
Endlich hatte man den Eindruck, die Fürther würden nun ihr wahres Gesicht zeigen. Bis zur 50. Minute war die eigentlich so offensivstarke Spielvereinigung beim Zweitliga-Spitzenreiter Elversberg weitgehend ohne Chance gewesen und lag mit 0:2 zurück. Doch dann drängte sie plötzlich nach vorn und der Druck entlud sich in einer Dreifach-Chance durch Marco John, Felix Klaus und Maximilian Dietz. Doch die Kugel wollte partout nicht ins Tor, den ersten Versuch baggerte Torwart Nicolas Kristof im Stile eines Volleyballers nach vorn, bei den beiden folgenden aus kurzer Distanz bekamen die Saarländer immer irgendein Körperteil in die Schussbahn.
Dass die Franken hier den 1:2-Anschlusstreffer verpassten, war so etwas wie der endgültige Knackpunkt dieser Partie, denn keine fünf Minuten später hieß es stattdessen 3:0 für Elversberg. Dafür trug ausgerechnet der 18-jährige Lukas Reich die Hauptverantwortung. Der gebürtige Erdinger hatte erst vor der Länderspielpause beim 2:2 gegen Hannover sein Startelfdebüt für Fürth gegeben, bei einem Testspiel während der Zweitligapause gegen Bundesligist Heidenheim war ihm sogar der 1:0-Siegtreffer gelungen. In Elversberg musste der frühere Sechziger in etlichen Szenen richtig Lehrgeld berappen. Vor dem 0:3 unterlief dem rechten Verteidiger eine viel zu kurze Kopfball-Ablage, Younes Ebnoutalib nutzte den Fehler zu seinem zweiten von insgesamt drei Treffern an diesem Nachmittag. Denn es sollte noch richtig übel werden für die Gäste: Am Ende stand eine 0:6-Klatsche zu Buche – das Kleeblatt hat nun nach neun Spielen bereits 24 Gegentore kassiert und liegt nur noch drei Punkte vor Relegationsplatz 16.
„Die Mentalität, jedes Tor zu verteidigen, hatten wir heute ganz klar nicht“, sagte Fürths Trainer Thomas Kleine mit heiserer Stimme nach dem Spiel bei Sky. Den Stab wollte er dennoch nicht über seine Mannschaft brechen, er hofft auf eine Trotzreaktion am Freitag im heimischen Ronhof gegen den Karlsruher SC: „Es geht jetzt darum, das Spiel schnell aus den Köpfen zu kriegen, aber auch knallhart zu analysieren. Im nächsten Spiel müssen wir defensiv ein ganz anderes Gesicht zeigen.“
Eine knappe halbe Stunde lang passierte nicht viel auf der Baustelle an der Kaiserlinde – der Stadionumbau in Elversberg läuft immer noch auf vollen Touren. Dann eroberte Bambase Conté den Ball im Mittelfeld, ließ den Fürthern Klaus und Ziereis keine Chance, ihn zurückzuholen, bediente auf der linken Seite Lasse Günther, der wiederum in die Mitte passte, wo Conté im richtigen Moment eintraf, um das 1:0 zu erzielen, auch weil Johns Abwehrgrätsche danebenging (27.).
Futkeu geht einige Male ins Dribbling – und wird jedes Mal abgekocht
Mit der Führung im Rücken agierten die Gastgeber so, wie es sich für einen Spitzenreiter gehört: Sie arbeiteten am 2:0 und ließen hinten überhaupt nichts zu. Während vom fünffachen Fürther Saisontorschützen Klaus überhaupt nichts zu sehen war, startete der bereits mit sechs Treffern dekorierte Noel Futkeu immer wieder ins Dribbling – und wurde jedes Mal abgekocht, zumeist vom französischen Innenverteidiger Florian Le Joncour.
Beim vermeintlichen 2:0 für Elversberg stand Ebnoutalib noch im Abseits (45.+1), am nächsten Treffer nach der Pause war dann regeltechnisch nicht zu rütteln: Nach einer hundsmiserabel verteidigten Ecke traf abermals Ebnoutalib (48.). Es folgten die eingangs beschriebene Fürther Großchance und das 3:0, sowie eine Schlussphase, in der die Franken völlig auseinanderfielen. Der überragende Ebnoutalib machte nach Hereingabe von Felix Keidel seinen lupenreinen Hattrick perfekt (80.), der eingewechselte Jason Ceka erhöhte aus der Distanz auf 5:0 (85.) und Le Joncour setzte in der Nachspielzeit den 6:0-Schlusspunkt.
„Wenn man nach 80 Minuten 0:3 zurückliegt, muss man auch die letzten zehn Minuten so verteidigen, dass man nicht noch drei Tore kriegt“, ergänzte Trainer Kleine in der Pressekonferenz im Anschluss an die Partie. Fürths Flügelspieler Jomaine Consbruch blies ins gleiche Horn: „Wir wollten auch nach dem 0:3 noch klar bleiben und weiterspielen, aber das ist uns gar nicht gelungen, du musst das dann einfach besser verteidigen.“ Für den Unmut der mitgereisten Kleeblatt-Fans hatte er volles Verständnis: „Sie fahren die Kilometer hierher, das ist dann natürlich nicht akzeptabel.“