Für wen sich Trade Republic eignet

Keine andere Bank in Deutschland ist so schnell gewachsen wie Trade Republic. Erst seit sieben Jahren ausgestattet mit einer Lizenz als Wertpapierhandelsbank und seit zwei Jahren als Vollbank, zählt das Berliner Institut nun mehr als zehn Millionen Kunden und verwaltet Vermögen von mehr als 150 Milliarden Euro. Im Dezember hat die Bank den Status als wertvollstes deutsches Start-up erlangt: 1,2 Milliarden Euro steckten Investoren in die Berliner GmbH und bewerteten sie dabei mit 12,5 Milliarden Euro, einer Größenordnung, die ungefähr das Dax-Mitglied Continental auf die Waage bringt. Der Reifenhersteller und Autozulieferer beschäftigt indes 95.000 Mitarbeiter, Trade Republic gut 600.

Die schlanke Struktur der Digitalbank ist Fluch und Segen zugleich. Eine zeitgemäße IT ermöglicht schnelle und digitale Abläufe. Kunden schätzen diese Einfachheit. Die Bank ist vom Kundennutzen her gedacht und aufgebaut, sonst hätte sie nicht binnen kurzer Zeit solchen Zulauf. Sie ist maßgeschneidert für die Generation ETF-Sparplan. Wertpapierhandel kostet nur einen Euro, die ETF-Sparpläne sind gebührenfrei. Das Verrechnungskonto für das Depot wird mit dem EZB-Einlagenzins von derzeit zwei Prozent überdurchschnittlich verzinst und ist seit knapp zwei Jahren auch mit Girokontofunktionen ausgestattet.

Die Kombination ist einzigartig. Die Bezahlkarte ist ebenso gebührenfrei und ihre Nutzung wird von Trade Republic und dem Partner Visa mit bis zu 15 Euro im Monat belohnt; eingezahlt in einen ETF-Sparplan, getreu der Idee der Gründer Christian Hecker, Thomas Pischke und Marco Cancellieri, der Altersvorsorge ihrer jungen Generation Schub zu verleihen, sehend und ahnend, dass die ­gesetzliche Rente für sie auf immer wackeligeren Beinen steht.

Viele Kunden fühlen sich schlecht betreut

Das rasante Wachstum hat Schattenseiten. Zu keiner Bank erreichen uns so viele Schilderungen von Kunden, die sich mit ihren Anliegen schlecht betreut fühlen. Es ist Teil des Geschäftsmodells, auf Beratung und persönlichen Service zu verzichten. Anders ließen sich die guten Konditionen für die Kunden auch nicht darstellen. Rein rechnerisch kommen 17.000 Kunden auf einen Mitarbeiter. Die Bank bietet daher seit Gründung keinen Telefon-Service. Chat-Hilfen stoßen aber, wie jeder weiß, eher früher als später an Grenzen. Wahrscheinlich entwickelt sich die Künstliche Intelligenz hier bald weiter. Zufriedenstellend ist sie bisher nicht.

Trade Republic ist perfekt geeignet für neue Kunden, die ETFs nutzen wollen, eine gut funktionierende Bezahlkarte brauchen und gelegentlich Standard-Wertpapiere handeln. Schwierig wird es, wenn Kunden alte Kontoverbindungen abbrechen und mit ihrem Depot wechseln wollen. Fälle, die vom Standard abweichen, bergen das Risiko, dass es holpert und Rückfragen gibt. Dies betrifft aber nur eine Minderheit der Kunden. Anders als für N26 sieht die Finanzaufsicht Bafin für Trade Republic bisher keinen zusätzlichen Überwachungsbedarf. Das schnelle Wachstum führt zwar zu vermehrten Beschwerden bei der Bafin wie bei Verbraucherschützern. In Relation zur Kundenzahl bewegt sich dies aber im üblichen Rahmen und trifft andere Banken und ­Direktbanken in ähnlicher Form.

Dass das Geschäftsmodell funktioniert, zeigt nicht nur das ungebrochene Investoreninteresse und -vertrauen. Auch der erfolgreiche Marktstart in Ländern wie Frankreich, Italien oder zuletzt Polen bestätigt, dass hier eine gut organisierte Bank antritt, die alles Tun dem Kundennutzen unterordnet und profitabel wirtschaftet. Die neue Konkurrenz belebt nicht nur den deutschen Bankenmarkt. Auch im europäischen Ausland ist zu spüren, dass die Platzhirsche Trade Republic ernst nehmen. Die europäische Regulierung hat das Thema schon erreicht. Das für Trade Republic wichtige Modell, alle Kundenaufträge an eine einzige Börse weiterzuleiten und sich dafür bezahlen zu lassen, wird vom Sommer an verboten.

Es wäre aber keine Überraschung, wenn der jungen Bank auch hier eine innovative Lösung gelänge. Der Kundenservice wird ebenfalls angegangen. Für die in Deutschland bald eingeführte Frühstartrente und die Riester-Reform ist Trade Republic so gut vorbereitet wie kaum eine Bank. Die gute Entwicklung dürfte sich daher fortsetzen. Schade, dass diese deutsche Erfolgsgeschichte vor allem aus dem Ausland finanziert wird. Gegründet in den Räumen der Comdirect, fand die Commerzbank nicht den Mut zu investieren. Alle großen Finanzierungsrunden liefen ohne nennenswerte deutsche Beteiligung, so auch nun im Dezember, als unter anderem die Milliardärsfamilien Arnault aus Frankreich und Agnelli aus Italien eingestiegen sind, offenbar beeindruckt vom Marktstart in ihren Ländern.