
Nein, es gibt hier keine blutgetränkten Schlachtenbilder. Auch keine verwurmten Stillleben, keine hell strahlenden Berglandschaften hat Georges de la Tour gemalt, erst recht keine ungestümen Wirtshausszenen. Alles Aufgebrachte war ihm fremd, es lag ihm nichts an moralischer Belehrung, an neckischer Kuriosität. Georges de la Tour (1593 bis 1652) war ein Maler, der die Welt weit zurückließ. Und nur so zu einer Kunst fand, die radikaler kaum sein könnte.
Manches, was er, der große französische Barockmaler, vor gut 400 Jahren auf die Leinwand brachte, erinnert an die Stille und Einfachheit, wie sie sehr viel später von Avantgardisten wie Kasimir Malewitsch ins Bild gesetzt wurden. La Tour rückt seine Motive in eine Zone des Übergangs, gleichsam zwischen Sein und Nichtsein. Auch seine Maria Magdalena, eine Frau im Dunkeln, hat er dahin entführt, sie tut nichts, sagt nichts, sie träumt nur versonnen vor sich hin. Ihr Haar ist offen, die Schulter entblößt. Erschöpft sitzt sie an ihrem Tisch, die eine Hand hält das Kinn, die andere streichelt sacht über einen Totenschädel. Und wie so oft bei La Tour erhellt nur eine einzige Kerze das Bild. Oder genauer die obere Hälfte der Szene; der Rest bleibt unbeleuchtet und unsichtbar.