Gesundheit: Wie Sex und Berührungen Wunden schneller heilen lassen

Paare, die sich häufiger körperlich berühren – durch Kuscheln, Streicheln oder Sex –, weisen eine beschleunigte Wundheilung auf, haben Forscher herausgefunden. Was passiert da genau im Körper?

Man weiß seit Langem, dass soziale Nähe mit besserer Gesundheit einhergeht. Menschen in stabilen Beziehungen leiden seltener unter chronischem Stress, erkranken weniger häufig und haben statistisch eine höhere Lebenserwartung.

Was bislang fehlte, waren kontrollierte experimentelle Daten, die zeigen, wie direkt Zuwendung und Intimität in körperliche Prozesse eingreifen. Eine Studie, die kürzlich im Fachblatt „JAMA Psychiatry“ veröffentlicht wurde, liefert nun genau solche Hinweise.

An der Untersuchung nahmen 80 junge Paare teil. Über einen Zeitraum von sieben Tagen verabreichten sie sich zweimal täglich ein Nasenspray, das entweder Oxytocin enthielt oder ein Placebo. Zusätzlich erhielt ein Teil der Paare eine strukturierte Aufgabe: Einmal täglich sollte der Partner verbal ausdrücken, was er am anderen schätzt. Parallel dazu setzten die Forscher einen objektiven Messpunkt. Allen Teilnehmer wurden standardisierte kleine Hautwunden zugefügt, um die Geschwindigkeit der Wundheilung vergleichen zu können.

Das Ergebnis: Die Kombination aus Oxytocin und täglicher Wertschätzung ging mit einer schnelleren Heilung einher als in allen Vergleichsgruppen. Der Effekt war moderat, aber statistisch signifikant. Nähe zeigte damit einen messbaren biologischen Einfluss. Besonders bemerkenswert war jedoch ein weiterer Befund, der unabhängig vom Spray auftrat. Paare, die sich häufiger körperlich berührten – durch Kuscheln, Streicheln oder Sex –, wiesen ebenfalls eine beschleunigte Wundheilung auf. Gleichzeitig lagen ihre Cortisolwerte niedriger. Weniger Stress, schnellere Regeneration.

Die Aussagekraft der Studie ist begrenzt. Die Teilnehmer waren jung, gesund und vermutlich emotional eng verbunden. Dennoch fügt sich der Befund in eine wachsende Zahl von Arbeiten ein, die Berührung nicht länger als bloßes emotionales Signal betrachten, sondern als physiologisch relevante Intervention. Die Bindungs- und Touch-Forschung zeigt seit Jahren, dass soziale Nähe Stressmarker senkt, Herzfrequenz und Blutdruck beeinflusst und immunologische Prozesse moduliert.

Wie konsistent diese Effekte sind, zeigt eine große Meta-Analyse, die 2024 im Fachjournal „Nature Human Behaviour“ erschien. Ein internationales Forschungsteam wertete damals mehr als 130 Studien aus, die sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen von Berührung befassten. Das Ergebnis war eindeutig: Gewünschte Berührungen linderten demnach Schmerzen, depressive Symptome und Ängste – sowohl bei Gesunden als auch bei Menschen mit Erkrankungen.

Entscheidend war dabei weniger die Dauer als die Häufigkeit von Körperkontakt: Kürzere, regelmäßig wiederholte Berührungen zeigten stärkere Effekte als lange Einzelinterventionen. Eine Verlängerung einzelner Berührungseinheiten brachte dagegen keinen zusätzlichen Nutzen. Nähe wirke, schlussfolgerten die Forscher, also nicht spektakulär, sondern kumulativ – täglich flüchtige, aber stetige Berührungen wirken also nachhaltig.

Und ja, für Singles kann auch ein Teddy oder eine Wärmflasche mit Fellbezug etwas psychische Wärme bringen: Berührungen durch Objekte – etwa Stofftiere, Umarmungskissen oder Roboter – können ebenfalls körperliche Stressmarker senken, wenngleich der psychische Effekt deutlich hinter menschlicher Nähe zurückbleibt. Aber: Es gibt einen Effekt.

Die Bedeutung des Tastsinns am Lebensende

Was genau im Körper passiert: Sanfte, langsame Berührungen aktivieren sogenannte C-taktile Nervenfasern, die direkt mit Hirnarealen verbunden sind, die Sicherheit und soziale Zugehörigkeit verarbeiten. In der Folge sinkt der Cortisolspiegel, während etwa die Produktion des Kuschelhormons Oxytocin und aktiviert wird.

Es gibt Studien, nach denen positive Berührungen mit erhöhter Aktivität natürlicher Killerzellen einhergeht. Studien des Neurowissenschaftlers James Coan von der University of Virginia belegen, dass bereits das Halten der Hand eines vertrauten Menschen Stress- und Schmerzreaktionen messbar reduziert.

Vor diesem Hintergrund erscheint auch der Befund der JAMA-Studie schlüssig. Wenn Nähe Stressachsen dämpft und Immunprozesse beeinflusst, kann sie auch regenerative Vorgänge beschleunigen. Eine Berührung wirkt damit nicht nur subjektiv entlastend auf das Seelenheil, sondern wie eine biologische Regulierung.

Besonders deutlich wird die Bedeutung des Tastsinns am Lebensende. Er ist der erste Sinn, der sich im Mutterleib entwickelt, und einer der letzten, die einem Menschen erhalten bleiben. Palliativmediziner berichten seit Jahren, dass Menschen selbst dann noch auf Berührung reagieren, wenn Sprache, Sehen oder Hören weitgehend verblasst sind.

Eine sanfte Berührung auf dem Sterbebett kann die Atmung beruhigen, Unruhe reduzieren und Stressmarker senken. In der Sterbeforschung gilt der Tastsinn deshalb als einer der letzten verbliebenen Zugänge zum Menschen – und das Handhalten als ultimativer Abschied, wenn man Worte nicht mehr hören oder erwidern kann.