
Heute nur noch schwer vorstellbar: Frauenfußball war in der Bundesrepublik bis 1970 vom DFB verboten. Das Vereinsverbot hielt Frauen und Mädchen aber nicht davon ab, zu spielen, sich zu organisieren und um Gleichberechtigung zu kämpfen.
Wenig Anerkennung, Sexismus und Herabwürdigung in der Gesellschaft und durch die Medien gehörten lange Zeit zum Alltag fußballspielender Frauen. Von der Kriegsgeneration wurde Fußball als Revier für Männer, in dem Frauen nichts verloren haben. Josef „Sepp“ Herberger, der in den 1920er Jahren als Spieler aktiv war, war beispielsweise der Meinung, Fußball sei ein „Kampfsport“, der für Frauen nicht geeignet sei.
Der Dokumentarfilm “Mädchen können kein Fußball spielen” von Torsten Körner lässt die Frauen zu Wort kommen, die maßgeblich daran beteiligt waren, den Frauenfußball zu dem Sport zu machen, der er heute ist.
Frauenfußball war lange ein offizielles Tabu: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) führte das Verbot für seine Vereine im Jahr 1955 ein, mit der Begründung, der Sport sei dem Wesen der Frau fremd und würde den Körper schädigen und gegen den Anstand verstoßen. In einem DFB-Jahrbuch von 1955 heißt es: „Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.“
Trotzdem spielten die Frauen weiter und organisierten – auch mit Unterstützung weniger männlicher Funktionäre – in den 1950er und 1960er Jahren gegen alle Widerstände erste inoffizielle Mannschaften und Spiele.
Eine der Frauen, die sich den Sport nie verbieten ließ, war Christa Kleinhans. Sie gilt als Pionierin des Frauenfußballs in den fünfziger und sechziger Jahren, die aktiv in ihrem Verein DSV Fortuna Dortmund 55 gegen das Frauenfußballverbot anspielte.
Nach Informationen der Bundeszentrale für politische Bildung spielten Ende der 1960er Jahre rund 60.000 Mädchen und Frauen aktiv Fußball. Auch in einigen DFB-Vereinen kommt es trotz des Verbots zur Gründung eigener Frauenfußball-Abteilungen. Auf Bundesebene befürchtet nun auch der DFB, die Fußball-Frauen könnten einen eigenen Verband gründen. Um eine derartige Konkurrenz zu verhindern, hebt der DFB am 31. Oktober 1970 das Verbot des Frauenfußballs in Deutschland auf.
DDR: Keine Verbote, aber auch keine Unterstützung
Im Gegensatz zur Bundesrepublik ist Frauenfußball in der DDR nicht verboten, wird aber auch nicht gefördert. Auch in der DDR sehen sich Fußballerinnen mit Vernachlässigung konfrontiert, Frauenfußball gilt nicht als ebenbürtig. Vereine und Sportclubs bleiben Frauen verwehrt.
Frauenfußballmannschaften finden sich vor allem in den Betriebssportgemeinschaften (BSG). Die Trägerbetriebe, denen die Vereine angeschlossen sind, kümmern sich um Ausrüstung und stellen die betriebseigenen Sportplätze zur Verfügung.
1979 beschließen die DDR-Sportfunktionäre, eine „Bezirksbestenermittlung“ einzuführen und eine „DDR-Besten-Frauenmannschaft“ aufzustellen – darunter etwa die BSG Chemie Wolfen und die BSG Post Rostock. Gesonderte Mittel aber, etwa für Sportausrüstung und Fahrten zu Turnieren, werden nicht bereitgestellt.
„Der Frauenfußball war nicht olympisch, es gab keine Weltmeisterschaften und deswegen war er im Breitensport angesiedelt und nicht im Leistungssport“, sagt die Jenaer Spielerin Doreen Meier heute. Allein das Wort Meisterschaft sei dem Männerfußball vorbehalten gewesen. Auch in der DDR geht es um ein Ringen um Anerkennung und um Frauenrechte.
Absurdes Regelwerk für Frauenfußball in den 1970ern
Von einer Gleichberechtigung auf dem Platz sind auch die Fußballerinnen in der Bundesrepublik noch weit entfernt. Die Verbandsfunktionäre des DFB stellen sich quer und setzen ein absurdes Regelwerk in Kraft: Frauen müssen mit einem Jugendball spielen, Stollenschuhe sind verboten und die Spielzeit wird auf zwei Mal 30 Minuten begrenzt. In den 1970ern aktive Sportmediziner halten Frauen noch immer für das schwächere Geschlecht.
Ebenso gehören sexistische, herablassende Aussagen der Medien zum Alltag der Spielerinnen. Sportkommentatoren wie Wim Thoelke sind groß darin, das Spiel der Frauen auf ihre Körper, wohlgerundete Waden und hausfrauliche Tätigkeiten zu reduzieren. „Wir waren ja schon hartgesotten, weil das, was man heute sexistisch nennt, das war in den 1970er Jahren Normalität“, sagt die Hamburger Fußballerin und spätere DFB-Funktionärin Hannelore Ratzeburg heute dazu.
Ratzeburg wurde 1977 beim DFB zur Referentin für Frauenfußball gewählt. Sie war als Funktionärin die erste Frau, die in Männerbastionen eindrang und dort mit diplomatischem Gespür die Türen für den Frauenfußball aufstieß. Auf ihre Initiative hin werden seit 1980 etwa der DFB-Pokal der Frauen und seit 1981 der Länderpokal der Frauen ausgerichtet. Sie trug außerdem zur Einrichtung der Frauenfußball-Nationalmannschaft bei.
Bärbel Wohllebens Tor des Monats geht in die Geschichte ein
Zurück ins Jahr 1974: Die erste Deutsche Frauenfußball-Meisterschaft findet statt. Für das Finale in Mainz am 8. September 1974 qualifizieren sich DJK Eintracht Erle aus Gelsenkirchen und die TuS Wörrstadt. Die Rheinhessinnen aus Wörrstadt gewinnen den ersten deutschen Frauenfußball-Meistertitel.
Und mehr noch: Bärbel Wohlleben wird die erste Spielerin, deren 3:0 in der Sportschau als „Tor des Monats“ ausgezeichnet wird. Mit diesem Tor öffnet Wohlleben viele vorurteilsvernagelte Augen: Auch Frauen können „schöne“ Tore schießen und verfügen über einen harten Schuss. Nicht nur ihre Tore, auch ihre Schlagfertigkeit wird legendär. „Für mich war das einfach das Siegtor, dass wir das Spiel gewonnen hatten und die erste Deutsche Meisterschaft damit“, sagt Wohlleben heute. Erst Jahre später sei ihr klar geworden, was ihr Tor bewirkt habe.
Sonderrolle der SSG Bergisch Gladbach – Die Rolle von Anne Trabant
Was Hannelore Ratzeburg in den Gremien des DFB leistete, hat Anne Trabant-Haarbach auf dem Platz geschafft. Sie gilt als die „Grande Dame“ und Meister-Trainerin des Deutschen Frauenfußballs und spielte unter anderem an der Seite von Bärbel Wohlleben bei TuS Wörrstadt.
Als Spielführerin bestritt sie im November 1982 mit der SSG Bergisch Gladbach das erste offizielle Länderspiel einer deutschen Frauennationalmannschaft. Die Deutschen gewinnen das Spiel gegen die Schweiz in Koblenz mit 5:1. „Man muss verstehen, dass wir nach dieser langen Zeit des Wartens allen Männern beweisen konnten, dass Frauen auch Fußball spielen können“, sagte sie wenige Minuten nach Abpfiff.
Später ist Trabant-Haarbach als Trainerin in Bergisch Gladbach aktiv, arbeitet in ihrem Beruf als Diplom-Sportlehrerin aber weiter. Von Prämien finanzieller Art ist der Frauenfußball zu dieser Zeit noch weit entfernt.
1988 schaffen die deutschen Fußballfrauen erstmals die EM-Qualifikation. Die EM findet 1989 statt und die Frauen gewinnen das Finale – nun sogar mit Siegprämie: Für jede Spielerin gibt es ein Kaffeeservice der Marke „Villeroy & Boch“.
Trotz dieser nicht ernstzunehmenden Prämie macht der DFB eines: Er gibt grünes Licht für die Gründung der Frauen-Bundesliga. Der Rest? Ist Geschichte. Auch wenn Frauen im professionellen Fußball noch heute weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen: Dass sich Weiblichkeit und Profifußball vereinen lassen, scheint ausreichend bewiesen.