Handel will mehr Tierwohl, aber Schweinehaltern fehlt Planungssicherheit für Umbau

Die deutschen Schweinehalter könnten unter den gegenwärtigen deutschen Rahmenbedingungen im europäischen Wettbewerb nicht bestehen, warnt die Branche.

Unmut und Enttäuschung darüber, dass es mit versprochenen Reformen für die Tierhaltung nicht vorangeht, wurde auch auf einem Verbändegespräch mit Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) in Berlin laut. Vertreter der Agrarwirtschaft, des Handels sowie des Tier- und Naturschutzes beklagten fehlende Planungssicherheit.

Die Zahl der Schweinehalter ist nach Daten von Mai 2025 in den vergangenen zehn Jahren um 41 Prozent gesunken. Besonders starke Rückgänge werden bei der Sauenhaltung verzeichnet: um mehr als 50 Prozent. Nach einer Umfrage der „Interessengemeinschaft Schweinehalter Deutschlands“ von Juni wird sich dieser Trend weiter fortsetzen. Etwa 30 Prozent der Betriebe würden die Sauenhaltung in den nächsten zehn Jahren aufgeben.

Ende des „Billigfleisches“?

Eine weitere Schwächung der Branche drohe mit Streichung des Bundesförderprogramms zum Umbau der Tierhaltung, kritisierte Beringmeier. Schweinehalter hätten nicht deshalb wenig Geld abgerufen, weil sie nicht investieren wollten, sondern wegen bürokratischer Hürden. Mit der Umstellung auf Länderprogramme sei ein Flickenteppich zu erwarten. Das habe mit Planungssicherheit wenig zu tun. Auch das Gesetz zur Tierhaltungskennzeichnung müsse grundlegend geändert werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist noch in Arbeit.

Ungeachtet dieser Stolpersteine geht der Lebensmittelhandel beim Thema Tierwohl voran. Aldi Süd kündigte kürzlich an, vom kommenden Jahr an kein Eigenmarken-Frischfleisch aus der niedrigsten Haltungsform eins mehr anzubieten – als „Ende des Billigfleisches“ wurde das vielfach bezeichnet. Auch andere Handelsketten wie etwa Rewe, Penny oder Lidl haben ambitionierte Ziele. Bis spätestens 2030 wollen sie das Frischfleischangebot ihrer Eigenmarken auf die höheren Haltungsformen drei und vier umstellen, sofern ausreichend Ware verfügbar ist.

Laut Daten von 2024 bewegt sich der Markt langsam hin zu Fleisch aus höheren Haltungsformen. 83 Prozent des Fleisches stammen jedoch noch aus den niedrigsten beiden Stufen, wobei der Anteil aus Stufe eins auf 11,5 Prozent gesunken ist. Der Anteil des Frischfleisches in Stufe drei hat sich fast auf 10,2 Prozent verdoppelt. Die Nachfrage ist aber auch eine Preisfrage. Je höher die Stufe, desto aufwendiger ist die Tierhaltung und desto teurer das Fleisch. Besonders Rindfleisch hatte sich zuletzt stark verteuert; viele Verbraucher reagieren darauf sensibel.

Haltungsform in fünf Stufen

Die Haltungsform ist ein freiwilliges Kennzeichnungssystem für Fleisch und verarbeitete Produkte von Schwein, Rind und Geflügel. Es wurde im Jahr 2019 von der Initiative Tierwohl und dem Handel eingeführt und ordnet Fleischprodukte in fünf Stufen ein. Die Umstellung von vier auf fünf Stufen erfolgte im Zuge der Planungen des staatlichen Kennzeichens, um ein einheitliches System für Verbraucher zu schaffen. Die niedrigste Stufe eins („Stallhaltung“) steht bei Schweinen für die gesetzlichen Mindestanforderungen. Stufe zwei („Stallhaltung Plus“) bietet den Tieren etwas mehr Platz und Beschäftigungsmaterial, geht ansonsten aber kaum über Stufe eins hinaus.

Kritiker sprechen diesbezüglich von einem „Etikett mit wenig Mehrwert“. Erst von Stufe drei („Frischluftstall“) an haben die Tiere deutlich mehr Platz und Zugang zu Frischluft, etwa durch Offenfrontställe oder Ausläufe. Stufe vier („Auslauf/Weide“) ermöglicht einen Auslauf ins Freie, während Stufe fünf („Bio“) zusätzlich die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung erfüllt, etwa Biofutter oder noch mehr Platz.

Im Handel finden Verbraucher derzeit eine Flut an Siegeln. Das dürfte vorerst so bleiben. Denn beim geplanten staatlichen Tierhaltungskennzeichen stockt es noch. Ursprünglich sollte das Label von 2024 an verpflichtend für frisches Schweinefleisch gelten, wurde aber mehrfach verschoben, zuletzt auf März 2026. Bis dahin bleibt es bei freiwilligen Siegeln.