Gewalt gegen Männer: So viele suchen Schutz und Beratung

Männer, die von Gewalt betroffen sind, suchen in Deutschland immer häufiger Beratung und Schutz. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Statistik der Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM). 2024 haben demnach 751 Männer eine Schutzwohnung kontaktiert, also 40,9 Prozent mehr als im Vorjahr.

„Die Sensibilisierung für das Thema nimmt zu, sei es durch Kampagnen, durch die Einrichtungen selbst oder uns als Bundesfach- und Koordinierungsstelle“, sagt Annalena Schmidt, Fachreferentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der BFKM.

Die steigende Nachfrage trifft auf ein geringes Angebot, wie die BFKM-Statistik zeigt: Bislang existieren in Deutschland zwölf Schutzwohnungen ausschließlich für Männer sowie drei geschlechtsunabhängige Unterkünfte, die auch Männer beziehen können. Sie verfügen über insgesamt 49 Plätze. Die Wohnungen verteilen sich auf sechs Bundesländer: Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. In zehn Bundesländern gibt es somit keine Schutzwohnung für gewaltbetroffene Männer.

Schutz zu suchen bedeutet, große Distanzen in Kauf zu nehmen

Schmidt sagt, sie gehe davon aus, dass die Zahlen deutlich höher wären, wenn Männerschutzwohnungen flächendeckend vorhanden wären. Schutz zu suchen, bedeute derzeit für viele, einen Umzug in ein anderes Bundesland in Kauf zu nehmen. „Männer, die von Gewalt betroffen sind, können nicht einfach den Beruf aufgeben oder eine neue Betreuungseinrichtung für ihr Kind finden“, sagt Schmidt.

Nach der ersten Kontaktaufnahme geht es für die Männer unterschiedlich weiter, wie die Statistik zeigt: 134 von ihnen haben sich daraufhin beraten lassen. 126 Männer haben eine Schutzwohnung bezogen. 256 der Männer mussten abgewiesen werden, weil die entsprechende Schutzwohnung bereits belegt war. Fehlende Plätze sind damit der häufigste Grund, warum Männer nicht in eine Schutzwohnung einziehen. Weitere Gründe waren etwa das Vorliegen von psychischen oder Suchterkrankungen, die eine andere Unterstützung erforderten.

Von den 126 Männern, die eine Schutzeinrichtung bezogen, gab die Mehrheit an, mehrere Gewaltformen erlebt zu haben. Von 126 Männern berichteten 111 von psychischer, 89 von körperlicher und 37 von ökonomischer Gewalt. Fast genauso häufig äußerten die Bewohner, von „sozialer Gewalt“ betroffen gewesen zu sein, etwa, weil die (Ex-)Partnerin versucht habe, sie von Familie und Freunden zu isolieren. Davon sprachen 38 Bewohner.

74 Bewohner haben Gewalt durch aktuelle Partnerinnen oder Partner erfahren, 14 durch frühere Partnerinnen oder Partner. Damit lag in mehr als zwei Dritteln der Fälle Partnerschaftsgewalt vor. Auch innerfamiliäre Gewalt und Gewalt im sozialen Nahraum spielten eine Rolle.

30 der 126 Bewohner suchte relativ zügig Schutz. Sie meldeten sich innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Gewalt zum ersten Mal aufgetreten war. Andere blicken auf eine jahrelange Gewaltgeschichte zurück. Zehn Männer harrten laut der Statistik mehr als zehn Jahre aus, ehe sie sich an eine Schutzwohnung wandten. Als Gründe dafür vermutet die BFKM unter anderem die Scham der Betroffenen und traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit, etwa Annahmen wie „Ein Mann löst seine Probleme allein.“