Jaden Smith: Endlich ein Dach überm Kopf

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr: Dieses geflügelte Wort von Nietzsche oder auch Rilke geht in schwierigen Zeiten wie diesen ja gerade wieder vielen Menschen im Kopf herum; man fühlt sich obdachlos, unbehaust, was lässt sich dagegen tun? Ein möglicher Ansatz war am Sonntag auf dem roten Teppich der Crypto.com Arena (ja, die heißt wirklich so) in Los Angeles zu sehen. Hier wurden zum 67. Mal die Grammys vergeben – nach Auskunft der Veranstalter die wichtigsten Musikpreise der Welt. Dass diese fast immer ausschließlich an US-amerikanische Künstler gehen, wird in den USA nicht als Widerspruch wahrgenommen. Auch in diesem Jahr verlief die Preisverleihung weitgehend überraschungsfrei. Die R’n’B- und neuerdings Country-Interpretin Beyoncé erhielt den 33., 34. und 35. Grammy in ihrer Karriere und gab sich darüber trotzdem so überrascht, dass ihr Gesichtsausdruck direkt zu einem Meme verarbeitet wurde. Die als „beste neue Künstlerin“ ausgezeichnete Sängerin Chappell Roan forderte in ihrer Dankesrede die Plattenfirmen dazu auf, ihre Künstler besser zu bezahlen und ihnen auch mal eine ordentliche Krankenversicherung zu gönnen, dabei trug sie ein weißes Harlekinkleid und eine Eselsmütze, was für die Durchschlagskraft ihrer gewerkschaftlichen Agitationsversuche nicht unbedingt günstig war.

Der Preis für das spektakulärste modische Statement geht in diesem Jahr jedoch an einen Mann: nämlich an Jaden Smith, einen Gelegenheitsschauspieler und Rapper, hauptberuflich der Sohn des Schauspielers und Gelegenheitsrappers Will Smith. Jaden Smith war für nichts nominiert, durfte aber wie jedes Jahr über den roten Teppich flanieren, wozu er sich diesmal – und damit zurück zu Rilke oder auch Nietzsche – eine Kopfbedeckung in Form eines Hauses aufgesetzt hatte. Oder genauer gesagt: eine Kopfbedeckung in Form eines finsteren Schlosses mit Giebeltürmen, um die in der Imagination des Betrachters sofort Fledermausschwärme fleuchten. Auch seine Fassade war mit unheilig erblindeten Fenstern bestückt und mit einer ovalen Aussparung in der Mitte, durch die das Gesicht von Jaden Smith gerade so in die Welt hinausschauen konnte. Es handelt sich hierbei um das ABODI Wearable Vampire Castle Headpiece der Designerin Dora Abodi. Diese gehört nach eigenen Angaben einem alten transsilvanischen Adelsgeschlecht an, das sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, bis zur Gräfin Erzsébet Báthory, welche wiederum durch das Aussaugen von Jungfrauen nach ewiger Jugend gestrebt haben soll und darum als „Blutgräfin“ besonders bei Fans satanischer Metalmusik bis heute beliebt ist (eine der ersten Bands des Genres, Báthory, hat sich nach ihr benannt). Für Erzsébets Urururenkelin Dora ist das Vampire Castle Headpiece nun ebenfalls „ein Symbol für die Ewigkeit“, aber auch eines für „Sinnlichkeit und Resilienz“, wie auf ihrer Internetseite zu lesen ist. Ebendort kann man das gute Stück käuflich erwerben, in maßgeschneiderter Version für 4.500 Dollar – ein Schnäppchen. Dreimal so teuer ist jedenfalls das „transsilvanische Meerjungfrauenkostüm“, das Dora Abodi auch noch im Angebot hat.