

Max Verstappen fluchend am Steuer. Das kennt man vom viermaligen Formel-1-Weltmeister. Mitunter hören sich die Klagen via Funk aus dem Cockpit so an, als sei es unmöglich, den Boliden halbwegs auf der Piste zu halten. Und dann taucht der Niederländer als Erster in der Rangliste auf. Am Freitagabend aber passte die Kaskade zum Ergebnis beim Qualifikationstraining für das Sprintrennen am Samstag (15 Uhr MEZ/Sky). Sechster, nachdem er mal die Dämpfer, dann das Getriebe, schließlich das gesamte Auto in den Senkel stellte. Es folgte eine vielleicht wegweisende Niederlage zu Beginn des entscheidenden Wettrennens um den WM-Titel.
Denn die McLaren-Fraktion, Verstappens Gegner im Titelkampf, beherrschte das erste Startplatzrennen des Wochenendes in Qatar. Oscar Piastri gewann die Pole-Position vor George Russell im Mercedes. Piastris Teamkollege Lando Norris wurde Dritter. Eine denkbar schlechte Ausgangsposition für den Jäger Verstappen, der – wie Piastri – 24 Punkte hinter Norris liegt in der Fahrer-WM, vor dem Sprint und zwei Grands Prix vor Ende der Saison. 58 Punkte sind noch zu gewinnen, aber auch manches zu verlieren: „Mit dieser Balance im Auto wird das nicht viel Spaß machen (im Sprintrennen/d. Red.)“, sagte Verstappen dem TV-Sender Sky, „da wird es ums Überleben gehen. Dann müssen wir die Veränderung finden für das richtige Qualifying.“
Verstappen: „So kann man nicht schnell fahren“
Red Bull hatte vor den ersten Runden auf dem „Lusail International Circuit“ am Freitagabend von gutem Terrain für den RB21 gesprochen, wegen der „schnellen“ und „mittelschnellen Kurven“. McLaren bestätigte diese Prognose. Die Realität aber schüttelte Verstappen durch: „Ich hatte von der ersten Runde an heftiges Bouncing (Auf- und Abwippen des Autos durch Strömungsabriss/d. Red.), dann Untersteuern, das bei höherer Geschwindigkeit zu Übersteuern führte. So kann man nicht schnell fahren, da sitzt man in der Klemme. Ein paar Sachen kann man dann noch verändern, aber das hat nicht richtig funktioniert.“ Im zweiten von drei Durchgängen fuhr der viermalige Weltmeister noch zur Bestzeit, einen Tick schneller als Norris und Piastri. Aber mit dem Wechsel von mittelharten Reifen auf die in Katar angebotene weichste, für eine Runde schnellste Gummimischung verlor er den Anschluss.
Nach Beobachtung von Red Bulls Sportdirektor Helmut Marko in dieser Phase auch die nötige Ruhe: „Es war nicht die Gelassenheit da“, sagte Marko, „das hat nicht geholfen, auch nicht der Ausritt.“ Erstmals in dieser Saison musste sich Verstappen seinem Teamkollegen Yuki Tsunoda geschlagen geben. Der Japaner, sonst ohne den Hauch einer Chance gegen Verstappen, überraschte mit Rang fünf. Ein Hinweis für dessen Aufwärtstrend, wenige Tage bevor vermutlich das Ende seiner Zeit bei Red Bull verkündet wird. Laut Marko wählte Tsunoda eine andere Abstimmung mit mehr Druck auf der Hinterachse, während Verstappen das Gegenteil wünschte. Gewaltig war der Unterschied nicht – eine Hundertstelsekunde. Im Schnitt ist Verstappen mindestens 0,4 Sekunden schneller als der Japaner. Das hätte für Platz drei gereicht. Aber diese Rechnung trügt. Es ist nicht sicher, dass Verstappen mit Tsunodas Abstimmung weitergekommen wäre. Nach dem Sprint bietet sich die Chance, für das zweite Startplatzrennen mit Blick auf den Grand Prix eine bessere Abstimmung zu finden.
Red Bull hofft auf Schützenhilfe
Während Piastri aus eigener Kraft den Rückstand vor dem Rennen am Sonntag (17 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Formel 1 und auf Sky) reduzieren kann – der Sieger gewinnt acht Punkte –, glaubt die Verstappen-Fraktion, auf andere angewiesen zu sein. „Russell und Alonso (Vierter im Aston Martin/d. Red.) stehen vorne und werden alles versuchen. Ich hoffe“, sagte Marko, „dass wir dadurch Schützenhilfe bekommen.“ McLarens Geschäftsführer Zak Brown sieht möglichen Attacken beim Start und im kleinen Rennen gelassen entgegen: „Es sieht gut aus. Das Auto ist stark. Oscar muss nur den Platz halten und Lando ein bisschen nach vorne kommen. Wir sollten uns aus allem raushalten.“ Die erste Trainingsstunde mit Piastri als Schnellstem vor Norris und der Verlauf des ersten Qualifyings sprechen für einen auf einer Runde schnelleren McLaren. Piastri zeigte nicht alles, was in seinem Boliden steckte: „Ich hatte einen Fehler. Aber es ist ganz schön, das sagen zu können, wenn man trotzdem auf der Pole-Position steht“, erzählte der Australier. Sein Chef Brown klopfte ihm verbal auf die Schulter nach einigen schwächeren Auftritten im Herbst, in denen er nach sieben Siegen sechs Mal in Serie nicht mehr unter die ersten drei kam: „Oscar ist zurück.“
Einer aber scheint die Kurve nicht mehr zu kriegen. Jedenfalls nicht mehr in dieser Saison: Lewis Hamilton. Vor knapp einer Woche in Las Vegas landete der siebenmalige Weltmeister im Qualifying auf dem letzten Rang, erstmals in seiner Formel-1-Karriere. Wortkarg reagierte er am Donnerstag in Katar auf Nachfragen zu seinem Problem mit und im Ferrari. Am Freitag musste er den Dienstwagen nach dem ersten Durchgang als 18. abstellen, vier Plätze hinter Nico Hülkenberg (Sauber), neun hinter seinem Teamkollegen Charles Leclerc. Ob es etwas Positives gebe, wurde der erfolgreichste Pilot gefragt. Seine Antwort: „Das Wetter.“
