Frankfurt: Ein Rauschmuseum hilft dem Bahnhofsviertel nicht

Die Erwartungen waren groß: Eine Gruppe von 50 Personen, selbstbewusst „Think Tank“ genannt, entwickelte Vorschläge, wie sich die Situation im Bahnhofsviertel verbessern lässt. Es war eine Reaktion auf den offensichtlichen Handlungsbedarf. Seit mehreren Jahren wird darüber diskutiert, dass der offene Drogenkonsum außer Kontrolle geraten ist, dass der öffentliche Raum verkommt, dass Unternehmen das Viertel verlassen. Ein umfassendes Konzept hatte die Stadt mehrfach angekündigt.

Was aber jetzt als „Strategiepapier“ für die Jahre bis 2040 vorgelegt worden ist, lässt sich nur als Themaverfehlung bezeichnen. Eine Ansammlung von schönen Wünschen, vagen Ideen und inhaltslosen Sprechblasen ist keine Strategie. Trinkbrunnen und eine neue Fußgängerzone sind schön, werden das Viertel aber nicht retten.

Andere Vorschläge aus dem schon vor Monaten erstellten Papier sind längst an der Realität gescheitert: Ein Wochenmarkt auf der Kaiserstraße wird als Maßnahme zur Belebung gepriesen, doch ein Wiederbelebungsversuch ist in diesem Jahr mangels Interesse von Markthändlern ohne Erfolg geblieben. Selbst scheinbar einfache Projekte gelingen nicht.

Mit den Zuständen abgefunden

Bezeichnend ist, wozu sich in dem immerhin 100 Seiten starken Dokument nichts findet: Es gibt keine Aussagen dazu, wie sich die offene Drogenszene verkleinern und der Handel mit Rauschgift unterbinden lässt. Ganz im Gegenteil heißt es, man müsse „Suchtkranke ins öffentliche Leben integrieren“ – als habe man sich mit den gegenwärtigen Zuständen abgefunden. Der einzige in dieser Hinsicht erfolgversprechende Ansatz, das umstrittene Suchthilfezentrum, war längst beschlossen, als das veraltete Strategiepapier in dieser Woche veröffentlicht worden ist.

Auffallend ist auch, dass die Belange der Wirtschaftsunternehmen, die im Bahnhofsviertel 23.000 Arbeitsplätze bereitstellen, nur am Rande vorkommen. Durch das gesamte Papier zieht sich die romantische Vorstellung eines bunten Kiezes und eine Haltung, die die Augen vor den Pro­blemen verschließt. Deutlich wird das zum Beispiel an der Forderung, man müsse nur positiver über das Bahnhofsviertel sprechen, dann werde sich das Image schon bessern.

In die gleiche Richtung zielt die abstruse Idee, im Bahnhofsviertel ein „Rauschmuseum“ einzurichten. Eine Ausstellung über die Kulturgeschichte berauschender Substanzen, wenige Meter entfernt vom Elend der Suchtkranken? Wenn die Stadt mit ihren Bemühungen um das Bahnhofsviertel noch ernst genommen werden will, sollte sie das Papier mit solchen Ideen schnell in der Schublade verschwinden lassen und sich den tatsächlichen Problemen zuwenden.