
Die spanische Regierung macht den Netzbetreiber Red Eléctrica de España (REE) und die großen Stromerzeuger wie Iberdrola, Endesa, Naturgy und EDP für den stundenlangen Stromausfall am 28. April in Spanien und Portugal verantwortlich. Laut einem Untersuchungsbericht, den die Regierung am Dienstag vorlegte, gab es mehrere Ursachen – nur ein Cyberangriff lässt sich demnach ausschließen. Die zuständige Umweltministerin Sara Aagesen sprach von einem „Überspannungsphänomen“ mit „multifaktoriellen“ Ursprüngen.
Die Ministerin bemängelte besonders die schlechte Planung des Netzbetreibers REE, an dem der spanische Staat beteiligt ist. Zugleich kritisierte sie das Verhalten der Erzeuger. Diese hätten in einigen Fällen ihre Kraftwerke „unangemessen“ vom Netz getrennt. Obwohl an dem sonnigen und windigen Montag genug Energieressourcen zur Verfügung standen, um zu reagieren, war es um 12.33 Uhr zu einem Kaskadeneffekt gekommen, der die Netze auf der kompletten Iberischen Halbinsel zusammenbrechen ließ. Erst nach mehr als acht Stunden wurde die Versorgung schrittweise wiederhergestellt.
„Es gab nicht genügend Kapazität zur Spannungsregelung“, sagte die Ministerin. Sie wies darauf hin, dass schon um 12.03 Uhr die erste atypische und relativ starke Schwingung im System zu beobachten war. Sie habe ihren Ursprung auf der Iberischen Halbinsel gehabt, sei aber auch in Frankreich und Deutschland zu spüren gewesen. Wenige Minuten später folgten demnach zwei ähnliche Schwingungen.
Ein entscheidendes Kraftwerk fiel aus
Laut Sara Aagesen waren für den 28. April die Verfügbarkeit von insgesamt zehn konventionellen Kraftwerken (Gas-, Kohle- oder Kernkraft) eingeplant, um mit Spannungsspitzen fertig zu werden. Eines davon war jedoch nicht betriebsbereit und wurde auch nicht ersetzt, was sich als eine folgenreiche Fehleinschätzung erwies. Die anderen neun Kraftwerke konnten dann offenbar die Spannungsspitzen nicht bewältigen. Sie arbeiteten laut dem Bericht in unterschiedlichem Maß nicht wie vorgesehen. Ein Kraftwerk im Süden habe eineinhalb Stunden gebraucht, um seinen Betrieb aufzunehmen.
Der Hersteller Iberdrola wies in einer ersten Reaktion die Vorwürfe gegen die Energieerzeuger zurück und nennt als Hauptgrund das schlechte Management des Netzes. Wegen möglicher hoher Schadensersatzforderungen hat keiner der Beteiligten ein Interesse daran, beschuldigt zu werden. Zunächst war vermutet worden, dass der hohe Anteil an Strom aus erneuerbaren Quellen zu dem Blackout beigetragen haben könnte; er kam zu diesem Zeitpunkt zum größten Teil aus Photovoltaikanlagen. „Die Schuld an dem Stromausfall trugen die Gaskraftwerke“, schrieb am Dienstag die spanische Fachzeitschrift „Energías Renovables“. Auf EU-Ebene untersucht nur der der Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) den Vorfall. Er hat dafür bis Oktober Zeit.