Mit unzufriedenen Ersatzspielern beginnen beim Fußball meist Geschichten von internen Querelen. Beim Volleyball hingegen fängt mit dem ersten Spieler auf der Bank, der auf Einsatzzeiten lauert, im Grunde erst die Konkurrenzfähigkeit an. Weil jeder Spielzug damit endet, dass der Ball den Boden berührt, genügt ein einziger Spieler mit mauer Tagesform als Schwachpunkt. Dass Spiele von einer starken Bank gewonnen werden, ist also keine Floskel. Einen Beleg dafür lieferten die Erstliga-Volleyballer des TSV Haching München am Sonntag, als sie den hoch favorisierten VfB Friedrichshafen im Viertelfinale völlig verdient aus dem DVV-Pokal warfen. Der erfolgreichste Angreifer des Abends war der 23-jährige Alginon Maurice Lewis-Fregeau und kam: von der Bank.
Zwar wollte Geschäftsführer Mihai Paduretu den Einzug ins Halbfinale als Erfolg des gesamten Teams gewürdigt wissen, „den wir nach langer Zeit mit vielen kleinen Schritten gebraucht haben“. Doch auch er räumte neben einem Sonderlob für Lewis-Fregeau ein, „dass wir diese Wechselmöglichkeiten in der Vergangenheit nicht hatten“. Gemeint war die jüngere Vergangenheit, seit Unterhaching nach der Auflösung des Fusionsprojekts mit Innsbruck wieder solo als Erstligist unterwegs ist. Als deutsch-österreichische Kooperation hatte Haching ein Profi-Ensemble mit Meisterschaftsambitionen unterhalten, das auf allen Positionen doppelt besetzt gewesen war. In seiner Generali-Ära zuvor, während der Haching viermal Pokalsieger wurde, hatte es am Ende ähnlich ausgesehen, aber viel Aufbauarbeit gekostet. Im fünften Jahr nach dem Neuanfang ließen die Oberbayern am Sonntag nun eine Erinnerung an die sportlich erfolgreichen Zeiten aufblitzen und empfangen am 11. Dezember Titelverteidiger Berlin.
Die für ihn ungewohnte Position will er langfristig in sein Repertoire aufnehmen
Das aktuelle Team wirkt nicht nur harmonischer als in den Vorjahren, es ist in der Breite auch individuell stärker aufgestellt. Einer der fünf internationalen Zugänge ist Außenangreifer Lewis-Fregeau, der sich auf seiner ersten Auslandsstation nach dem College zunächst ziemlich häufig neben dem Spielfeld wiederfand und gegen den VfB auf der Diagonal-Position eingewechselt wurde. „Es ist manchmal schwer, zu verstehen, was einem solche Phasen bringen, während man draußen sitzt – weil man als Sportler immer spielen will“, sagt er. Er glaube aber, dass es ihm geholfen habe, „einen Schritt zurückzugehen, um mich mit ein bisschen Abstand noch mal den Grundlagen meines Spiels zu widmen“. In den drei Monaten seit seinem Umzug sei er „spielerisch gewachsen“, weil er die Gelegenheit bekommen habe, sich auf Feinheiten zu konzentrieren, „statt dafür verantwortlich zu sein, Spiele zu gewinnen“.
Die für ihn ungewohnte Position, auf der ihm gegen den VfB 18 Punkte und damit die mit Abstand meisten auf Hachinger Seite gelangen, will er langfristig in sein Repertoire aufnehmen, um „dort helfen zu können, wo ich am meisten gebraucht werde“. Auf das schnelle Wiedersehen mit Friedrichshafen in der Liga am kommenden Samstag blickt er ausschließlich mit Vorfreude. „Diese Klubs haben genau die Kategorie Spieler, mit denen ich mich auf dem Feld messen will“, sagt er und schickt gleich noch eine Kampfansage an den Bodensee hinterher: „Ich hoffe, sie sind gut vorbereitet – denn wir werden es sein.“