Tiere machen das Leben ihrer Besitzer reicher, diese aber auch ärmer. Wen wundert’s da, dass sich Tierersatz-Freizeitgestaltungen immer größerer Beliebtheit erfreuen. Hobby Sheeping soll es geben, aber womöglich sind die Menschen im Schafkostüm ein KI-Witz. Hobby Horsing gibt es, sogar großflächig. Dabei springen die Teilnehmerinnen mit plüschigen Steckenpferden über Hindernisse, laufen über einen ausgefeilten Parcours. Es geht hier um Schnelligkeit, Geschicklichkeit, ist also ein gutes Training für die „Reiterinnen“. Und hat Kuschelfaktor.
Der Vorteil beseht darin, dass sich das Sporthilfsmittel auf den Dachboden verräumen lässt, wenn sich die Interessen der Besitzerin oder des Besitzers ändern. Das ist gut, fürs Tierwohl wie für die Finanzplanung der Eltern. Der Nachteil ist, dass man keine Beziehung zu einem Lebewesen aufbaut, die einen eben bereichert durchs Leben gehen lässt.
Womit wir beim Hobby Dogging wären, einem Phänomen, das im Netz unter „neuer, bizarrer Trend“ firmiert. Auf Videos sind Menschen zu sehen, die durch Straßen oder Wälder laufen, in der Hand eine (verstärkte) Leine, daran ein Geschirr, aber kein Hund. Den denkt man sich dazu.
Ist ja auch viel praktischer, so ein Hund nur als Idee: Er ist leise, man muss keine Hinterlassenschaften ins Tütchen packen, sich nicht mit der GOT (Gebührenordnung für Tierärzte) herumschlagen und hat keine schlaflosen Nächte, weil der Liebling gerade mit eitrigen Zähnen und Fieberschüben in der Klinik liegt. Sieht so gaga aus, wie es ist. Und irgendwie traurig. Wie soll denn ein Nichttier glücklich machen?
Anders verhält es sich da mit dem, was Barbara Gerlinger gerade initiiert. Sie ist Hundetrainerin, arbeitet in der Nähe von Heilbronn, hat die Videos auch gesehen und will ihre Kunden nun tatsächlich in einer Art Trockenübung an den Hund heranführen. Videos von ihrem Probekurs, die inzwischen von Influencern geteilt, kommentiert und hunderttausendfach geklickt wurden, zeigen Menschen, die Mit-ohne-Hund auf einem Übungsplatz laufen, ihn durch Stangen führen und über Hindernisse.
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Sieht ebenfalls skurril aus, hat aber einen nachvollziehbaren didaktischen Ansatz: Die Teilnehmer sollen lernen, wann der richtige Zeitpunkt fürs Leckerli-Lob gewesen wäre, wie man sich in einer Hundeführer-Gruppe verhält, was die eigene Körperhaltung besagt. „Die Menschen sollen sich erst mal auf sich selbst konzentrieren können“, erklärt Gerlinger, also eine hundegerechte Kommunikation üben, ohne dabei ihren echten Hund zu verwirren.
Dass sie höhnische Kommentare erreichen, nimmt die Trainerin gelassen. „Wenn ich im Sinne der Tiere eine Welle vom Zaun gebrochen habe, freut mich das.“ Und ein paar Anmeldungen zu den nächsten Kursen haben sie auch schon erreicht. Ihr gehe es vor allem darum, sagt die Trainerin, dass Menschen Spaß haben, am Tier wie miteinander. Und dass „Hund und Hundeführer in Symbiose leben“. Und welcher Hundemensch möchte das nicht erreichen?
