Interview über Sebastian Haffners posthum entdeckten Liebesroman „Abschied“ – Kultur

Ein Gespräch mit Sebastian Haffners Sohn Oliver Pretzel über seinen Vater, den großen Chronisten der Naziverbrechen, aus dessen Nachlass nun ein erschütternd klarsichtiger Roman über eine Jahrhundertliebe erscheint: „Abschied“.

Es ist die Wiederentdeckung einer unvergesslichen, unmöglichen Liebe. Sebastian Haffner, später einer der einflussreichsten Journalisten und Autoren der frühen Bundesrepublik, hat sie erlebt und sogar in einen Roman verwandelt – aber zeitlebens nie veröffentlicht. Nun hat Haffners Sohn Oliver Pretzel das Buch, das schon 1932 entstand, unter dem Titel „Abschied“ freigegeben. Und wieder erlebt man jenes überwache historisches Bewusstsein, das die Welt schon in Haffners „Geschichte eines Deutschen“ erstaunte und faszinierte. Darin hatte Haffner, der mit bürgerlichem Namen Raimund Pretzel hieß, in seinem ersten Jahr im Londoner Exil aufgeschrieben, wie er als junger Jurist und Autor den Aufstieg des NS-Regimes und die Gleichschaltung erlebte. Ebenfalls erst posthum erschienen, hat dieses Buch Zeitgenossen und Nachgeborene erschüttert. Wenn einer so früh, im Jahr 1939, schon so klar das Grauen vorhergesehen hatte, galt die Ausrede nicht mehr: Wir haben ja nichts gewusst. Haffners Sohn Oliver Pretzel ist selbst inzwischen 86 Jahre alt, er empfängt zum Gespräch in seinem hübschen Townhouse in Hackney, London.