
Am ersten Abend des Festivals „Performing Exiles“ bei den Berliner Festspielen steht der iranische Regisseur Mohammad Rasoulof vor Beginn der Vorstellung auf der Bühne des Festspielhauses. Spätestens seit der Oscar-Nominierung seines in Iran unter klandestinen Umständen illegal gedrehten Spielfilms „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ im vergangenen Jahr ist Rasoulof international einer der bekanntesten iranischen Künstler. Sein Werk erzählt mit illusionsloser Härte und Bitterkeit vom Leben in der islamistischen Diktatur, es ist ein Zeugnis der Kraft und inneren Freiheit der Kunst, die auch unter solchen Bedingungen entsteht. Rasoulof und seine Schauspielerinnen und Schauspieler haben dafür einen hohen Preis bezahlt. Nachdem der Regisseur als Strafe für seinen Film zu Gefängnis und Peitschenhieben verurteilt wurde, ist er ins Exil geflohen, derzeit lebt er in Deutschland. Vor der Premiere seiner Inszenierung „Destination: Origin“ am vergangenen Donnerstag versucht er, eine Woche nach Beginn des israelisch-iranischen Krieges, seine Gefühle in Worte zu fassen: „Menschen, die keine Schuld an diesem Krieg haben, sind vom Tod bedroht.“ Seit das Regime alle Telefon- und Internetverbindungen gekappt hat, kann der Regisseur seine Schwester in Teheran nicht mehr erreichen. Er weiß nicht, ob sie noch lebt. Rasoulof ist in seinem kurzen Statement gleichzeitig vorsichtig und sehr klar: „Seit vielen Jahren kämpfen Menschen in Iran unter großen Opfern gewaltfrei für Demokratie. Ich glaube nicht, dass Demokratie durch Krieg entsteht. Wir hoffen, dass der Krieg bald endet.“ Dann kann er nicht weitersprechen, die Situation ist zu schrecklich. „Destination: Origin“ ist Rasoulofs erste Theaterarbeit, Matthias Lilienthal, der Kurator von Performing Exiles, hat ihn vor einem Jahr dazu eingeladen. Dass die Premiere gerade jetzt stattfindet, hat etwas Gespenstisches. Die Inszenierung erzählt vom verzweifelten, mutigen Protest der „Frau Leben Freiheit“-Bewegung in Iran und von einer Schauspielerin, die nicht mehr bereit ist, im Tschador aufzutreten, schon weil sie das den Frauen und Mädchen schuldet, die bei den Protesten ums Leben gekommen sind. Sie handelt von Kunst als Akt des Widerstands, vom Leben in Unfreiheit und von Menschen, die ins Unbekannte fliehen.