
61 Prozent aller Autobahnbrücken in NRW müssen in den nächsten 20 Jahren dringend modernisiert werden. Zudem weisen knapp 20 Prozent des Autobahnnetzes in NRW eine kritische Substanz auf, heißt es in einem Papier der Autobahn GmbH des Bundes, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
„Eine unzureichende Finanzierung und die daraus resultierende Verschiebung von Streckenerhaltungsmaßnahmen werden daher ebenfalls unweigerlich zu Einschränkungen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen und Fahrstreifensperrungen führen“, heißt es in dem Papier. Die Lkw-Stellplatzsituation entlang der Autobahnen könne ebenfalls nicht verbessert werden.
Zudem schreiben die Autoren: „Sollen die Investitionen beschleunigt werden, sind auch die Planungsmittel zwingend zu erhöhen. Gründliches Planen und schnelles Bauen sind erfolgskritisch, um Deutschland aus dem Sanierungstau zu führen.“ Laut gemeinsamen Berechnungen des Bundesverkehrsministeriums und der Autobahn GmbH besteht bundesweit jährlich ein Mittelbedarf von rund zwölf Milliarden Euro.
Forderungen an neue Bundesregierung
In den laufenden Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene von Union und SPD spielt auch eine Rolle, wie die Autobahn GmbH finanziell gestärkt werden kann. NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer sagt zu dem Papier auf dpa-Anfrage: „Es bestätigt sich, dass wie bei der Bahn auch der Zustand der Autobahnen und dort insbesondere der Brücken besorgniserregend ist. Hunderte Brücken müssen bei Autobahnen, Straßen und Bahnstrecken in den nächsten Jahren neu gebaut werden.“
Er sieht bei der Umsetzung des milliardenschweren Sondervermögens vordringliche Aufgaben. „Die oberste Priorität müssen die Straßen- und Brückensanierung sowie Erhalt und Ausbau der Schienenwege haben, weil wir dort die größten Herausforderungen haben“, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Es ist jetzt an der Zeit, den seit Jahrzehnten andauernden Verfall der Infrastruktur und damit des Anlagevermögens des Staates zu stoppen und ins Gegenteil zu verkehren.“ Am kommenden Mittwoch und Donnerstag findet in Nürnberg eine Verkehrsministerkonferenz der Länder statt.
Bundestag und Bundesrat haben ein kreditfinanziertes Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro und einer Laufzeit von zwölf Jahren beschlossen. Vorgesehen sind zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045. Aus dem Topf sollen die Länder 100 Milliarden Euro bekommen. 100 Milliarden Euro sollen fest in den Klimaschutz und in den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen. Wofür aber genau das Geld ausgegeben werden soll, ist bisher offen. Dazu braucht es noch gesetzliche Regelungen.
Jahrzehntelang habe allein der Neubau im Fokus gestanden, es sei zu wenig in die Erhaltung des Netzes investiert worden. Das räche sich jetzt und es müssten Milliardenbeträge investiert werden. „Das Sondervermögen als Grundstock muss für die überfälligen Erhaltungsinvestitionen in unserer Verkehrsinfrastruktur verwendet werden“, betont der Grünen-Politiker. „Dauerhaft brauchen wir einen Verkehrsinfrastrukturfonds für alle Verkehrsträger, der die Erhaltung aus den Einnahmen aus dem Verkehr finanziert.“
„Das beschlossene Sondervermögen Infrastruktur kann nur dann seine Wirkung entfalten, wenn das Geld schnell und direkt dort ankommt, wo es am dringendsten benötigt wird“, sagte Krischer weiter. „Wir brauchen eine Verteilung nach Bedarf und nicht nach Proporz.“
Infrastrukturfonds
Der NRW-Minister erneuerte die Forderung nach einem Verkehrsinfrastrukturfonds vor, aus dem baureife Erhaltungs- und Ausbauprojekte über alle Verkehrsträger hinweg schnell bedient werden könnten. „Damit wird das ewige Stop-and-Go wegen unklarer Finanzierungsbedingungen beendet.“ Dank einer sicheren überjährigen Finanzierung könnten Autobahn, Deutsche Bahn und die Straßen- und Bahnbetriebe der Länder Planungssicherheit erhalten und Unternehmen Baukapazitäten aufbauen. „Was nicht hilft, sind komplizierte projektbasierte Antragsverfahren, die Jahre zwischen Behörden ohne Ergebnis hin und her geschoben werden. Das haben wir heute schon.“
In einem NRW-Beschlussvorschlag zur Verkehrsministerkonferenz heißt es, ein Verkehrsinfrastrukturfonds solle verkehrsträgerübergreifend mit separaten Kapiteln für die Verkehrsträger Schiene, Straße und Wasserstraße konzipiert und im Bereich Straßenverkehrs vorrangig für Erhaltung, Sanierung und Modernisierung eingesetzt werden. Die Finanzierungsbedarfe im Bereich der Verkehrsinfrastruktur seien besonders groß. Die Verkehrsministerkonferenz gehe deshalb davon aus, dass ein erheblicher Anteil des Sondervermögens für die Verkehrsinfrastruktur bereitgestellt werde.