Beim Zweitligisten Hertha BSC entbrennt der Wahlkampf um das Amt des Klub-Präsidenten. Die Kandidaten-Liste ist breit gefächert, sie reicht vom Sneaker-Millionär, über einen Ex-Profi, bis hin zum Imbissbuden-Betreiber. Der Ton im Ringen um den Posten ist rau.
Präsidentschaftskandidat Stepan Timoshin hat scharfe Kritik an der Geschäftspolitik der vergangenen Jahre beim Zweitligisten Hertha BSC geübt. „Man hat es geschafft, die größte Geldverbrennungsanlage Deutschlands zu installieren. Das ist der Wahnsinn“, sagte der als „Sneaker-Millionär“ bekannte 23-Jährige im Gespräch mit dem TV-Sender SAT1. „Der Grund ist, dass der Verein keine funktionierenden Strukturen hat. Wer Geld ins Chaos steckt, kann dabei zugucken, wie es verbrannt wird.“
Geschehen sei dies zum Teil „mit krummen Deals und alten Seilschaften“, erklärte der Turnschuh-Unternehmer und kündigte an: „Ich werde aufräumen und diesen Saustall ausmisten.“ Sollten ihn die Hertha-Mitglieder bei der Mitgliederversammlung am 17. November zum Nachfolger des im Januar im Alter von 43 Jahren gestorbenen Kay Bernstein wählen, werde er auch einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Eine 2025 fällig werdende Anleihe von mehr als 40 Millionen Euro will Timoshin mit Hilfe von Unternehmern zurückzahlen, „die auch abseits des schnellen Geldes ein Interesse an Hertha BSC haben“.
Favorit bei der Wahl des neuen Präsidenten ist allerdings nicht Timoshin, sondern Bernsteins einstiger Stellvertreter Fabian Drescher, der den Klub aktuell als Interimspräsident anführt. Weitere Bewerber sind Ex-Hertha-Profi Wolfgang Sidka, der Imbissbetreiber Olaf Brandt und Unternehmer Uwe Dinnebier.
Der kritisierte die jüngst erfolgte Vertragsverlängerung mit Sportdirektor Benjamin Weber und Akademiedirektor „Zecke“ Neuendorf scharf. Zudem versprach Dinnebier für den Fall seiner Wahl mit neuen Investoren die wirtschaftlichen Probleme des Zweitligisten endlich zu beseitigen.
„Es gibt mehrere Punkte, die ich an der Entscheidung nicht gut finde. Punkt eins ist der Zeitpunkt: Drei Wochen vor der Wahl macht man so etwas nicht. Das hat mehr als ein Geschmäckle“, sagte Dinnebier in einem Interview dem „Tagesspiegel“ zu den kürzlich erneuerten Kontrakten der Sportlichen Leitung der Berliner.
Herthas angespannte wirtschaftliche Lage prägt Wahlkampf
„Für mich zählt Leistung. Trotzdem verlängert man mit gut bezahlten Direktoren, die im Prinzip dafür verantwortlich sind, dass Hertha abgestiegen ist, dass sehr viel Geld verbrannt worden ist und bisher keine sportliche Lösung für den Wiederaufstieg gefunden ist“, monierte der 61-Jährige, der in Berlin und Brandenburg Autohäuser und Hotels betreibt.
„Benny und Zecke haben in einer Phase die sportliche Leitung übernommen, welche enorm herausfordernd war. Dabei haben sowohl Benny als auch Zecke unter schwierigen Rahmenbedingungen extrem gute Arbeit geleistet. Aus dieser komplexen Lage haben sie mit unheimlich viel Energie und Akribie einen Kader geschaffen, mit welchem sich die Herthanerinnen und Herthaner identifizieren können“, hatte Geschäftsführer Thomas E. Herrich die Personalentscheidung Ende Oktober begründet.
Im Zentrum des Wahlkampfs um das Präsidenten-Amt bei den Berlinern steht auch die ökonomisch angespannte Lage der Hertha. Dinnebier erklärte nun, dass er sich dieser Aufgabe gewachsen fühlt. „Ich bin in konkreten Gesprächen mit zwei Interessenten, die bereit sind, einen ordentlichen Preis für die Anteile von 777 Partners zu zahlen. Diese Interessenten verfügen über ein großes Netzwerk, sie sind professionell aufgestellt, und vor allem sind sie nicht spekulativ unterwegs“, sagte er.
Auch Kandidat Brandt, dem praktisch keine Wahlchancen eingeräumt werden, hatte kürzlich mit optimistischen Aussagen aufhorchen lassen. „Ich habe mit Wirtschaftsleuten gesprochen, die haben sich für meine Ziele Aufstieg und Deutscher Meister 2030 sehr interessiert. Sie sagten: Damit können wir uns identifizieren, und wir würden investieren, wenn du Präsident wirst“, sagte er der „Bild“.
Mit ähnlich ambitionierten Zielen war Investor Lars Windhorst vor einigen Jahren trotz eines Investments von 374 Millionen Euro gescheitert. Derzeit liegt die Hertha auf dem achten Platz der 2. Bundesliga. Vor der Mitgliederversammlung steht nur noch ein Zweitligaspiel am Samstag (13.00 Uhr, im Sport-Ticker der WELT) bei Darmstadt 98 an.
pk