Ist der Kader des 1. FC Nürnberg zu groß? Trainer Klose beklagt zu wenig Breite in der Spitze. – Sport

Als es der 1. FC Nürnberg Anfang Dezember mit Fortuna Düsseldorf zu tun hatte, war es mal wieder so weit: Florian Pick, Tim Handwerker und Enrico Valentini bildeten eine Dreierkette. Es war eine ziemlich vorbildliche Dreierkette, die Abstände stimmten, die Abstimmung war lehrbuchmäßig. Wer Pick, Handwerker und Valentini eine Weile beobachtete, merkte, wie gut sie mittlerweile eingespielt sind.

Nur zwei Dinge waren sonderbar: Zum einen, dass Pick im Gegensatz zu den anderen beiden gar kein Abwehrspieler ist und trotzdem Teil einer Dreierkette war. Und zum anderen: Das Trio stand gar nicht in kurzen Hosen auf dem Spielfeld. Es trug dicke Winterjacken und hatte sich auf die Pressetribüne gesetzt, vierte Reihe, gute Sicht auf den Rasen.

Es ist mittlerweile schon ein derart vertrautes Bild, wenn die Nürnberger Reservisten beinahe in Mannschaftsstärke auf der Tribüne sitzen, dass man sich fast in eine andere Zeit versetzt fühlt. Man denkt dann an jenen Trainer, der die Kader bei seinen Vereinen oft auf Übergröße aufblähte und dabei so weit ging, dass er den einen oder anderen Spieler nur vom Hörensagen gekannt haben konnte. Dann ließ er einen Hügel aufschütten und scheuchte seine Spieler den sogenannten Mount Magath hinauf. Ende der Neunziger war Felix Magath, 71, auch mal in Nürnberg. Der Club war gerade aus der drittklassigen Regionalliga aufgestiegen, legte aber einen Fehlstart hin. Im September übernahm Magath die Mannschaft von Willi Entenmann und führte sie vom letzten auf den dritten Platz. Der FCN war plötzlich Erstligist.

Gut 26 Jahre später, im Dezember 2024, braucht es schon Fantasie, um den Club mit der Bundesliga in Verbindung zu bringen. Es ist zwar noch nicht lange her, dass die Mannschaft mitreißenden Offensivfußball spielte, doch mittlerweile ist sie nach ihrem Höhenflug wieder gelandet und wartet seit sechs Punktspielen auf einen Sieg. Ein Tief, das den Blick auf die Nürnberger Probleme lenkt – auch dorthin, wo Pick, Handwerker und Valentini Anfang Dezember beim jüngsten Heimspiel gegen Düsseldorf saßen.

Man kann sich zwar sicher sein, dass Miroslav Klose alle drei nicht nur vom Hörensagen, sondern sogar ziemlich gut kennt, doch als Außenstehender kann man gerade schon mal den Überblick verlieren. Auch für Janni Serra, Michal Sevcik, Taylan Duman, Benjamin Goller und Kanji Okunuki blieb in dieser Saison ja schon mehrmals nur ein Platz auf der Tribüne. Selbst Lukas Schleimer, der in den ersten sieben Spielen stets in der Startelf stand, war zweimal außen vor, als Klose seine 20 Plätze fürs Wochenende vergab.

Nürnberg hat einen Kader mit 32 Spielern. Tabellenführer Elversberg hat gerade mal 26

Nürnberg hat einen Kader mit 32 Spielern. Nur der 1. FC Köln (34) und der FC Schalke 04 (36) sind noch breiter aufgestellt. Hannover 96 hingegen kommt schon mit 25 Spielern aus, Tabellenführer SV Elversberg mit 26. Das Nürnberger Problem: Die Größe des Kaders bringt Unzufriedene hervor, kostet eine Menge Geld – und mit der Beschaffenheit des Kaders ist es auch so eine Sache. Der Club hat Breite und Spitze, in der Spitze allerdings zu wenig Breite.

Die erste Elf und ein, zwei weitere Spieler sind derart gut, dass sie die aufregendste Mannschaft der zweiten Liga sein können. Aber draußen auf der Tribüne sitzen die anderen und schauen bloß zu, wie diese Mannschaft inzwischen immer weniger aufregend spielt.

Auch Klose hält den Kader für „aufgebläht“, befürwortet die Größe aber dennoch, um Reize setzen zu können. Eine Haltung, der er auch Taten folgen lässt, indem er Spieler nicht einmal in den Kader beruft. Nürnbergs Trainer begründete das schon in mehreren Fällen mit mangelnder Trainingsintensität. Das führt nun zu der Frage: Warum hat der Club derart viele Spieler, dass sie am Fuße eines Mount Magath Schlange stehen würden, wenn sie dann aber nur mit Halbgas hinauflaufen?

So sehr Klose die Vergabe der Bankplätze nutzt, um Trainingseindrücke zu belohnen oder zu beanstanden, so wenig Spielraum bleibt ihm, wenn es um die Startelf geht. In den vergangenen Wochen hat Nürnbergs Trainer kaum rotiert. Nach der Länderspielpause im Oktober gewann seine Mannschaft 4:0 in Fürth und setzte damit Maßstäbe. In den folgenden Spielen ließ Klose die Formation aus dem Frankenderby fünfmal unverändert, zweimal wechselte er nur auf einer Position. In den acht Spielen seit Mitte Oktober verteilten sich die Startelf-Mandate also nur auf 13 Spieler.

Heißt das übersetzt nicht auch: Klose würde – gerade jetzt, da die Siege auf der Strecke bleiben – rotieren, wenn der Kader doch nur eine gewisse Tiefe hätte und sich die Spieler aus der zweiten Reihe aufdrängen würden?

Grundsätzlich ist es zwar alles andere als ein Makel, wenn sich eine Elf eingespielt hat, aber Konkurrenzkampf ist auch in guten Zeiten unabdingbar. Lässt er nach, braucht es nicht viel, dass schon bald wieder schlechtere Zeiten anbrechen. Und gerade das ist es, was zuletzt in Nürnberg passiert ist.

An diesem Samstag steht nun der Jahresabschluss gegen Eintracht Braunschweig an. Es ist zu erwarten, dass Miroslav Klose seine Anfangsformation diesmal verändern wird. Florian Flick könnte Mahir Emreli ersetzen und eine zusätzliche Stütze im zentralen Mittelfeld sein. Es wäre sein erstes Startelf-Mandat seit September. Seitdem kommt er auf nicht einmal 60 Minuten Einsatzzeit in zehn Spielen.