Israel im Sport: Israelis aussperren? Das ist eine Kapitulation

„Ich bin zutiefst schockiert über diese empörende Entscheidung, mir,
meiner Familie und meinen Freunden den Besuch eines Spiels von Aston
Villa in Großbritannien zu verbieten“, schrieb Emily Damari auf X.
Damari hat sowohl die israelische als auch die britische
Staatsbürgerschaft. 15 Monate lang war sie eine Geisel der Hamas.

Damari,
wie sie selbst schreibt „eingefleischter Fan von Maccabi Tel Aviv“,
bezieht sich darauf, dass beim Europa-League-Spiel am 6. November
zwischen Aston Villa und Maccabi keine israelischen Fans zugelassen
sind. Nicht nur für sie eine mehr als bedenkliche Entscheidung. Weil sie
offenlegt, wie Polizei und Behörden kapitulieren, statt ihrer Aufgabe
nachzukommen: für Sicherheit zu sorgen. 

Die lokalen
Behörden in Birmingham hatten empfohlen, keine Gästefans aus Israel
im Stadion zu erlauben. Die West Midlands Police stufte die Partie als
„Hochrisikospiel“ ein. In ihrer Pressemitteilung heißt es, „dass diese
Maßnahme dazu beitragen wird, die Risiken für die öffentliche Sicherheit
zu mindern“. Es waren antiisraelische Proteste angekündigt. Maccabi hat inzwischen selbst erklärt, keine Tickets an seine Fans zu verkaufen – selbst dann nicht, wenn das Verbot noch aufgehoben werden sollte –, und sie davor gewarnt, nach England zu reisen. 

Auch der britische Premierminister
Keir Starmer meldete sich zu Wort und kritisierte die Entscheidung der Behörden. „Wir werden
Antisemitismus auf unseren Straßen nicht tolerieren. Aufgabe der Polizei
ist es, sicherzustellen, dass alle Fußballfans das Spiel genießen
können – ohne Angst vor Gewalt oder Einschüchterung“, sagte er. Können sie aber offenbar nicht.

Birmingham knickt damit vor einem aufgebrachten Mob ein. Deeskalation
wird zulasten israelischer Fußballfans erkauft – und dem Aggressor entgegengekommen. Die Polizei kann die Lage nicht kontrollieren, die Gästefans müssen es ausbaden. Sie werden ausgeschlossen, obwohl sie einfach nur da sein wollen.

Für aufgeheizte Stimmung sorgte auch der Verweis der
Polizei auf die antisemitischen Ausschreitungen am 7. November 2024 im
Nachgang der Europa-League-Partie von Maccabi Tel Aviv bei Ajax
Amsterdam. Was in der Nacht passierte, wurde in Chatnachrichten, die der
Tageszeitung The Telegraph vorliegen
, als „Judenjagd“ beschrieben.
Fünf Israelis mussten mit schweren Verletzungen im Krankenhaus behandelt
werden, 20 bis 30 Personen erlitten laut Polizei leichte Verletzungen.
Die Angreifer, von denen fünf zu Haftstrafen bis zu sechs Monaten
verurteilt wurden, folgten Aufrufen in Chatgruppen. 

Ja, im
Vorfeld hatten einige Maccabi-Fans antiarabische Parolen skandiert und
palästinensische Fahnen heruntergerissen. Doch das rechtfertigt keine
orchestrierten Angriffe. Ja, einige Ultra-Gruppierungen von Maccabi sind
gewalttätig und rechts, aber das trifft eben nicht auf alle Fans
zu. Maccabi Tel Aviv ist der populärste Verein in Israel, hinter ihm
versammeln sich Menschen aus dem gesamten politischen Spektrum. 

Die Entscheidung der britischen Behörden ist auch deshalb falsch, weil sie nicht die Sicherheit der Israelis gewährleistet,
sondern ihre fortschreitende Isolation. Dabei wäre es gerade jetzt
wichtig, ein Zeichen zu setzen. Wenn die nichtjüdische
Mehrheitsgesellschaft die Gefahr antisemitischer Gewalt endlich ernst
nehmen will, muss sie sich dieser entgegenstellen, statt die
Betroffenen unsichtbar zu machen. 

Nun sind behördliche Gästeverbote oder
Einschränkungen kein neues Phänomen im internationalen Fußball.
Eintracht Frankfurt muss im November etwa beim SSC Neapel zum wiederholten Mal auf den
eigenen Anhang verzichten, vor zwei Jahren hatte es in
der Stadt schwere Ausschreitungen zwischen beiden Fangruppen gegeben.
Aber dabei ging es nie um Antisemitismus. Im aktuellen politischen
Klima, vor dem Hintergrund des Hamas-Terrors vom 7. Oktober 2023, der
brüchigen Waffenruhe in Gaza und den antisemitischen Mobilisierungen in
Europa, ist die Maßnahme von Birmingham besonders brisant.

Wenn Sicherheitsbehörden ihre
Zuständigkeit mit dem Argument aushebeln können, sie könnten Gefahren
nicht ausschließen oder sogar nicht verhindern – was passiert als
Nächstes? Welchen anderen Gruppen wird demnächst der Zutritt zu Stadien
verweigert, weil der Staat wofür auch immer ein Risiko erkennt? Und wo
hört das auf? 

Wer so handelt, überlässt das Spielfeld den
Radikalen – und am Ende verliert man weit mehr als ein Fußballspiel.