
Für viele ist es eine gute Nachricht, vielleicht nur nicht für die Bahn. In vier Jahren wird die EM der Fußballerinnen in Deutschland ausgetragen. Das berüchtigte Transportunternehmen bekam im vorigen Jahr ordentlich auf die Triebwerke. Da litten nicht mehr nur in erster Linie die Einheimischen an der Unpünktlichkeit der Bahn. Europa war zu Gast, als schon eine EM in Deutschland stattfand, die der Männer.
Die Ampel zerbrach im vorigen Jahr, die Umfragewerte der Populisten stiegen weiter, doch die Fußball-EM hat Deutschland gut hinbekommen. Riesige Fan-Scharen aus 23 anderen Ländern feierten Volksfeste, in bester Erinnerung sind ihre bunten Fan-Märsche durch Hamburg, München oder Düsseldorf.
Dem DFB ist zu gratulieren, dass er am Mittwoch von der Uefa den Zuschlag bekommen hat. Der Frauenfußball boomt in der Welt wie keine zweite Sportart. Seine Fans sind weiblicher und jünger als die der Männer, auch solventer. Bis 2029 ist mit weiterem dynamischem Wachstum zu rechnen. Deutschland wird Rekorde brechen, das ist so sicher wie der Anpfiff zu Spielbeginn. 2029 sollen erstmals mehr als eine Millionen Tickets für eine EM der Fußballerinnen verkauft werden.
In seinem öffentlichen Statement hat der DFB-Präsident Bernd Neuendorf das Ziel formuliert, dass die Uefa „erstmals mit einer Frauen-Europameisterschaft einen Gewinn erzielen“ solle, wobei die Zuschüsse der acht Ausrichterstädte sicher hilfreich sind. Bei der Uefa ziehen wirtschaftliche Argumente.
Aber zum echten Erfolg wird die EM, wenn die Ausrichter noch mehr in den Blick nehmen. Wenn Trump die Fußball-WM und die Olympischen Spiele für seine Zwecke nutzt, welche auch immer das sein mögen, sollte Deutschland das auch tun. Nur eben für andere Zwecke – solche, die dem Gemeinwohl dienen. Der DFB kann jetzt Projekte aufsetzen, die einen Impuls für die Basis setzen. Das Vereinsleben ist das Wurzelwerk unserer Demokratie.
Einen noch größeren Mehrwert bringen sportlichen Großveranstaltungen, wenn sie Verbindendes schaffen, wie das zuletzt bei der WM 2023 in Australien und Neuseeland sowie der EM 2022 in England und der EM 2025 in der Schweiz gelang. Unsere Gesellschaften treiben auseinander, Europa treibt auseinander. Dabei war es noch nie seit Bestehen der EU so wichtig, dass Europa zusammensteht. Fußball kann man nutzen, um dem entgegenzuwirken.
Es ist nicht so, dass die Welt heil wird, sobald der Ball rollt. Aber Sport kann einen kleinen Beitrag leisten, Grenzen zu überwinden, Verbindendes zu schaffen, Begegnungen zu ermöglichen. Das war der ursprüngliche Sinn von internationalen Wettbewerben. Daran hat sich nichts geändert, auch wenn es manchmal, wie so vieles Wertvolles, in Vergessenheit geraten ist.
Die Frauen bekommen 2029 die Bühne, die ihnen zusteht. Die traditionelle Fußballnation mag sportlich von Spanien überholt worden sein, wie sie am Dienstag erneut erfahren musste. Aber Deutschland ist mit seinen Stadien, seiner Infrastruktur und auch seiner Gastfreundschaft der ideale Ort für ein Turnier solcher Ausmaße. Tipp an alle Gäste: einfach einen Zug früher nehmen. Im Bordbistro gibt’s, meist, was zu essen und trinken.
