Gesundheitszentren und MVZ sollen Wetterau helfen

Ein Jahr nach dem überraschenden Aus für die ersten Pläne zum Bau von Ärztehäusern in Ober-Rosbach und Rodheim nimmt die Stadt Rosbach nun einen zweiten Anlauf. An der ursprünglichen Absicht ändert sich nichts. Allerdings musste die Stadt einen neuen Partner für die Projekte finden. Denn im Oktober vergangenen Jahres meldete der Gießener Ärztehaus-Investor IWG Holding unvermittelt Insolvenz in Eigenverantwortung an. Der neue Projektentwickler heißt HP&P Unternehmensgruppe und sitzt ebenfalls in der Uni-Stadt an der Lahn.

An diesem Donnerstag wird sich der Haupt- und Finanzausschuss mit der vom Magistrat beschlossenen Vorlage für die Zusammenarbeit beschäftigen. Das Papier schließt an die Beschlüsse vom März vergangenen Jahres zum Bau zweier Ärzte- und Gesundheitszentren an. In Limeshain wirbt derweil eine Medizinerin für ein Medizinisches Versorgungszentrum am Ort. Die Hausärztin und Chirurgin Kristin Heeger möchte Kolleginnen und Kollegen anderer Fachrichtungen gewinnen und auf diese Weise etwas gegen den Landarztmangel tun. Sie lockt mit der Aussicht, den Arztberuf ohne bürokratische Hindernisse und finanzielle Risiken ausüben zu können. In solch einer kurz MVZ genannten Großpraxis arbeiten gemeinhin mehrere Mediziner als angestellte Ärzte. Eigentümer und folglich Arbeitgeber sind meist Mediziner oder Krankenhäuser. Auch Dialysezentren können als Investoren auftreten.

Rosbach will auch Kinderarzt-Praxis

Von Ärztemangel ist in Rosbach nicht die Rede. Vielmehr will die Stadt mit den Gesundheitszentren die ärztliche Versorgung in Rosbach sichern und gleichzeitig verbreiten. Bisher gebe es über das Stadtgebiet verteilte Arzt-, Facharzt- und Zahnarztpraxen. In die Gesundheitszentren sollen demnach auch und gerade Mediziner in der Kommune nicht vertretener Fachrichtungen einziehen. „So wäre für Rosbach als eine der jüngsten Kommunen im Wetteraukreis und als familienfreundliche Stadt eine Kinderarztpraxis gewinnbringend“, heißt es in der Magistratsvorlage.

Die geplanten Ärzte- und Gesundheitszentren sollen zu den bestehenden Praxen folglich keine Konkurrenz darstellen, sondern vielmehr als Ergänzung zum bestehenden Angebot dienen, wie es weiter heißt. Daraus ergebe sich die Chance der Zusammenarbeit mit eingesessenen Ärzten am Ort.

Drei Landärzte bei Büdingen weniger

Für den Bau des Ärztehauses in Ober-Rosbach will die Stadt ein gut 7000 Quadratmeter großes Grundstück an die noch zu gründende Projektgesellschaft „HP&P MED-Zentrum Rosbach GmbH“ verkaufen. 1,15 Millionen Euro soll der Projektentwickler für die Liegenschaft zahlen. Dies deckt sich mit dem schon vor anderthalb Jahren gefassten Beschluss. Nach dem Willen der Stadt soll die Projektgesellschaft drei Monate nach Abschluss des Kaufvertrags mit der Mietersuche beginnen. Dafür soll er höchstens 15 Monate Zeit haben.

Der Bauantrag soll gestellt werden, wenn drei Viertel der Mietfläche belegt sind. Ist die Baugenehmigung vom Wetteraukreis erteilt, muss das Gesundheitszentrum laut Vorlage innerhalb von 30 Monaten stehen.

Im Stadtteil Rodheim ist im Neubaugebiet „Am Belgesbaum“ ein Ärztehaus geplant. Mehrere Praxen und ein Apotheker haben nach Angaben des Magistrats ebenso ihr Interesse daran signalisiert wie HP&P. Die Gießener können sich demnach eine ergänzende Pflegeeinrichtung und betreutes Wohnen dort vorstellen. HP&P hat in Rosbach schon das Feldpreul-Center und das Sang-Center errichtet. „Die Zusammenarbeit zwischen der Stadt und HP&P bei diesen beiden Projekten war sehr gut. Die Unternehmensgruppe hat sich als zuverlässiger Vertragspartner erwiesen. HP&P hat bereits Ärztehäuser errichtet“, heißt es in der Vorlage an die Stadtverordneten.

Einen anderen Weg als Rosbach geht Hausärztin Heeger in Limeshain in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung des Wetteraukreises. Heeger hat vor drei Jahren zusammen mit ihrem Schwager Jörg Heeger die Praxis ihres Schwiegervaters in Düdelsheim übernommen. Seither haben zwei Praxen in der näheren Umgebung geschlossen. Zur Jahresmitte verabschiedete sich ein weiterer Hausarzt nach jahrzehntelanger Arbeit. Verzweifelte Patienten hätten vor ihrer Praxistür gestanden, „aber auch unser Tag hat nur 24 Stunden“, sagt Heeger. Zudem versorge ihre Praxis schon Patienten aus mehreren Büdinger Stadtteilen und könne nicht auch noch Kranke aus Limeshain aufnehmen.

Leader-Fördermittel für MVZ möglich

In der Folge sei die Idee entstanden, ein MVZ in Limeshain zu eröffnen. Heeger: „Ich suche Fachärztinnen und Fachärzte für Allgemeinmedizin oder innere Medizin, die gerne angestellt arbeiten möchten.“ Viele junge Kollegen wollten keine eigene Praxis betreiben, sondern lieber angestellt sein. „So können sie risikoarm, aber trotzdem selbständig arbeiten“, sagt Heeger.

Der Haken: Für die Zulassung zum Medizinischen Versorgungszentrum sind mindestens zwei Vollzeit-Arztstellen notwendig, wie die Wirtschaftsförderung erläutert. Umgerechnet entspreche dies mindestens drei Ärzten in Teilzeit. „Hier liegt das Hauptproblem des Vorhabens“, hebt die Wirtschaftsförderung hervor. Ihr Geschäftsführer Bernd-Uwe Domes sieht aber sehr gute grundsätzliche Voraussetzungen für ein MVZ: „Wir haben eine erfahrene Hausärztin mit etablierter Praxis, eine wohlwollende Eigentümerin und eine Kommune, die das Vorhaben ebenfalls sehr unterstützt.“ Der Umbau der zur Jahresmitte aufgegebenen Praxis und die Ausstattung könnten mit öffentlichen Fördergeldern unterstützt werden.

Nach Angaben von Domes kommt zu diesem Zweck etwa das Leader-Programm infrage, mit dem die Europäische Union den ländlichen Raum fördern will. Leader-Geld kann fließen, um eine ärztliche Unterversorgung zu vermeiden oder einen Arztsitz zu sichern. Und: Leader-Mittel könnten etwa mit Geldern aus dem Programm „Förderung der gesundheitlichen Versorgung insbesondere in ländlichen Räumen“ vom Hessischen Sozialministerium ergänzt werden. „Es wäre schade, wenn es nicht gelingen würde, die zurzeit noch fehlenden Fachkräfte zu akquirieren“, hebt Domes hervor.