
Kaufen oder mieten? Das ist hier die Frage. Die Antwort kommt gewiss immer auf den Einzelfall an und damit auf die jeweiligen Ausgaben für die beiden Möglichkeiten. Nach neuen Daten des Statistischen Bundesamtes sind die Preise für Wohnimmobilien zuletzt leicht gestiegen, aber liegen noch niedriger als ein Jahr zuvor.
Genaues hängt von den Angeboten der einzelnen Region ab. So sind in den sieben größten Städten Deutschlands die Kaufpreise für Wohnungen im dritten Quartal um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen und im Vergleich zum vorherigen Quartal um 0,2 Prozent. Gerade im Vergleich zu vorherigen Zeiten sind die Änderungen überschaubar.
Offen ist, ob sich die Immobilienpreise ähnlich weiterentwickeln. Der Finanzierungsvermittler Dr. Klein sieht eine leichte Tendenz nach oben für die Kaufpreise und erwartet dies auch für das kommende Jahr. „Die Immobilienpreise werden wieder steigen, allerdings in einem überschaubaren Rahmen“, sagt Florian Pfaffinger, Leiter der Münchner Niederlassung.
„Es gibt keinen Grund zur Eile“
Er rechnet mit einer Steigerung zwischen ein und drei Prozent. In Metropolregionen würden die Preissteigerungen spürbarer ausfallen als in strukturschwachen Regionen. Die Tendenz wird jedoch flächendeckend gleich sein. „Wichtig ist: Es gibt keinen Grund zur Eile“, sagt Pfaffinger. „Preissprünge werden wir 2025 nicht sehen.“
Wer ein Haus kauft, nimmt in der Regel einen größeren Kredit auf. Die Zinsen dafür sind zuletzt gefallen, was Hausfinanzierungen erleichtert. Teilweise liegen die Bauzinsen je nach Kreditkonditionen auch schon unterhalb von drei Prozent. Pfaffinger spricht davon, dass die Bauzinsen im kommenden Jahr eher zwischen 3,0 und 3,5 Prozent verbleiben. Allerdings erwähnt er eine hohe Unsicherheit, gerade für die wirtschaftliche Entwicklung im zweiten Halbjahr, und spricht von möglichen Strafzöllen in der beginnenden Amtszeit von Donald Trump als amerikanischer Präsident – mit Folgen für die Inflation.
Für das laufende Gesamtjahr kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin zu der Einschätzung, dass in mehr als 150 Städten die Baugrundstücke, Eigenheime und Eigentumswohnungen im Durchschnitt nominal fünf Prozent günstiger waren als vor einem Jahr. Grundlage dafür sind regionale Daten des Immobilienverbandes IVD. Die Mieten sind hingegen um nominal vier Prozent gestiegen.
Für einen Hauskauf kommen damit verschiedenen Einflussfaktoren zusammen. Wer sie durchrechnen will, kann dies auf FAZ.NET mit dem neuen Mieten-Kaufen-Rechner angehen und dabei die Alternativen „Mietwohnung“ und „Kapitalanlage an der Börse“ berücksichtigen. Wie Fachleute aus der Immobilienwirtschaft die Frage „Miete oder Kaufen“ beantworten, haben sie der F.A.Z. verraten.
Jan-Hendrik Goldbeck, Geschäftsführender Gesellschafter des Bielefelder Familienunternehmens Goldbeck:
„Wenn das nötige Eigenkapital vorhanden ist, scheint ‚Kaufen’ aktuell sinnvoller. Die Preise sind in den letzten 18 Monaten deutlich gesunken, und die weitere Verknappung des Wohnraums aufgrund der rückläufigen Anzahl an Baugenehmigungen werden die Preise mittelfristig wieder steigen lassen. Vor diesem Hintergrund werden auch die Mieten weiter steigen.“
Thomas Beyerle, Professor der Hochschule Biberach:
„Planbarkeit steht hier über Ökonomie! Sofern es die persönliche und oftmals auch geographische Lebensplanung hergibt, sollte ein Kauf tendenziell vor dem Mieten stehen. Dass sich diese ‚Planbarkeit’ eher in den mittleren Dreißiger Lebensjahren einstellt – hier spielt auch die Familienplanung eine zentrale Rolle – zeigt auch das Käuferverhalten der vergangenen 20 Jahre: Erstkäufer von Immobilien werden in der Summe immer älter. Weiteres Argument für den Kauf: Wohnungsmietsteigerungen in den kommenden zehn Jahren sind programmiert.
Es kommen viel zu wenige Neubauten auf den Markt; energetische Sanierungen stehen in großem Maßstab an und werden zum Teil an Mieter weitergegeben. Diese simple Analyse hat aber einen strukturellen Denkfehler: Die jüngere Generation hat mittlerweile eine deutlich höhere Affinität zu Aktien oder ETF. Der Wettbewerb um die Immobilie nimmt folglich zu. Eine vermiete Eigentumswohnung als Kapitalanlage zu nehmen und selbst zur Miete zu wohnen, ist für viele ein zunehmender Ausdruck für Immobilien als Wertstabilität, der mit dem Wunsch nach räumlicher Flexibilität einhergeht.“
Ulrich Höller, Geschäftsführender Gesellschafter der ABG Real Estate Group in Frankfurt:
„Ob Mieten oder Kaufen die bessere Wahl ist, hängt von der individuellen Situation und den Marktbedingungen ab. Aktuell stehen Käufer vor Herausforderungen wie gestiegenen Zinsen, Baukosten und einer schwachen Wirtschaft, während Mieter von Flexibilität profitieren. Dennoch bietet der Immobilienmarkt langfristige Chancen, vor allem in gefragten Lagen mit stabiler Nachfrage und Wachstumspotenzial.
Wer Kapital strategisch einsetzen kann, sollte die aktuellen Marktbereinigungen nutzen – sei es für den Erwerb von Wohnraum oder um von Mietsteigerungen an Topstandorten zu profitieren. Gleichzeitig bleibt Wohnen ein knappes Gut, und der erhebliche Angebotsmangel treibt die Preise weiter an. Hier ist auch die Politik gefragt, die Rahmenbedingungen für Investitionen in den Wohnungsbau zu verbessern und die Angebotslücke zu schließen.“
Sven Carstensen, Vorstand des Beratungsunternehmen Bulwiengesa:
„Wer sich mit dem Gedanken trägt, die eigenen vier Wände zu erwerben, und über Eigenkapital verfügt, sollte sich zügig umsehen – zumindest für Neubauten werden die Preise tendenziell weiter steigen. Bei gebrauchten Immobilien bleibt die Frage nach dem energetischen Standard entscheidend für den Kaufpreis. Wer in stärkerem Maße Fremdkapital aufnehmen muss, für den kann und muss Mieten weiterhin eine interessante Alternative sein.
Trotz wieder sinkender Zinsen sind die Finanzierungskosten relevant, zumal es keine Anzeichen gibt, dass die hohen Transaktionskosten wie die Grunderwerbssteuer sinken werden. Grundsätzlich ist hier mit steigenden Belastungen zu rechnen – das mögliche Wegfallen der Mietpreisbremse dürfte dies beschleunigen. Kurzum: Wer es sich leisten kann, sollte jetzt Qualität kaufen. Mieten wird tendenziell teurer, ist für viele aber die einzige Alternative.“
Verena Rock, Professorin an der Technischen Hochschule Aschaffenburg:
„Für das eigene Wohnen ist die Fragen ,Mieten oder Kaufen’ nicht pauschal zu beantworten, sondern vielmehr eine Entscheidung auf Basis der persönlichen Lebensumstände, Arbeitssituation, finanzieller Ausstattung, Verweildauer und Standort. Mieten kann für kurze Verweildauern in einer Immobilie in der Großstadt durchaus sinnvoll sein – besonders, wenn das nötige Kapital für den Eigentumserwerb (noch) fehlt.
Knappheit ist hier ein zu beachtendes Phänomen. Im aktuellen Marktumfeld mit tendenziell stabilen Kaufpreisen und sinkenden Zinsen ist aber in fast allen Ballungsgebieten auch Kauf, Eigennutzung und spätere Weitervermietung bei eigener, gesunder Eigenkapitalausstattung von mindestens zehn Prozent des Kaufpreises möglich. Eine Mietrendite sollte dabei über dem Fremdkapitalzins der Finanzierung liegen.“
Lars von Lackum, Vorstandsvorsitzender des Wohnkonzerns LEG Immobilien:
„Kauf oder Miete – für beides gibt es generell gute Gründe. Für den Erwerb einer Immobilie sollte der Preis stimmen und die Finanzierung muss stemmbar sein. Dann kann der Kauf einen wichtigen Baustein im Rahmen der Altersvorsorge und der Vermögensbildung darstellen. Allerdings fehlt vielen Menschen das notwendige Eigenkapital. Mieter profitieren von flexiblen Wohnmöglichkeiten: Sie sind nicht langfristig an eine Wohnung und einen Standort gebunden – wichtig, wenn sie beruflich oft umziehen oder sich Lebensumstände absehbar ändern.
Zudem erhalten sie, insbesondere bei großen Wohnungsunternehmen, ein umfassendes Serviceangebot durch ihren Vermieter, das neben persönlichen Ansprechpartnern auch Instandhaltung und Reparaturen umfasst. Mieter müssen sich im Gegensatz zum Eigentümer um diese Aspekte nicht selbst kümmern. Ich kann daher keine allgemeine Empfehlung abgeben – das hängt sehr vom individuellen Fall ab.“
Laura Schick, Maklerin in Berlin:
„Im Moment besteht ein durchaus günstiges Zeitfenster, Immobilien zur Selbstnutzung oder zur Anlage zu erwerben. Die Kaufpreise im Jahr 2023 sind je nach Region, Lage und Ausstattung teilweise stark gesunken. Im Jahr 2024 haben sich die Preise stabilisiert, während die Zinsen wieder nachgegeben haben. Da Käufer auch zum heutigen Zeitpunkt noch nicht wieder „Schlange stehen“, lassen Verkäufer möglicherweise gut mit sich verhandeln.
Mietpreise kennen vor allem in nachgefragten Großstadtregionen seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Auch dieser Faktor spricht langfristig für den Kauf einer Immobilie. Ist noch Mobilität gefragt und nicht ausreichend Eigenkapital zum Kauf vorhanden, ist Mieten völlig legitim. Im späteren Verlauf ist Wohneigentum zur Selbstnutzung dem Wohnen zur Miete vorzuziehen.“
Dirk Salewski, Geschäftsführender Gesellschafter des nordrhein-westfälischen Bauträgers Beta Eigenheim:
„Mieten ist besonders geeignet für Leute, die, was den Wohnort angeht, flexibel sein müssen, zum Beispiel Studenten. Für alle anderen spricht nichts dagegen, Eigentum zu erwerben – im Gegenteil. Auf lange Sicht zeigen sich Zuwächse – für die Vermögensbildung erfreulich und auch als Altersvorsorge nur von Vorteil. Auch im internationalen Vergleich zeigt sich für Deutschland noch viel Nachholbedarf beim Thema Eigentum. Die bezahlte Wohnung ist am Ende immer die bezahlbarste Wohnung.“