Israel ringt seit dem Hamas-Überfall über das richtige Vorgehen, um möglichst viele Geiseln lebend zurückzuholen. Die Armee gesteht nach einer Untersuchung ein, dass eine Operation in Gaza die Entscheidung von Hamas-Kämpfern beeinflusst hat, sechs Israelis zu erschießen.
Israelische Militäreinsätze im südlichen Gazastreifen hat nach Angaben der Armee wahrscheinlich die Entscheidung zur Tötung von sechs Geiseln durch die radikalislamische Hamas im August beeinflusst. Eine militärische Untersuchung der Todesfälle habe festgestellt, dass „die israelischen Bodenaktivitäten in dem Gebiet, auch wenn sie schrittweise und vorsichtig erfolgten, einen gewissen Einfluss auf die Entscheidung der Terroristen hatten, die sechs Geiseln zu ermorden“, erklärte die Armee am Dienstag.
Demnach ergab die Untersuchung, dass die Geiseln durch Schüsse von Hamas-Terroristen ermordet wurden, während israelische Streitkräfte in der Gegend von Tel al-Sultan im Einsatz waren.
Im späten August hatten israelische Soldaten die Leichen der sechs Geiseln in einem unterirdischen Schacht in Rafah gefunden. Dem Militär zufolge waren sie erst kurz vor dem Eintreffen der Soldaten getötet worden. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte damals, dass die sechs Geiseln mit einem Kopfschuss „hingerichtet“ worden seien.
Das Forum der Angehörigen der Geiseln reagierte auf die Erklärung der Armee mit einem Aufruf zum Handeln, um alle verbleibenden Geiseln zurückzubringen. „Die Zeit ist gekommen, alle Geiseln zurückzubringen. Wir brauchen eine Vereinbarung, die die Rückkehr aller Geiseln innerhalb eines schnellen und vorher festgelegten Zeitrahmens sicherstellt“, erklärte die Gruppe. Sie setzt sich seit Langem dafür ein, die Geiseln rasch durch Verhandlungen freizubekommen, statt vor allem auf militärische Erfolge zur Befreiung zu setzen. Ihr Anliegen könnte durch die Untersuchung Rückenwind bekommen.
Die internationalen Vermittler Ägypten, Katar und die USA bemühen sich seit Monaten darum, eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und eine Freilassung der noch im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln zu erreichen. Vor wenigen Tagen fand eine neue Verhandlungsrunde in Doha statt. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte am Montag, es gebe bei den Verhandlungen „Fortschritte“.
Bei ihrem Angriff auf Israel hatten Hamas- und verbündete Kämpfer am 7. Oktober vergangenen Jahres insgesamt 1205 Menschen getötet. Von den 251 von der Hamas verschleppten Geiseln werden derzeit noch 96 im Gazastreifen festgehalten, von denen 34 von Israel offiziell für tot erklärt wurden.
Israel geht seit dem Hamas-Überfall militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde inzwischen mehr als 45.000 Menschen getötet. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.
AP/cuk