Grüner Stahl: ArcelorMittal steigt in letzter Minute aus grünem Stahlprojekt aus

Der Stahlkonzern ArcelorMittal will nicht wie geplant auf klimaneutrale Produktion in seinen Werken in Bremen und Eisenhüttenstadt umstellen. Das teilte das Unternehmen in einer Erklärung mit. Das Unternehmen begründete seinen Ausstieg aus dem Klimaprojekt mit der Marktsituation. Zudem stellte ArcelorMittal in Zweifel, dass sich eine CO2-reduzierte Stahlproduktion rechne. Dabei verwies das Unternehmen auf Risiken durch mögliche Preisschwankungen und Lieferengpässe beim für die Produktion nötigen grünen Wasserstoff.

Die Stahlindustrie trägt in Deutschland mit am meisten zum Ausstoß von CO2 bei. Deshalb spielt sie eine Schlüsselrolle, um Klimaziele zu erreichen. Das Bundeswirtschaftsministerium bedauerte die Entscheidung von ArcelorMittal und wies darauf hin, dass für die geplante Umstellung noch keine staatliche Förderung ausgezahlt wurde. „Es handelt sich dabei um eine privatwirtschaftliche Entscheidung des Unternehmens“, teilte das Ministerium auf Anfrage mit. Es verwies darauf, dass es noch drei vergleichbare Vorhaben in der Stahlherstellung gebe, bei denen die Umsetzung bereits laufe. Die Stahlprojekte der Firmen Salzgitter Flachstahl, Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) und SHS (Stahl-Holding-Saar) hätten Förderbescheide über zusammen rund 5,6 Milliarden Euro erhalten.

Bremer Senat spricht von „Absage der Dekarbonisierung der Hütten“

ArcelorMittal sollte für die Umstellung auf klimaneutrale Stahlproduktion eine Gesamtförderung von knapp 1,3 Milliarden Euro bekommen. Dies hatten vor rund einem Jahr das Wirtschaftsministerium der Ampel-Regierung unter Robert Habeck (Grüne) und das Land Bremen zugesagt. Dabei sollte Bremen 250 Millionen Euro beisteuern. Der Bremer Senat reagierte enttäuscht und verärgert auf die Entscheidung von ArcelorMittal und sprach von einer „Absage der Dekarbonisierung der Hütten“.

Ursprünglich wollte ArcelorMittal bis 2030 einen Hochofen in Bremen und einen in Eisenhüttenstadt ersetzen. In Bremen sollten eine Direktreduktionsanlage und ein Elektrolichtbogenofen aufgebaut werden. Die neuen Anlagen sollten perspektivisch sogenannten grünen Wasserstoff nutzen.

ArcelorMittal sieht Risiken bei Beschaffung von grünem Wasserstoff

Der Fördervertrag verlangte einen Baubeginn bis Juni 2025. Deshalb musste ArcelorMittal seine Entscheidung gegen das Klimaprojekt jetzt mitteilen. „Die Rahmenbedingungen ermöglichen aus unserer Sicht kein belastbares und überlebensfähiges Geschäftsmodell“, sagte Reiner Blaschek, Chef der europäischen Flachstahlsparte von ArcelorMittal. „Die Förderung ist an strenge Vorgaben für den raschen Einsatz von grünem Wasserstoff geknüpft. Verfügbarkeit und Preise von grünem Wasserstoff sind jedoch mit großen Unwägbarkeiten verbunden. Daraus ergeben sich erhebliche Risiken.“

Das Unternehmen hatte bereits zuvor wiederholt den Standpunkt vertreten, die Stahlbranche könne nur dann auf klimafreundlichere Herstellung umsteigen, wenn es ausreichend Wasserstoff gibt und die Strompreise nicht zu hoch sind. Wasserstoff ist aus Sicht der Energiebranche aber derzeit noch nicht ausreichend vorhanden und viel zu teuer. Zudem klagen Unternehmen in Deutschland seit Langem über im internationalen Vergleich hohe Strompreise.

Der frühere Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte darauf hingewiesen, dass Klimaprojekte aus der Stahlindustrie einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Wasserstoffwirtschaft hochzufahren, weil sie wichtige Abnehmer hervorbringen. Habeck hatte den Umbau der Stahlindustrie mit milliardenschweren Fördergeldern vorangetrieben.