Frank Holzer: Das ist der unbekannte Mäzen hinter dem Fußballwunder von Elversberg – Sport

Vor acht Jahren war für Reiner Calmund die Sache eindeutig. Das Saarland, sagte der Neu-Saarländer, sei super, tolle Landschaft, tolles Essen, klar, aber der Fußball sei „eine große Schei­ße“. Calmund sah damals in seiner neuen Heimat nur Regionalliga-Gekicke, zu wenig für ihn. Er ließ der vulgären aber auch konstruktive Kritik folgen, es bräuchte eine Fusion zwischen Elversberg und Saarbrücken. „Wenn die bei­den Zam­pa­nos Hart­mut Os­ter­mann und Frank Hol­zer ihre Kräf­te bün­deln wür­den, wäre im Saar­land Gro­ßes mög­lich.“

Tatsächlich bestimmen Ostermann und Holzer seit den Neunzigerjahren den Spitzenfußball an der Saar. Sie besitzen aber, nun ja, unterschiedliche Grade an Zampanohaftigkeit. Ostermann lenkt die Geschicke beim 1. FC Saarbrücken, dem großen Emotionsklub im Saarland, immer für eine Geschichte gut, in die eine oder andere Richtung. Das Magazin Der Spiegel nannte Ostermann mal „den Paten von der Saar“, wegen seiner Verbindungen in Politik und Wirtschaft. Frank Holzer wurde noch nie von jemandem so bezeichnet.

Früher war er selbst einmal ein ziemlich guter Stürmer, traf auch in der Bundesliga

Aber Holzer, 72 Jahre alt, könnte nun nach dem Milliardär Dietmar Hopp aus Hoffenheim der erste Mensch in Deutschland werden, der „seinen“ Klub aus dem Amateurfußball in die Bundesliga führt. Wobei er diese personalisierte Formulierung direkt ablehnen würde.

Aber es ist Fakt, dass der Klub in seiner aktuellen Form ohne ihn nicht denkbar wäre. Holzer, gebürtiger Saarländer, war einst selbst ein ziemlich guter Stürmer, drei Bundesligatore für Braunschweig stehen in seinem Lebenslauf. Verletzungen zwingen ihn zum Aufhören, er schließt ein Pharmaziestudium ab und steigt ins Familienunternehmen Ursapharm ein. „Ursa“ wegen der Bären-Apotheke seines Vaters. 1990 wird er Präsident der Sportvereinigung Elversberg, weil er als Kind selbst in der Gemeinde spielte, allerdings für den Lokalrivalen DJK. Zumindest am Ort ist das wichtig.

Elversberg pendelte damals zwischen dritter und fünfter Liga, der Klub stand im Schatten der drei saarländischen Bundesligisten Saarbrücken, Neunkirchen und Homburg. Holzer aber hatte keine Lust auf das „Gezerre“ bei Traditionsklubs, er wollte sogar explizit einen Verein, der nur eine Sparte hat, Fußball, weil er sich noch nicht mal mit der Turnabteilung ums Geld streiten wollte. Holzer stieg ein und blieb beharrlich, besaß über seine Firma die finanziellen Mittel, sponserte, investierte, sprang auch mehrmals selbst als Interimstrainer ein. 2011 wechselte er in den Aufsichtsrat, sein Sohn Dominik übernahm das Präsidentenamt, auch er war selbst Fußballer, hat für die SVE in der Oberliga gekickt. Vater Holzer verfolgte die Spiele in der Regionalliga übrigens meist von einem Hügel hinter dem Tor, weil er dort seine Ruhe hatte und von oben das Spiel besser sehen konnte.

Und plötzlich ging es ab: Aufstieg dritte Liga, direkter Aufstieg zweite Liga und jetzt vielleicht …

All das wäre als Geschichte im Saarland geblieben, wenn Elversberg nicht seit drei Jahren stetig gewänne. Mit der Verpflichtung von Sportdirektor Nils-Ole Book und Trainer Horst Steffen 2018 hatten die Holzers zwei Menschen gefunden, die ihre Ruhe und Beharrlichkeit teilten. Vier Jahre lang steckten sie alle zusammen noch in der Regionalliga fest, dann ging es ab: Aufstieg dritte Liga, direkter Aufstieg in die 2. Bundesliga, und nun …

Holzer wäre vielleicht nach Hopp der zweite „Mäzen“, der einen Dorfklub in die Bundesliga führt, aber der Vergleich endet eigentlich schon nach diesem Fakt. Hopp holte damals Trainer Ralf Rangnick, kaufte für 15 Millionen Euro Spieler, provozierte das Establishment. In Elversberg will niemand provozieren. Bettelarm sind sie wegen Holzers Firma (Umsatz: 350 Millionen Euro) natürlich nicht, aber das Budget ist eines der kleinsten der zweiten Liga, und der teuerste Transfer in der Geschichte der SV Elversberg kostete 400 000 Euro.