Grippe: Influenza-Welle beginnt früher – Mediziner fordern Impfung für Babys ab sechs Monaten

Schnupfen, Gliederschmerzen und Husten: Die Influenza-Saison beginnt früher als üblich. Intensivmediziner fordern nun sogar eine Ausweitung der Impfempfehlung. WELT beantwortet die wichtigsten Fragen zur Grippewelle.

Die EU-Gesundheitsbehörde hat vor einigen Tagen prognostiziert, dass die Grippe-Saison in diesem Jahr besonders früh anfangen wird. Ursachen, Symptome und Impfung: Was zum Thema Grippe jetzt wichtig ist.

Ende November teilte die EU-Gesundheitsbehörde ECDC (Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten) bereits mit, dass die Grippe-Saison besonders früh beginne. Im Europäischen Wirtschaftsraum – EU mit Liechtenstein, Island und Norwegen – gebe es einen etwa drei bis vier Wochen früheren Anstieg von Influenzafällen als in den beiden vergangenen Grippe-Saisons. Aus der Risikobewertung ging hervor, dass eine neu aufgetauchte Influenza-Variante A(H3N2) der Subklade K die derzeitige Virusverbreitung vorantreibt.

Während die Auswirkungen der bevorstehenden Grippe-Saison auf das Gesundheitswesen noch unsicher seien, bereite sich die EU-Behörde auf eine schwerere Grippewelle in Europa als in den vergangenen Jahren vor, hieß es.

Wie kann man sich schützen?

Die Ständige Impfkommission (Stiko) rät unter anderem Menschen ab 60 Jahren, chronisch Kranken, Schwangeren, Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen sowie medizinischem Personal zur Grippe-Impfung.

Seit 2022 dürfen auch alle Apotheken in Deutschland gegen Grippe und gegen Corona impfen, viele bieten dies auch an. Nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hat die Zahl der durchgeführten Grippe-Impfungen in Apotheken deutlich zugenommen.

So wurden dort im vergangenen Jahr rund 92.000 Impfungen gegen Influenza gegeben. In diesem Jahr waren es von Januar bis November hingegen bereits rund 149.500. Die Bundesvereinigung ABDA geht zudem davon aus, dass dieser positive Impftrend in den Apotheken weiter zunehmen werde. „Wir erreichen gerade bei diesen Infektionen wie Grippe und Corona in den Apotheken viele Menschen, die sonst gar keine Zeit hätten, zum Arzt zu gehen“, erklärte ABDA-Präsident Thomas Preis.

Es sei noch nicht zu spät, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Die volle Wirkung der Impfung trete nach zwei Wochen ein, „aber man hat auch schon einen Sofortschutz und der hält dann so lange an.“ Die Impfung schütze vor schweren Verläufen. „Aber insbesondere auch die Mitmenschen, die nicht so eine gute Abwehrlage haben, sind indirekt auch besser geschützt.“

Mediziner fordern neue Impfempfehlung

Wie die „SZ“ berichtet, fordert Florian Hoffmann, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), die Stiko auf, die Influenza-Impfung künftig allen Menschen ab sechs Monaten zu empfehlen. Für Donnerstagnachmittag ist auf dem Divi-Jahreskongress eine Pressekonferenz geplant.

Laut „SZ“ zeigen Divi-Daten, dass in der vergangenen Saison viele Kinder schwer an Influenza erkrankten – darunter viele ohne Vorerkrankungen. Insgesamt seien von Januar bis Mai etwa 135 000 Menschen wegen der Grippe im Krankenhaus behandelt worden, darunter knapp 30 000 Minderjährige. 500 Kinder und Jugendliche mussten laut Divi beatmet werden, 82 seien gestorben.

Die Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), Nicole Töpfner, betonte, die meisten gesunden Kinder und Jugendlichen überstünden eine Grippe gut. Eine allgemeine Impfempfehlung für alle halte die DGPI deshalb für nicht zwingend. Vorrangig sei der Schutz von Risikogruppen und deren Kontaktpersonen.

Die Stiko reagierte dem Bericht zufolge ebenfalls zurückhaltend. Berit Lange, Vorsitzende der AG Influenza, erklärte, eine Abweichung vom üblichen Verfahren zur Anpassung von Empfehlungen sei derzeit nicht vorgesehen. Das Thema habe jedoch in der Stiko hohe Priorität, und man arbeite „so schnell wie möglich“ an der Bewertung der verfügbaren Daten.

Was sind typische Grippesymptome?

Eine Grippe beginnt nach Auskunft des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) bei manchen etwa plötzlich mit Fieber oder einem deutlichen Krankheitsgefühl. Auch trockener Reizhusten und ungewöhnlich starke Erschöpfung seien charakteristisch. Zusätzlich sind Schweißausbrüche und Halsschmerzen möglich. Eine Grippe kann aber auch weniger typisch und ohne Fieber verlaufen.

Dabei kann eine Grippe unterschiedlich schwer sein. Laut BIÖG ist etwa die Lungenentzündung eine gefürchtete Komplikation der Grippe, die häufig im Krankenhaus behandelt werden muss und mitunter lebensbedrohlich verlaufen kann.

Viele Viruserkrankungen können Probleme wie Herzmuskelentzündungen, Erschöpfungszustände, Depressionen oder Nervenschäden verursachen. Nach einer Grippe können unter anderem lang anhaltende gesundheitliche Probleme ähnlich denen bei Long Covid auftreten.

Wie verhalte ich mich, wenn ich krank bin?

Wer eine Grippe hat, sollte nach Möglichkeit bis zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden zu Hause bleiben, empfiehlt das BIÖG. Direkter Kontakt zu anderen Menschen sollte, wenn möglich, vermieden werden – vor allem zu Menschen, die ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben. Dazu zählen etwa Säuglinge, Ältere, Menschen mit Vorerkrankung oder Immunschwäche sowie Schwangere.

dpa/ly/rc