

Der Tonfall der Pressemitteilung war scharf. Die Stadt Frankfurt dulde und unterstütze eine antisemitische Veranstaltung, heißt es darin. Ihr Umgang mit „links-motivierter antisemitischer Agitation“ sei nicht nur in diesem Fall, sondern auch schon „in der Vergangenheit problematisch“ gewesen – zum Beispiel durch die wochenlange Duldung einer Hausbesetzung durch propalästinensische Aktivisten. Hessens Innenminister, der Christdemokrat Roman Poseck, hatte deshalb appelliert: Frankfurt müsse „antisemitischer Propaganda“ entschlossener widersprechen.
Der Anlass für Posecks Empörung: eine Filmvorführung im linksalternativen Club Voltaire. Dort lief am Wochenende die Dokumentation „Gaza Fights for Freedom“ der amerikanischen Journalistin Abby Martin: ein Film mit reichlich Schlagseite über die Proteste von Palästinensern aus Gaza am Grenzzaun zu Israel in den Jahren 2018 und 2019. Gezeigt wurde er im Rahmen der „Antifaschistischen Filmreihe“, die das Frankfurter Kulturdezernat fördert.
Aufgetreten ist dort auch Wieland Hoban, der Vorsitzende des Vereins „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“: Die Gruppe wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert extremistisch“ eingestuft. Mitglieder der „Jüdischen Stimme“ hatten etwa den Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 als „Gefängnisausbruch“ verharmlost.
Eine „rote Linie“ wurde überschritten
Wie kann das Frankfurter Kulturdezernat dafür Geld bereitstellen? Diese Frage hat Poseck mit seiner scharf formulierten Mitteilung gestellt. Die Antwort darauf fällt differenziert aus. Denn so tatenlos, wie es der Minister darstellt, war das von der SPD-Politikerin Ina Hartwig geführte Kulturdezernat gar nicht.
Als man von der Filmvorführung erfuhr, habe man sich gegenüber dem Veranstalter „klar distanziert“, antwortet das Dezernat nun in einer eigenen Pressemitteilung auf Posecks Kritik. Die Veranstalter hätten in ihrem Förderantrag weder den Film noch den Auftritt von Hoban aufgelistet – darum werde ihre Förderung nun „kritisch überprüft“. Aufgefordert habe man die Veranstalter auch, das Logo des Kulturamts von der Website zu löschen – was bislang jedoch nicht passiert ist.
Mit der Einladung Hobans sei eine „rote Linie“ überschritten worden, macht Hartwig deutlich. Sie sagt zu Recht aber auch, dass in Frankfurt Tag für Tag Hunderte Kulturveranstaltungen laufen: „Wir können und dürfen diese nicht wie ein Überwachungsstaat alle täglich durchscannen und im Zweifel verbieten.“ Ein Diskurs müsse möglich bleiben.
Was lässt sich aus dem Schlagabtausch zwischen Innenminister und Kulturdezernentin lernen? Es wäre wohl klüger gewesen, die beiden hätten sich vor dem Versenden der Pressemitteilungen erst einmal ausgetauscht. So erscheint es nun, als sei man sich im Ziel, der Bekämpfung antisemitischer Ressentiments, nicht einig. Davon profitiert am Ende nur eine Seite: die der Extremisten.
