

Die genetisch gestützten neuen Forschungsthesen über den Umfang des Fortpflanzungsapparates Adolf Hitlers haben in Großbritannien Aufmerksamkeit erregt; große Überraschung können sie kaum hervorgerufen haben. Schließlich kursierte im Vereinigten Königreich schon zu Lebzeiten des deutschen Diktators, mitten im Zweiten Weltkrieg, ein Spottlied mit der Vermutung, dass die Genitalien des Führers unvollständig seien. Das Lied wurde zur Melodie des beliebten „Colonel-Bogey-Marsches“ gesungen, der mehr als ein Jahrzehnt später in der Filmmusik zum Militärepos „Die Brücke am Kwai“ Verwendung fand und dadurch weltweite Bekanntheit erlangte. In Deutschland erlebte die Melodie viele Jahre später eine Sonderkonjunktur, da sie musikalisch den Slogan einer Magenbittermarke (Komm doch mit auf den Underberg) unterlegte.
Der im Weltkrieg gesungene Text enthielt den Ausdruck „Ball“, welcher auf Englisch nicht nur auf kreisrunde Körper gemünzt wird, sondern auch ovale Formen umfassen kann, gefolgt von der Behauptung, Hitler habe bloß über einen davon verfügt. Die weiteren Liedzeilen widmen sich dann der entsprechenden Ausstattung unter Hitlers engstem Gefolge, Hermann Göring, Heinrich Himmler und Josef Goebbels.
Wissenschaftliche Theorien, die seit Langem um die Entstehung des Liedes kreisen – von dem vielfältige Variationen kursierten –, stellen Zusammenhänge zwischen der körperlichen Deformierung und geistigen Abartigkeiten her und verweisen dabei unter anderem auf Shakespeare, der seinen Helden Richard III. gleichfalls mit körperlicher Missbildung ausgestattet habe, um auf diese Weise auch seine psychische Wesensverformung zu symbolisieren.
Blutreste vom Sofa
Nun hat ausgerechnet die wissenschaftliche Forschergruppe um die Genetikerin Turi King an der University of Bath, die vor vier Jahren schon die sterblichen Überreste des tatsächlichen Königs Richard III. identifizierte (sie lagen unter einem Innenstadt-Parkplatz im mittelenglischen Leicester vergraben), auch Hitlers genetische Besonderheiten entschlüsselt, gestützt auf Blutreste von jenem Sofa, auf dem sich der Diktator 1945 erschoss, gefunden und geborgen angeblich von einem amerikanischen Presseoffizier, der später im Stab des amerikanischen Oberkommandierenden Eisenhower die zertrümmerte Reichskanzlei in Berlin besuchte.
Da der Widerstand gegen und der Sieg über das nationalistische Deutschland bis heute zu den am häufigsten beschworenen Momenten britischen Nationalstolzes gehören („our finest hour“), hat sich begleitend auch ein gewisser Hang zur spöttischen Erinnerung an die einstigen Gegner erhalten. Vor 20 Jahren sorgte der damals 20 Jahre alte Prinz Harry, der jüngere Sohn des jetzigen Königs Charles III., für Aufruhr und Empörung, weil er als Kostüm für einen Ball unter dem Motto „Heimat oder Kolonialmacht“ eine Wehrmachtsuniform mit Hakenkreuzbinde trug. Lange Zeit später behauptete Harry in seiner Autobiographie, sein Bruder und seine Schwägerin hätten ihm damals zu dem Outfit geraten.
Aber es gibt auch aktuelle Meldungen zu derartig entgleisten Kostümfesten. Im vergangenen Mai wurden neun Personen in einem Pub in Oldham (Region Manchester) festgenommen, nachdem sie im „Duke of Edinburgh“ mit nationalsozialistischer Ausstattung eine Feier zu Hitlers Geburtstag abgehalten hatten. Die Polizei stellte sogar Sprengstoff sicher. Während der Kneipenwirt angab, er sei über den Charakter der Veranstaltung im Unklaren gewesen, teilte die Polizei mit, die Gruppe der Festgenommenen sei „ohne Zweifel tief fasziniert von Ideen, die für die Bevölkerung im Großraum Manchester zu tiefer Beunruhigung Anlass geben“.
