Hendrik Streeck: „Will man einer 100-Jährigen wirklich diese teuren Medikamente geben?“

CDU-Gesundheitsexperte Hendrik Streeck stellt teurer Behandlungen für Patienten mit geringen Heilungschancen infrage. Grund sind steigende Kosten im Gesundheitssystem. Er verweist auf persönliche Erfahrungen rund um den Tod seines Vaters.

Hendrik Streeck, CDU-Gesundheitspolitiker und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, hat die Frage aufgeworfen, ob man sehr alten Menschen noch besonders teure Medikamente verordnen sollte.

In der Talksendung „Meinungsfreiheit“ auf WELT TV sagte Streeck, es brauche in der medizinischen Selbstverwaltung „klarere und verbindliche Leitlinien, dass bestimmte Medikamente auch nicht immer ausprobiert werden sollten – es gibt einfach Phasen im Leben, wo man bestimmte Medikamente auch nicht mehr einfach so benutzen sollte.“

Streeck verwies auf fortgeschrittene Krebserkrankungen und den theoretischen Fall, dass, eine neue Studie eine Senkung der Sterblichkeit um zehn Prozent in Aussicht stellen würde. „Wenn man das aber bei einer 100-Jährigen macht, dann ist die Frage: Will man wirklich diese teuren Medikamente“, sagte Streeck.

Streeck verweist auf persönliche Erfahrungen rund um den Tod seines eigenen Vaters: „Ich habe bei meinem Vater die Erfahrung gemacht, als der gestorben ist an Lungenkrebs: Es wurde in den letzten Wochen, wo er gestorben ist, so viel Geld ausgegeben. Und es hat nichts gebracht. Es wurden die neuesten Therapien aufgefahren. Es hat nichts gebracht. Und er hat mehr dort ausgegeben als je in seinem ganzen Leben im Gesundheitswesen. Das ist einfach nur die Frage. Das gehört in die medizinische Selbstverwaltung.“

Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung wird vom sogenannten Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegt. Diesem Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen gehören Vertreter der Ärzte, Krankenkassen, Krankenhäuser und unparteiische Mitglieder an. Patientenvertreter haben ein Mitberatungs-, aber kein Stimmrecht.

Gesundheitskosten summieren sich auf mehr als eine halbe Billion Euro

Das Statistische Bundesamt ging in einer ersten Schätzung im April davon aus, dass sich die Gesundheitsausgaben 2024 auf rund 538 Milliarden Euro beliefen – ein Anstieg um 7,5 Prozent im Vergleich zu 2023. Auch in diesem Jahr wird wieder mit steigenden Gesundheitsausgaben gerechnet. Die gesetzlichen Krankenkassen beklagen eine „ungebrochene Ausgabendynamik“.

Um die Kosten in den Griff zu bekommen, steigt der durchschnittliche Zusatzbeitrag von 2,5 auf 2,9 Prozent. Durch eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze auf 5812 Euro werden zudem Gutverdiener stärker zur Kasse gebeten. Auch die Prämien in der privaten Krankenversicherung sind zuletzt massiv gestiegen.

sebe