für das ansonsten nur die 25 Besten der Disziplin-Wertung startberechtigt sind.

Junioren-Weltmeister in der Abfahrt: Felix Rösle
Junioren-Weltmeister in der Abfahrt: Felix Röslepicture alliance/dpa/MAXPPP

„Benno ist skifahrerisch sehr gut aufgestellt, sehr talentiert“, sagt Ertl. Als Sportdirektor der Alpinsparte im Deutschen Skiverband (DSV) hat er die Entwicklung aller Nachwuchsfahrer im Blick. Brandis gehört zu den Allroundern und tritt in allen vier Disziplinen an. Seine Stärken liegen gleichwohl im Super-G.

„Es ist eine riesige Challenge“

Das hat er schon einen Winter zuvor eindrucksvoll gezeigt, als er bei den Olympischen Jugendspielen in Südkorea ebenfalls im Super-G die Goldmedaille gewann. Jugend-Olympiasieger und Junioren-Weltmeister – ist die große Karriere programmiert? „Das weiß man nie“, sagt Ertl, der keinen überhöhten Erwartungsdruck aufbauen möchte. „Die internationale Leistungsdichte ist enorm. Es ist eine riesige Challenge.“ Die nächsten Entwicklungsschritte werden über kontinuierliche Einsätze im Europacup kommen – und dann mit dem Hereinschnuppern im Weltcup weitergehen. Rückschritte, Durststrecken und Scheitern sind durchaus mögliche Alternativen zum Aufstieg in den Ski-Olymp.

Felix Rösle ist eineinhalb Jahre älter als Brandis. Er stammt ebenfalls aus dem Allgäu und fährt für den Skiclub Sonthofen. Die Jungs kennen sich schon, seit sie zehn sind, fahren seitdem immer wieder gemeinsam Rennen. Gegeneinander, miteinander. „Er ist definitiv ein Freund“, sagt Benno Brandis über seinen Mitstreiter. Die Gemeinsamkeit macht die Vorfreude auf den Amerika-Ausflug noch größer: „Das wird ein tolles Erlebnis“.

Älter als Brandis und Rösle zusammen: Deutschlands „ewiger Abfahrer“ Romed Baumann
Älter als Brandis und Rösle zusammen: Deutschlands „ewiger Abfahrer“ Romed Baumanndpa

Im selben Rennen werden die beiden Youngster freilich nicht starten. Rösle wurde in Tarvisio Junioren-Weltmeister in der Abfahrt und darf deshalb am Samstag (21 Uhr MEZ) in Sun Valley in der Königsdisziplin starten, gemeinsam mit Baumann, der sich als 25. der Weltcup-Wertung soeben noch fürs Finale qualifizierte. Brandis fährt am Sonntag (11 Uhr Ortszeit / 18 Uhr MEZ) im Super-G.

„Felix ist der klassische Abfahrer“, sagt Ertl über Rösle: „Zwei Meter groß, ein Riesen-Kerl“. Lange Hebel und hohes Körpergewicht sind für Abfahrer von Vorteil. Dazu sei Rösle mental ein „sehr cooler Typ“, wie ihn Ertl charakterisiert: „Er fährt sehr abgebrüht, nicht hirnlos.“

„Immer froh, wenn es Winter wird“

Neben ihren Ski-Karrieren haben beide auch die schulische Ausbildung nicht vernachlässigt. Noch in diesem Frühjahr macht Felix Rösle Abitur, Benno Brandis Fach-Abitur. Auch diese Doppelbelastung nahmen sie sportlich. „Schule fällt mir relativ leicht“, sagt Brandis: den Stoff zwei-, dreimal angucken, lesen und verstehen. „Das geht sich meistens aus“.

Dass auch eine gewisse Risikobereitschaft zum jugendlichen Leben gehört, zeigt sich auf seinem Instagram-Account. Dort sieht man Brandis beim ambitionierten Mountainbiken: „Erster Suicide-NoHand auf dem Dirt und fetter Barspin“, steht unter dem Bild. Er sei bei den Jungs „immer froh, wenn es Winter wird“ sagt Ertl dazu. Skifahren erscheint ihm im Vergleich zum Mountainbiken ungefährlich.

Bevor Romed Baumann zum ersten Mal im Weltcup startete, war auch er Junioren-Weltmeister geworden: 2004 in der Abfahrt. Es folgten 375 Weltcuprennen mit elf Podiumsplätzen und zwei Siegen, dazu zwei WM-Medaillen als Krönung. Und auch Marco Odermatt startete seinen Siegeszug auf den Skipisten dieser Welt bei einer Junioren-WM: der Schweizer Superstar gewann 2018 in Davos allerdings gleich vier Goldmedaillen und fuhr danach beim Weltcup-Finale dreimal unter die Top 15. Damit rechnet Benno Brandis erst mal nicht: „Ich gehe davon aus, im hinteren Segment zu landen“. Sein Realismus ändert aber nichts an seiner Vorfreude auf den Moment, wenn er im Starthäuschen steht. Sein Ziel: „Ich will einfach gut Skifahren, ohne was Besonderes zu machen“.