
Die schwarz-rote Bundesregierung hat sich auf letzte zentrale Details zur Reform des Bürgergelds verständigt und damit den Weg für einen Kabinettsbeschluss freigemacht. Das Vorhaben soll an diesem Mittwoch im Kabinett beschlossen werden, wie es aus Regierungskreisen hieß. Mit der Reform soll das Bürgergeld künftig nur noch Grundsicherung heißen. Das Inkrafttreten der Reform ist nach Regierungsangaben im Laufe des kommenden Jahres vorgesehen, die praktische Umsetzung soll zur Jahresmitte 2026 beginnen.
Kern der Reform sind härtere und schneller greifende Sanktionen. Künftig kann die monatliche Leistung bei Pflichtverletzungen wie der Ablehnung einer zumutbaren Arbeit unmittelbar um 30 Prozent für drei Monate gekürzt werden – das entspricht derzeit rund 150 Euro weniger pro Monat. Wer wiederholt Termine im Jobcenter versäumt, muss ebenfalls mit solchen Kürzungen rechnen. Bei drei Meldeaufforderungen ohne Reaktion soll der Leistungsanspruch sogar vollständig entzogen werden können. In bestimmten Fällen kann zudem die Übernahme der Wohnkosten wegfallen.
Zugleich soll die bislang geltende einjährige Karenzzeit abgeschafft werden, in der höhere Vermögen und Wohnkosten weitgehend geschützt waren. Die direkte Aufnahme einer Arbeit soll Vorrang vor Weiterbildungen haben. Geplant sind außerdem eine stärkere Haftung von Arbeitgebern bei Schwarzarbeit sowie verschärfte Regeln gegen Mietwucher.
Teile der SPD erwägen ein Mitgliederbegehren gegen die Reform
Umstritten war zuletzt die Frage, unter welchen Bedingungen ein kompletter Leistungsentzug zulässig sein soll. In der Union gab es Befürchtungen, dass solche Sanktionen unterlaufen würden, wenn Betroffene zuvor zwingend persönlich angehört werden müssen. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) und Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatten deshalb ein Veto eingelegt. Nun einigte sich die Regierung auf präzisierte Formulierungen für Menschen, die als nicht erreichbar gelten und dann ihren Anspruch verlieren können. Betroffenen soll jedoch grundsätzlich Gelegenheit zur Anhörung gegeben werden.
Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hatte betont, dass besonders schutzbedürftige Gruppen wie psychisch Kranke nicht von harten Sanktionen getroffen werden dürften. Die Anhörung sei wichtig, damit „wir nicht die Falschen treffen bei Sanktionen“, sagte sie. Innerhalb der SPD gibt es dennoch Kritik an der Reform. Teile der Parteibasis erwägen ein Mitgliederbegehren.
Mit der geplanten Neuregelung sollen Teile der Anfang 2023 eingeführten Bürgergeldreform wieder zurückgenommen und Rechte sowie Pflichten verbindlicher gefasst werden. Das Leitmotiv der neuen Grundsicherung lautet: Wer Hilfe braucht, soll sich auf Unterstützung verlassen können – wer arbeiten kann, muss daran mitwirken, wieder für sich selbst zu sorgen. Wesentliche Einsparungen erwartet die Bundesregierung nach eigenen Angaben durch die Reform nicht.
