
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hält trotz großer Proteste der Ärzteschaft an ihrem Plan zur Stärkung der Apotheken fest. So will sie Apothekerinnen und Apothekern künftig die Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente erlauben – ohne Einbeziehung von Medizinern und Ärztinnen. „Angesichts der älter werdenden Gesellschaft und des Fachkräftemangels sind wir gezwungen, die Versorgung der Bevölkerung auf mehr Schultern zu verteilen“, sagt Warken dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.
„Gleichzeitig sollen die Hausärzte künftig eine zentrale Rolle als erster Ansprechpartner bekommen“, sagte Warken weiter. Die Hausarztpraxen seien jedoch voll ausgelastet und 5.000 Arztsitze unbesetzt. Die Apotheken sollen deshalb stärker in die Versorgung eingebunden werden. Länder wie Frankreich, Großbritannien oder die Schweiz hätten damit gute Erfahrung gemacht.
Katalog für Erkrankungen und Medikamente
Allerdings muss es laut der Gesundheitsministerin für die Verschreibung von Medikamenten durch Apotheken einen festgelegten Katalog von Erkrankungen und Medikamenten geben. Nun werde zuerst im Gesetz die grundsätzliche Möglichkeit für eine Neuregelung geschaffen. „Die Arzneimittelbehörde BfArM soll dann unter Beteiligung der Ärzte- und Apothekerkammer definieren, in welchen Fällen welche Medikamente abgegeben werden dürfen“, sagte Warken. „Es geht nicht darum, dass Apotheken komplexe Diagnosen stellen.“
Denkbar seien auch Arzneimittelabgaben für Menschen mit chronischen Erkrankungen, sagte Warken weiter. Alle wichtigen Informationen seien schließlich in der elektronischen Patientenakte dokumentiert, sagte Warken. Allerdings: Nur wenige Versicherte nutzen derzeit überhaupt die elektronische Patientenakte.
Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung soll reformiert werden
Warken steht immer wieder in der Kritik, Pläne vorschnell anzukündigen. So kündigte sie vor etwa zwei Wochen einen Kabinettsbeschluss an, der die geplante Anpassung der Krankenhausreform verabschieden sollte. Der Koalitionspartner SPD legte allerdings kurz vor der Sitzung Einspruch ein. Auch mit ihren Plänen für ein Primärarztsystem, nach dem Patientinnen und Patienten nur noch nach einer Überweisung vom Hausarzt zum Facharzt gehen sollen, ist Warken bisher nicht weiter vorangekommen. Ebenso liegen für die angekündigte und überfällige Reform des Notfall- und Rettungsdienstes keine konkreten Pläne vor.
Bei den anstehenden Sozialreformen soll aber das Gesundheitsministerium eine entscheidende Rolle spielen. Bei Gesundheit und Pflege müsste es große Strukturreformen geben, betonte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wiederholt. Warkens Ministerium hat dabei die große Aufgabe vor sich, das System der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen zu reformieren.
Nach Angaben des Ministeriums droht den Kranken- und Pflegekassen ein Defizit von sechs Milliarden Euro im kommenden Jahr. Aktuell
verhandeln die Koalitionäre über kurzfristige Maßnahmen, damit die Beiträge im neuen Jahr nicht weiter steigen.