Immobilienbranche sieht Hoffnung in der Not

Auf der Immobilienmesse Expo Real in München zeigt sich die Bandbreite der Branche – und auch der Stimmungslage. Von Wohnungen über Büros bis hin zu Logistikhallen handeln die Gespräche. Immer wieder ist Verunsicherung zu spüren, wie es nach zwei Jahren des Abschwungs weitergeht. Deutschlands Vorteile – hohe Sicherheit und Planbarkeit – seien angekratzt, heißt es in einer kleinen Runde einmal. Woanders bereiten sich Unternehmen wieder auf bessere Geschäfte vor, Entwickler auf neue Bauten und Investoren auf Zukäufe.

Dabei kannte die Immobilienwirtschaft mehr als zehn Jahre nur den Aufschwung. Die Immobilienpreise sind über diesen langen Zeitraum immer weiter gestiegen. Aber nicht nur die städtischen Kaufpreise und Mieten kletterten in die Höhe – auch die Kosten für Baumaterialien, Personalausgaben und staatliche Auflagen verteuerten das Bauen. Im Jahr 2022 mit dem Krieg in der Ukraine und dem Zinsanstieg folgte das Erwachen mit deutlichen Preisrückgängen und sinkenden Transaktionen. Seither pausieren oder stoppen Bauvorhaben, die Finanzierung ist auch für Privatkäufer schwerer geworden, einige Immobilienunternehmen stecken in Schwierigkeiten bis hin zur Insolvenz.

Die Branche zeigt weniger Präsenz

Das alles zeigt sich oft auf der Immobilienmesse, dem Branchentreffpunkt des Jahres: Von Montag bis Mittwoch dieser Woche haben sich in den Messehallen hochrangige Akteure aus der Immobilienwirtschaft besprochen, diskutierten auf und abseits von Podien und bahnten neue Geschäfte an. Oft sind dabei die Worte „Transformationsphase“ oder „Transformationsprozess“ gefallen.

Allerdings ist das Interesse an der Messe zuletzt gesunken. Im Vorjahr kamen rund 40.200 Teilnehmer aus 70 Ländern und 1856 Aussteller aus 36 Ländern zu der damit größten Immobilienfachmesse Europas. Dieses Jahr nehmen 1.770 Aussteller und damit etwa vier Prozent weniger als im Vorjahr an der Expo Real teil. Das lag auch daran, dass Unternehmen auf Stände verzichteten. Einige haben auch den wirtschaftlichen Turbulenzen nicht standgehalten. So hatte die Signa -Gruppe des österreichischen Unternehmens René Benko stets eine größere Vertretung auf der Messe, steckt nun aber in der Insolvenz.

Glas halb voll oder halb leer?

Auch der Blick auf das Immobiliengeschäft ist dabei einer Frage der Perspektive. Nach zwei schwierigen Jahren passen sich mehrere Akteure der neuen Lage an. Oft lautet die Hoffnung, dass der Tiefpunkt erreicht ist und es zumindest nicht weiter abwärts geht. Für viele gilt es jetzt, nach vorne zu schauen, auch wenn Einschnitte schmerzhaft sein können.

Der Berliner Makler Jürgen Michael Schick sieht einen Umschwung. „Vor einem Jahr war die Stimmung auf der Messe depressiv – und jetzt ist sie konstruktiv“, sagt der langjährige Branchenverbandsvertreter. „Ich spüre mehr Zuversicht: Viele Menschen schauen optimistisch auf den Immobilienmarkt und suchen die Chancen.“ Schick spricht darüber, dass die Kaufpreise für Mehrfamilienhäuser laut Gutachterausschüssen nicht mehr fallen, sondern sich seitwärts bewegen oder teilweise leicht steigen. Gleichzeitig schätzt er die Lage im Wohnungsbau als dramatisch ein, weil zu wenige Wohnungen in den Städten entstehen. Das Regierungsziel von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr rückt jedenfalls in weite Ferne.

Ausländisches Geld kommt zurück nach Deutschland

Dafür wagt sich mancher Investor zurück auf den deutschen Markt, heißt es von Christopher Raabe, der für BNP Paribas Real Estate die Sparte Logistik verantwortet. Hier tue sich wieder langsam mehr. Amerikanische und asiatische Investoren hielten mehr auf den deutschen Markt, als dieser sich vielleicht selbst zutrauen möchte. „Die sagen: Ihr erholt euch schneller als ihr denkt, ihr werdet schneller wieder erfolgreich sein.“ Der amerikanische Vermögensverwalter Nuveen Real Estate hat am Mittwoch mitgeteilt, ein Logistikzentrum in Erding vom Unternehmen Garbe Industrial Real Estate gekauft zu haben, ohne den Kaufpreis zu nennen.

Von einer Übergangsphase spricht Rainer Koepke vom Immobiliendienstleister CBRE , der hierzulande den Bereich für Logistikimmobilien verantwortet. Die konjunkturelle Schwäche führe zu geringerer Nachfrage nach neuen Flächen in der Logistik. Nach einer Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI ging der Nettoumsatz der 1000 größten Onlinehändler in Deutschland im Jahr 2023 um 0,2 Prozent zurückgegangen. „Aktuell ist die Nachfrage nach Logistikflächen spürbar geringer als noch vor ein oder zwei Jahren“, sagt Koepke. Allerdings erwartet er ein Beleben der Wirtschaft und der Nachfrage nach Logistikimmobilien.

Neue Zahlen geben Grund zur Hoffnung

In den ersten neun Monaten des Jahres haben sich die Kaufsummen von Büroimmobilien um ein Zehntel auf 3,7 Milliarden Euro erhöht, zeigt eine Auswertung des Immobilienberaters Cushman & Wakefield. Deren Forschungsleiter Helge Zahrnt sieht das Bürotransaktionsvolumen deutlich unter dem Jahresdurchschnitt der vergangenen fünf Jahre. „Jedoch dürfte mit der sich nun abzeichnenden Bodenbildung der Spitzenrenditen bei weiter sinkendem Zinsumfeld die Kauf- und Verkaufsbereitschaft auch in der Breite des Marktes wieder zulegen“, sagt er.

Creditreform berichtet, dass die Ausfallraten für Immobilienkredite zuletzt gestiegen sind – für Hochbauprojekte von 1,6 Prozent im Jahr 2020 auf 2,3 Prozent im vorigen Jahr 2023 bis zu 2,5 Prozent zur Jahresmitte. Wann die verschiedenen Immobilienmärkte wieder richtig in Schwung kommen, mag kaum jemand absehen. Manche hatten schon für den Jahresanfang mit einer Besserung gerechnet. „Wir haben gute Investmentmöglichkeiten gesehen und auch eine erfolgreiche Investition getätigt“, sagt Dirk Ruppert, Investitionsmanager von Cells Property Investors. „Investoren haben Objekte in den Markt gebracht mit bestimmten Preiserwartungen für den Verkauf, die aber nicht erfüllt wurden.“ Ruppert geht davon aus, dass nach dem ungewöhnlich langen Aufschwung nun auch die Katerphase länger dauert. „Steigende Preise gibt es wieder, wenn nach ersten positiven Anzeichen die Stimmung am Markt auch wieder besser wird.“

Die Bürokratie soll abnehmen

Einen der größten Stimmungskiller, die Bürokratie, will die Bundesregierung mit der Novelle des Baugesetzbuches und dem neuen Gebäudetyp E angehen. Beides soll das Bauen erleichtern und dadurch Wohnraum zu günstigen Preisen ermöglichen. In der Branche ist allerdings unklar, wie weit die Pläne in der Praxis auch ankommen. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) zeigte sich auf ihrem Messerundgang optimistisch. In einer Diskussionsrunde antwortete sie auf die Frage nach den Baumaterialien der Zukunft, dass das andere besser wissen. „Wir müssen die Freiheit wieder zurückgeben“, sagte Geywitz.

Kostenvorteile erwartet die Ministerin durch industrielle Vorfertigung von Bauteilen, wovon Investoren und Mieter profitieren könnten. Sie sei eine Anhängerin des seriellen Wohnungsbaus und verwies auf den Gebäudetypen E, mit dem Bauherren vertraglich abgesichert von heutigen Standards abweichen sollen. Einfacher und günstiger bauen soll damit ein Weg für die Zukunft der Immobilienwirtschaft werden.