
Der Mensch hat gegenüber anderen Lebewesen den Vorteil, dass er sich sein Unglück schönreden kann. Sogar jener Teil der Menschheit, der sich in einem unbedachten Moment für einen Hund entschieden hat (eigentlich müsste man davon reden, dass der Hund einen Menschen hält), findet immer wieder Positives daran, vor den Launen seines kläffenden Haustieres zu kapitulieren. Dann werden fragwürdige Studien zitiert, wonach die Gemeinschaft mit Hund den Blutdruck senkt, den Puls reguliert und vor allerlei Wohlstandsleiden schützt. Manchen taugt das Tier gar als Partnerersatz oder Platzhalter für den flügge gewordenen Nachwuchs – das letzte Kind trägt Fell.
Die notorisch nüchternen Briten haben dieser Selbsttäuschung nun Fakten entgegengesetzt. Im Fachmagazin Injury Prevention zeigen sie, dass allein im Vereinigten Königreich jährlich Kosten von mindestens 23 Millionen Pfund für Hand- und Fingerverletzungen von Hundehaltern entstehen. Chirurgen und Orthopäden um Brandon Lim haben die Verletzungen von mehr als 490 000 Patienten ausgewertet, die zwischen 2012 und 2024 in der Fachliteratur beschrieben wurden und sich während des Gassigehens zutrugen.
Überproportional oft waren Frauen und Menschen jenseits der 65 betroffen. Knochenbrüche der Finger waren mit 31 Prozent am häufigsten, gefolgt von Frakturen des Handgelenks (25 Prozent) sowie Prellungen und Verstauchungen von Fingern und Handgelenk. Die Ursache für die Verletzungen bestand zu mehr als zwei Dritteln darin, dass der Hund plötzlich an der Leine zog, was gelegentlich zu Stürzen führte, aber auch ohne Sturz häufig Schäden an Knochen oder Gelenken nach sich zog. Dass die Halter über die Leine stolperten oder sich darin verhedderten, waren weitere Gründe, die medizinische Hilfe erforderlich machten.
Die bayerische Polizei erschießt einen Fisch. Es zeichnet sich ein asymmetrischer Krieg zwischen Tieren und Menschen ab.
Hand- und Handgelenksverletzungen machen zehn bis 30 Prozent aller Fälle in Notaufnahmen aus. „Den Hund auszuführen, stellt zwar im Vergleich zu anderen Aktivitäten kein außergewöhnlich hohes Risiko für solche Verletzungen dar, aber es zeigt doch, dass eine erhebliche Anzahl der Fälle auf das Führen eines Hundes zurückgeht“, schreiben die Autoren. Die Folgekosten seien zudem weitaus höher als die veranschlagten 23 Millionen Pfund, die sich allein auf die notwendigen Operationen, Bandagen und Gipsverbände beziehen. Pflege, weitere medizinische Versorgung und mögliche Arbeitsausfälle seien dabei nicht berücksichtigt.
Um Gesundheitsschäden von Mensch und Tier zu vermeiden, empfehlen die Autoren sichere Leinen und die richtige Haltung der Schlaufe. Hundeexperten raten von Flexi-Leinen ab, da die zumeist dünnen und langen Schnüre besonders bei ruckartigen Bewegungen die Verletzungsgefahr erhöhen. Impulsive Hunde und schlecht dressierte Halter sind eine besonders riskante Kombination. Bei kräftigen Tieren oder wenn der Hund beim Joggen oder auf dem Rad der Begleiter ist, können Bauchgurte empfehlenswert sein. Am besten wäre es natürlich, wenn der Hund gut erzogen ist. Das ist leider in vielen Fällen eine utopische Hoffnung, es sei denn, der dazugehörende Mensch würde vorher an die Leine gelegt.