
Es ist bemerkenswert, wie manche Dinge, die früher als völlig verrückt galten, im Laufe der Zeit vollkommen normal werden können. Am Mittwoch stieg der Goldpreis erstmals in der Geschichte auf mehr als 4000 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Als Anlass führten Goldhändler des Edelmetallkonzerns Heraeus in Hanau eine Kombination aus dem Regierungsstillstand in den Vereinigten Staaten, schwächeren US-Konjunkturdaten und der Erwartung von Zinssenkungen der Notenbank Federal Reserve an. Seit Jahresbeginn ist der Goldpreis um mehr als 50 Prozent gestiegen.
Es ist nicht so, dass in der Vergangenheit niemand vorhergesagt hätte, dass der Goldpreis, der sich lange in der Größenordnung von ein paar Hundert Dollar bewegt hatte, mal extrem steigen könnte. Nur wurden diese Ultragoldbullen, wie die Finanzleute sie zu nennen pflegen, eher als ein bisschen verrückt betrachtet.
An drastischen Prognosen mangelte es nicht
Legendär war beispielsweise der mittlerweile verstorbene Rohstoffexperte Jim Sinclair, der vor gut einem Jahrzehnt einen Goldpreis von 3500 Dollar und mehr vorhergesagt hatte. Ähnliche Preise prognostizierten beispielsweise Egon von Greyerz von Matterhorn Asset Management in der Schweiz und der rechte deutsche Krisenprophet Max Otte. Manche solcher Prognosen waren damals mit der Erwartung verbunden, das Papiergeldsystem in aller Welt werde unweigerlich zusammenbrechen – und es sei deshalb erforderlich, im Keller einen hinreichenden Vorrat an Wasser, Konserven und Kerzen anzulegen.
Nun ist die Welt nicht zusammengebrochen, und der Goldpreis ist trotzdem extrem gestiegen. Ob das jetzt so weitergeht, weiß keiner genau. Es gibt aber durchaus Analysten in den Banken, die meinen, die Rally sei nicht vorbei. Giovanni Staunovo, Edelmetallfachmann der Schweizer Großbank UBS, hat seine Goldpreisprognose gerade entsprechend auf 4200 Dollar je Feinunze hochgesetzt. „Viele der strukturellen Probleme, die Gold Auftrieb verliehen haben, sind noch unverändert da“, sagt Staunovo. „Also ich glaube, es geht noch weiter.“ Und Carsten Menke, Analyst der Bank Julius Bär, meint: Ein vorübergehender Rückschlag sei zwar möglich, aber eine größere Korrektur „sehr unwahrscheinlich“.
Trotzdem stellen sich viele sicherlich die Frage, ob das jetzt nicht ein guter Zeitpunkt wäre, Altgold und Goldschmuck zu veräußern. Benjamin Summa von der Goldhandelskette Pro Aurum berichtet, bei ihnen sei „sehr viel los“: „60 Prozent der Kunden investieren weiter in Edelmetalle, 40 Prozent realisieren Gewinne.“
„Gold- oder Silberschmuck als Geschenk zu besonderen Anlässen bewährt sich heute als zuverlässiger Notgroschen“, sagt Wendela Horz, die als Expertin in der Sendung „Bares für Rares“ von Horst Lichter viel Goldschmuck bewertet. Wer gerade in Geldnöten sei, könne sich jetzt mit gutem Gewinn davon trennen, meint die Schmuck-Fachfrau. „So mancher wäre erstaunt, was das alte Zahngold oder die zerrissenen Goldkettchen an Bargeld bringen.“ Ein schönes Schmuckstück sei jedoch mehr als nur Altgold und nicht immer einfach zu ersetzen, sagt Horz: „Mit ebenso gutem Gefühl kann man seine persönlichen Goldreserven deshalb auch behalten und sich weiter daran erfreuen.“
Wer Barren, Münzen, Zahngold oder Schmuck loswerden will, für den stellt sich die Frage des geeigneten Abnehmers. Dabei sollte man im Blick haben, dass es seriöse und unseriöse Goldhändler gibt. Zudem sind die Handelsspannen zwischen Kauf- und Verkaufspreis und das sogenannte Aufgeld je nach Händler unterschiedlich. Berücksichtigen muss man zudem, dass Schmuck in aller Regel nicht aus reinem Gold besteht, sondern einer bestimmten Legierung.
„In der Regel zahlen große Edelmetallhändler die besseren Preise“, sagt Wolfgang Wrzesniok-Roßbach vom Beratungsunternehmen Fragold, ein erfahrener Branchenkenner. Diese hätten durch ihr umfangreiches An- und Verkaufsgeschäft gleichsam eine „natürliche Preissicherung“ und müssten deshalb beim Ankauf nicht noch eine Sicherheitsmarge abziehen – anders als Juweliere, Bahnhofshändler oder andere kleine Aufkäufer. Dabei sei nicht von Belang, ob diese großen Händler mehr auf ein Filialnetz setzten oder auf einen Onlineshop oder beides anböten.
Die Internetseite Gold.de vergleicht laufend Preise, Aufgelder und Handelsspannen zum Edelmetall. Das kann ein erster Anhaltspunkt für Verkaufsinteressierte sein, wie Korbinian Penzkofer von dem Informationsdienst sagt: „Wir empfehlen in jedem Fall, vor dem Gang zum Goldhändler vor Ort sich online eine Preisindikation einzuholen, um den angebotenen Preis verifizieren zu können.“
Mit der Ware im Hinterzimmer verschwinden „geht gar nicht“
Wichtig bei einem Onlineverkauf sei, dass der Händler möglichst transparent mit den angebotenen Ankaufspreisen umgehe, sagt Goldfachmann Wrzesniok-Roßbach: „Also dass er die Ankaufspreise auf der Internetseite zeigt und gegebenenfalls schon bei der Eingabe der Ware in den Onlineshop den Preis fest zusichert für den Fall, dass die dann vom Kunden eingeschickte Ware tatsächlich auch der Angabe des Kunden im Shop entspricht.“ Auch sollte ein Onlinehändler eine „nachvollziehbare Historie“ aufzuweisen haben, meint Wrzesniok-Roßbach: „Von Unternehmen, die gerade erst gegründet worden sind, solle man eher Abstand nehmen.“ Ein Qualitätskriterium könne auch sein, wie der Versand organisiert sei: Bekommt man Päckchen zugeschickt, die man verwenden soll? Erfolgt der Versand versichert? Verwendet der Händler eine Empfängeradresse, in der das Wort Goldhandel nicht auftaucht, damit der Postbote nicht in Versuchung geführt wird?
Auch für den Verkauf in einer Filiale sei wichtig, wie transparent der Händler mit der Ware umgehe, sagt Wrzesniok-Roßbach. So sollten beispielsweise die Waage und auch die Analysegeräte einsehbar sein, meint er: „Mit der Ware im Hinterzimmer verschwinden, geht gar nicht.“
Barren und Münzen kann man auch bei vielen Banken verkaufen. Ob diese auch Goldschmuck annehmen, ist je nach Institut unterschiedlich. Die Deutsche Bank macht es nicht, manche Sparkassen ja. „Viele Banken nehmen überhaupt kein Altgold an, da der Aufwand zu groß ist und eine Echtheitsprüfung vor Ort in der Filiale nicht möglich ist“, sagt Penzkofer.
Dringendst abzuraten sei von allen „fliegenden“ Händlern, die angeblich Pelze oder Teppiche ankaufen, dann aber sagen, dass sie das nur in Verbindung mit einem Altgoldverkauf machen, warnt Wrzesniok-Roßbach: „Hier werden Kunden fast immer über den Tisch gezogen.“
Ansonsten könnten beim Schmuckverkauf beispielsweise Schwierigkeiten entstehen, wenn Edelsteine in den Schmuckstücken enthalten seien, sagt Wrzesniok-Roßbach. Diese würden in der Regel nicht vergütet und bei einem Verkauf vor Ort an den Kunden zurückgegeben. Oft könne man diese anschließend nur schwer anderweitig verkaufen, sagt er: „Auch ist zu berücksichtigen, dass bei Schmuck oder Golduhren nicht alle Teile wirklich aus Gold sind.“
Benjamin Summa von Pro Aurum rechnet an zwei Beispielen vor, was Goldverkäufer angesichts der derzeitigen Preise erwarten können. Eine Kette mit 30 Gramm Bruttogewicht aus acht Karat Gold – darauf deutet eine Punze 333 – enthalte 9,99 Gramm Feingold. Bei einem Goldpreis von 3471,00 Euro je Unze betrage der Grammpreis 111,60 Euro. „Nach Abschlag von 5,3 Prozent sind das 105,68 Euro je Gramm“, sagt Summa: „Auszahlbetrag an den Kunden für die Kette sind also 1055,74 Euro.“ Anderes Beispiel, höhere Legierung: Mit einer gleich schweren Kette aus 18 Karat Gold, Punze 750, komme der Kunde auf 22,50 Gramm Feingold und einen Auszahlbetrag von 2377,80 Euro.