Holstein Kiel in Münster: Erst die Tore, dann ein neues „Familienfoto“

Stand: 31.10.2025 09:11 Uhr

Nach der Pokal-Euphorie ist vor dem Liga-Alltag: Fußball-Zweitligist Holstein Kiel will den Schwung des Coups in Wolfsburg mitnehmen und heute beim SC Preußen Münster den ersten Ligasieg seit Mitte September landen. Dafür muss die KSV ihre offensive Effizienz endlich steigern.

von Tobias Knaack

Fußball-Vereine sind – wie Unternehmen in anderen Branchen auch – in den vergangenen Jahren verstärkt dazu übergegangen, den inneren Zusammenhalt und das Band zwischen Fans und Club mit dem Begriff „Familie“ zu besetzen. Ein fast schon mantraartiges Dauernarrativ eines „Wir für euch, ihr für uns“. Eine bildliche Ausdrucksform dessen sind nach Erfolgen Fotos von Mannschaft, Trainern und Betreuern vor der Fan-Kurve: alle an Bord. Familie.

Bei Holstein Kiel geriet dieses „Familienfoto“ am Dienstagabend nach dem verdienten Weiterkommen im DFB-Pokal beim VfL Wolfsburg (1:0) etwas „weitwinkliger“. Gleich 42 Personen zierten das Bild vor dem Gästeblock in der Arena der „Wölfe“.

Warum? Die KSV war mit „voller Kapelle“ an den Mittellandkanal gereist und hat in Wolfsburg nach dem Pokalspiel eine Art Kurztrainingslager absolviert. „Es werden alle mitfahren: der ganze Staff, die verletzten Spieler und auch die Jungs, die nicht im Kader sind“, hatte Holstein-Trainer Marcel Rapp zu Wochenbeginn dazu erklärt.

Kiels Spieler bejubeln einen Treffer

Der Zweitligist bot bei den „Wölfen“ eine starke Partie und schoss den Bundesligisten verdient aus dem DFB-Pokal. Bei den Niedersachsen hingegen ist Trainer Simonis wieder unter Druck.

Kurztrainingslager als Chance, weiter zusammenzuwachsen

Das habe, so seine einfache Rechnung, „uns einfach die Reise erspart. Denn wenn man sich überlegt: Von Wolfsburg nachts zurück und dann wieder nach Münster zu fahren, wäre eine Herausforderung, die nicht so einfach ist. Das wäre für die Regeneration, die total wichtig ist, sehr schwierig.“ Deswegen sei man in Wolfsburg geblieben und fahre am Donnerstag nach dem Training weiter nach Münster. Dort steht heute (18.30 Uhr, im NDR Livecenter) das Duell mit dem Tabellennachbarn SC Preußen an.

Ein anderer Beweggrund für Rapp: Die gemeinsame Zeit in Wolfsburg kam ihm als kleine teambildende Maßnahme nicht ungelegen. Mit 14 Zu- und 15 Abgängen nach dem Bundesliga-Abstieg hat er viele Veränderungen im Kader zu managen. „Wir werden zwischen den Spielen nicht raften gehen. Trotzdem ist genug Zeit, dass wir als Gruppe noch irgendwas zusammen machen“, sagte er.

Eine Fußballtabelle vor eine Fußballmotiv

Ergebnisse, Tabellenstände und die Spieltage im Überblick.

Ergebnisse wie ein binärer Code oder: KSV braucht Tore

Nun ist das Ganze natürlich kein Familienausflug, sondern ein Business-Trip. Denn Fußball ist – allen Versuchen der Herstellung von Heimeligkeit zum Trotz – immer noch vor allem ein Geschäft, in dem es Ergebnisse braucht. Und die lasen sich aus Sicht der Schleswig-Holsteiner zuletzt schon fast wie ein binärer Code aus Nullen und Einsen: 0:1 (Elversberg) sowie dreimal 1:1 (Darmstadt, Nürnberg, Bochum) in der 2. Liga, dazu das 1:0 beim VfL im Pokal.

Um aus diesem „Code“ auszubrechen, müsste das Rapp-Team, das mit nur elf Toren in bislang zehn Liga-Spielen gemeinsam mit Eintracht Braunschweig den zweitschlechtesten Angriff der Liga stellt, verlässlicher treffen. Die Chancen dazu hat die KSV eigentlich in jeder Partie, an der Effizienz allerdings mangelt es in ebenso unschöner Regelmäßigkeit.

Münster bereits mit 19 Gegentoren

Der Coach ist, da sich sein neu zusammengestelltes Team Torgelegenheiten in Hülle und Fülle erarbeitet, optimistisch, dass sich die Abschlussschwäche im Verlaufe der Saison legt: „Da habe ich vollstes Vertrauen.“ Zumal es mit dem SCP gegen eine der schwächeren Defensiven der Liga geht. 19 Gegentore haben die Westfalen bislang schon kassiert.

Rapp kann in Münster nahezu dieselbe Mannschaft aufs Feld schicken wie in Wolfsburg. Lediglich Liga-Keeper Jonas Krumrey dürfte Pokal-Torhüter Timon Weiner zwischen den Pfosten ersetzen. Nimmt das Team den Schwung des Pokal-Coups mit, stehen die Chancen bestens, eine bislang gute Woche mit dem ersten Ligasieg seit Mitte September (3:0 gegen Karlsruhe) zu einer sehr guten zu machen. Und das böte dann ja auch eine weitere Gelegenheit für ein großformatiges „Familienfoto“.

Mögliche Aufstellungen

SC Preußen Münster: Schenk – ter Horst, Heuer, Jackel, Kirkeskov – Preißinger – Bouchama, Sertdemir – Batista Meier – Lokotsch, Batmaz
Holstein Kiel: Krumrey – Zec, Johansson, Komenda – Rosenboom, Knudsen, Schwab, Tolkin, Bernhardsson, Therkelsen – Kapralik