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Liebe Leserin, lieber Leser,
bislang sind wir ziemlich konservative Knochen, was unsere Kinder, Smartphones und Spiele angeht. Es reicht, wenn Mami und Papi das Ding immerzu in den Fingern haben, rein berufsbedingt natürlich. Jegliches Jammern, dass doch der Luca schon eines habe und die Emily auch und man ohne Zugang zur WhatsApp-Gruppe das Klassenziel nicht mehr erreichen könne in der heutigen Zeit, haben wir so lange gekonnt überhört, bis die Kinder resigniert haben. Wenn Sie ähnliche Kämpfe kennen, empfehle ich Ihnen dieses Interview zum richtigen Umgang mit den Minicomputern (SZ Plus).
Na gut: Fußballergebnisse dürfen meine Kinder manchmal auf meinem Gerät nachgucken. Also so manchmal, wie der Ball eben rollt – Dienstag/Mittwoch Champions-League, Freitagsamstagsonntag Erstezweitedritte Liga, dann sind da noch Länderspiele. Und, ach ja – dooferweise steht ein Verwandter von uns noch in der zweiten niederländischen Divisie im Tor, die muss deshalb natürlich auch engmaschig verfolgt werden. Aber sonst? Herrscht bei uns im Kinderzimmer Digital Detox, aber radikal!
Nun hat mich ausgerechnet Kollege Daniel Wüllner arg ins Grübeln gebracht. Daniel ist in der Redaktion ein wenig als Spiele-Nerd bekannt. Wenn er in der Mittagspause vor mir an der Kasse steht, wäre ich kein bisschen verwundert, wenn er statt der Kantinenkarte welche von Siedler von Catan zücken würde, um das Essen gegen drei Erz und zwei Heu zu tauschen.
Daniel hat sich Brett- und Familienspiele angesehen, bei denen ein Smartphone zum Einsatz kommt (SZ Plus). Und seltsamerweise ist der Mann, den ich für einen der schärfsten Verfechter von analogen Erlebnissen unter der Wohnzimmerlampe gehalten habe, diesen Neuerungen gegenüber ziemlich aufgeschlossen: „Die Kombination aus der Hektik beim Platzieren und der diebischen Schadenfreude beim großen Geballer sorgen dafür, dass man nach dem Finale sofort für eine Revanche bereit ist“, schreibt er etwa über das Spiel Light Speed Arena, das Weltraumschlachten an den Küchentisch zu bringen vermag.
Ob wir uns nun ins digitale Spiele-Universum ballern, da bin ich noch unentschlossen, doch der dann bei Daniel folgende Satz hat mich auf eine Idee gebracht: „Ohne App würde das Zusammenzählen der Punkte länger als das ganze Spiel dauern.“ Zumindest in diesem Bereich könnte das Smartphone bei uns schon mal am Spieltisch getestet werden: Weil mein Jüngster beim Kniffeln grundsätzlich mindestens einen Kniffel würfelt, darauf besteht, das ganze dann selbst aufzuschreiben und dabei ziemlich schmiert, ist die Rechnerei bislang unendlich lästig. Die wird nun sofort digitalisiert – dann bleibt auch mehr Zeit, um Fußballergebnisse nachzugucken.
Ein schönes Wochenende wünscht
Moritz Baumstieger
