
Möglicherweise haben wir Donald Trump nicht in jeder Hinsicht richtig eingeschätzt. Das schreiben wir nicht nur, um einer 15-Milliarden-Klage vorzubeugen, sondern auch, weil Trump bei seinem schon zweiten Staatsbesuch in Großbritannien eine Bescheidenheit an den Tag legte, die nicht zu übersehen war und auch hier nicht übergangen werden kann.
Man wäre doch nicht völlig überrascht gewesen, wenn Trump zum Bankett auf Schloss Windsor ausstaffiert erschienen wäre wie Gaddafi oder Göring. Aber der Liebhaber von allem, das glänzt wie Gold, kam gänzlich undekoriert im unbetressten Frack, den er ja bald auch in Oslo brauchen wird. Neben König Karl, der natürlich den Hosenbandorden und andere Auszeichnungen trug, hätte man Trump fast für einen Saaldiener halten können.
Melania konnte auf den Verhütungshut verzichten
Fast. Denn welcher Bedienstete würde an so einem Abend von einer Erscheinung wie Melania Trump begleitet werden, die in ihrem schulterfreien sonnengelben Kleid alle anderen Damen im Saal als mutlos erscheinen ließ? Ihre eigene Courage stellte sie nicht nur mit dieser Robe unter Beweis, sondern auch mit dem Verzicht auf das Tragen eines ihrer Verhütungshüte, mit denen sie ihren Gatten bei feierlichen Angelegenheiten auf Abstand hält, weil der immer dann besonders zutraulich zu werden scheint, wenn ihm eine große Ehre zuteilwird.
Dieses Mal versuchte er aber gar nicht, der First Lady ein Küsschen zu geben. Sein Protokoll hatte ihm bestimmt eingebläut, das auf keinen Fall bei der Königin zu tun und auch nicht bei der Gemahlin des Kronprinzen, die er besonders schnuckelig fand und zu der er, um seine Bildung vorzuführen, hätte sagen können: Kiss me, Kate. Damit er bei so vielen schönen Frauen nicht durcheinanderkommt, riet man ihm sicher zu völliger vorübergehender Enthaltsamkeit.
Königin Camilla hätte auch das ertragen
Wobei die pflichtbewusste Camilla sicher auch noch einen trumpschen Schmatzer ertragen hätte eingedenk der in dieser Spalte erst kürzlich zitierten Devise „Close your eyes and think of England“. Denn die Royals haben den Emporkömmling aus New York ja nicht eingeladen, weil sie endlich einmal in ihrer Halle mit einem geistreichen Gast über den Umweltschutz reden wollten. Sondern weil der Premierminister Seiner Majestät seiner Majestät den Auftrag erteilt hatte, im Interesse des Königreichs den amerikanischen Präsidenten zu empfangen, als sei er der Kaiser von China. Wobei man das Trump sicher verschwiegen hat, denn dann hätte er an Xi denken müssen, und das hätte ihm komplett die Laune verhagelt.
Deren Hebung aber war das Ziel von pomp and circumstance für Trump. Denn wir alle wissen ja: Fühlt er sich gebauchpinselt, dann lässt er mit sich über fast alles reden, sogar über seine geliebten Strafzölle. Die senkt er, wenn es ihm gefallen hat, zwar nicht unbedingt sofort; er ist ja nicht korrupt. Möglicherweise führt er sie später auch wieder ein, wenn die Erinnerung an die schönen Stunden verblasst. Aber warum sollte man nicht versuchen, sich bei ihm einzuschleimen, wenn man die Möglichkeiten dazu hat? Die britischen Steuerzahler müssen für ihr Königshaus eh jedes Jahr Millionen blechen, da fallen die Zusatzkosten für ein Dinner for the One and Only kaum ins Gewicht.
Wie in Viscontis Filmoper
Natürlich spricht aus uns auch der Neid. Man hätte damals gründlicher nachdenken sollen, bevor man den Kaiser ins Exil jagte, auch noch nach Holland. Aber für Trump ist ja nicht die Staatsform seiner Gastländer entscheidend, sondern dass es schöne Bilder von ihm gibt. Und was könnte märchenhafter sein als ein Empfang auf Neuschwanstein? Was wäre größeres Kino als eine Schlittenfahrt durch den verschneiten Wald wie in Viscontis legendärer Filmoper?
Laden wir Trump doch dazu ein! Wer dann die Rolle des Königs Ludwig II. spielen muss (weil der geniale Helmut Berger tot ist), ist klar: natürlich Markus Söder, der den Kini schon sehr überzeugend in Veitshöchheim gegeben hat. Mit besonderer Galanterie gegenüber Melania könnte der bayerische Ministerpräsident vielleicht auch seine Affäre mit der Dame ohne Unterleib vergessen machen. Aber das ist eine andere Geschichte, und wir wollten hier ja nur nett zu Trump sein.