Jens Spahn: Die Maskendeals wird er nicht los

Jens Spahn war gerade in Amerika. Kurz nach dem Besuch von Friedrich Merz führte auch der Fraktionschef Gespräche in Washington: Die Nummer eins und die Nummer zwei der CDU nacheinander in den USA, das ist schon ein Statement. Doch verfolgt wurde Spahn auf der Reise von einer alten Affäre aus der Heimat. 

Es geht um seine Zeit als Gesundheitsminister. Damals hatte er zu Beginn der Coronapandemie auf unorthodoxe Art und Weise sehr viele Masken beschaffen lassen. Für knapp sechs Milliarden Euro orderte Spahn im Jahr 2020 in einer Notsituation zu sehr hohen Preisen und mit einer Abnahmepflicht Masken, von denen ein großer Teil später ungenutzt verbrannt wurde. Nun musste Spahn nach neuen Berichten darüber selbst aus Washington erneut sein damaliges Vorgehen verteidigen: „Besser haben als brauchen“, sagte er in einem Podcast von Table Media. Diese Formulierung führt Spahn seit Jahren zur Causa an, doch der Verweis auf die zweifellos existierende Notlage damals hat die Fragen rund um seine milliardenschweren Maskendeals nicht beenden können. 

Spahn hat ein bemerkenswertes Comeback hingelegt: In den Koalitionsverhandlungen stieg der 45-Jährige, für den anfangs keine zentrale Rolle vorgesehen war, zum Dreh- und Angelpunkt der schwarz-roten Gespräche auf. Als Fraktionschef ist er nun neben Merz der starke Mann in der CDU. Die Rolle sollte auch ein Neustart für Spahn sein, der in den vergangenen Jahren viele Aufs und Abs hinter sich hatte – doch jetzt ist klar, dass er die Vergangenheit als Gesundheitsminister in Corona-Zeiten nicht so leicht abschütteln kann. 

Ein interner Untersuchungsbericht aus dem Gesundheitsministerium, aus dem mehrere Medien zitieren, soll Spahn erneut belasten: Der CDU-Politiker habe dem Logistikunternehmen Fiege aus seiner münsterländischen Heimat ohne Ausschreibung einen Auftrag zur Maskenbeschaffung im Volumen von 1,5 Milliarden Euro erteilt, heißt es in einem Bericht von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung. Laut FAZ ist der Schaden, der aus Spahns Vorgehen entstand, höher als bisher bekannt.  

Die Ermittlerin sollte „ausmisten“

Es geht um den Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof, die vor einem Jahr vom damaligen Gesundheitsminister Karl Lauterbach beauftragt wurde, das Ausmaß der Maskendeals zu recherchieren: „Sie mistet jetzt aus“, hieß es damals von SPD-Mann Lauterbach über seine Parteifreundin. Damit ist sie fertig, und um ihren Bericht ist ein politischer Streit entbrannt: Die Grünen wittern, dass die neue Gesundheitsministerin Nina Warken von der CDU ihren Vorvorgänger und jetzigen Fraktionschef Spahn schützen will, indem sie den Report unter Verschluss halte. Sie fordern, dass Warken den Bericht umgehend veröffentlicht.

Die Union wiederum begleitete die neuen Berichte zur Causa Spahn tagelang mit Schweigen. Nun springt der Fraktionsvize Albert Stegemann, für das Thema Gesundheit zuständig, seinem Fraktionschef zur Seite. Stegemann erinnert an die Ausgangslage im Jahr 2020: „Pflegekräfte und Ärzte waren in erster Linie dringend auf Masken angewiesen. In so einer Situation kann ein Gesundheitsminister entweder Bürokrat oder Krisenmanager sein“, sagte er ZEIT ONLINE. „Ich bin froh, dass Jens Spahn in dieser größten Not schwierige Entscheidungen getroffen und gehandelt hat.“  

Es sieht tatsächlich so aus, als wolle Ministerin und Parteifreundin Warken den Bericht an sich dem zuständigen Ausschuss im Bundestag nicht übermitteln. Am Dienstag sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Selbstverständlich werden wir dem Haushaltsausschuss über unsere Erkenntnisse zu den Maskenkäufen berichten. Dazu werden wir auch die Arbeitsergebnisse der Sonderbeauftragten Dr. Sudhof heranziehen.“  

Das lässt sich nur so verstehen, dass sie den Bericht als Ganzes eben nicht dem Bundestag zugänglich machen will. Aus dem Ministerium ist zu hören, dass der Bericht nie dazu gedacht gewesen sei, eins zu eins veröffentlicht zu werden, schließlich tauchten beispielsweise die Namen einzelner Beamter auf. Eine erste Fassung des Untersuchungsberichts habe außerdem bereits im Januar vorgelegen. Tenor: Den hätte Lauterbach doch auch schon veröffentlichen können. Auch spielt man die Karte zurück in den Bundestag: Der Haushaltsausschuss habe bislang den Bericht überhaupt nicht angefordert.