
Dank der Plätze drei und vier beim Großen Preis von Singapur hat sich das Formel-1-Team McLaren sieben Rennen vor Saisonende die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft gesichert. Den Tagessieg sicherte sich am Sonntag Mercedes-Pilot George Russell. Der Brite gewann vor Weltmeister Max Verstappen. Nico Hülkenberg wurde 19.
McLaren ist mit nun 650 Punkten an den verbleibenden sechs Rennwochenenden nicht mehr einholbar. Mercedes baute auf Rang zwei den Vorsprung vor Ferrari aus. In der WM-Wertung liegt Oscar Piastri weiter vor Lando Norris und Max Verstappen. Am Rande des Rennens verkündete Toto Wolff, Teamchef und Mitbesitzer des Mercedes-Teams, die Vertragsverlängerung beider Piloten für das Jahr 2026: „Beide fix“, sagte der Österreicher.
Brown stolz und glücklich – Russell erschöpft
„Es ist unglaublich, großartige Arbeit von all den Frauen und Männern bei McLaren“, sagte McLaren-Chef Zak Brown bei Sky, „es ist so harte Konkurrenz. Es einmal zu schaffen, es zu wiederholen, ist ein süßer Erfolg. Wir konnten nicht an Max vorbeikommen, obwohl wir schneller waren.“ „Das fühlt sich unglaublich an, ich bin dem ganzen Team so dankbar“, sagte Sieger Russell, der sich während der Interviews wegen der großen Strapazen zwischendurch hinsetzte.
Russell stark
Russell kontrollierte vom Start weg das Rennen auf dem Marina Bay Circuit. Sein Mercedes arbeitete auf den mittelharten Reifen besser als der Red Bull von Verstappen, der auf weichen Pneus unterwegs war. Bis zum ersten Reifenwechsel am Wagen des Niederländers war der Vorsprung Russells fast bis auf zehn Sekunden angewachsen.
Reifenwechsel: Verstappen holt auf
Doch nach dem Reifenwechsel änderte sich das Stimmungsbild: Verstappens Bolide kam mit der harten Reifenmischung wesentlich besser zurecht als der Spitzenreiter – der Abstand schmolz und schmolz. Als der Vorsprung keine drei Sekunden mehr betrug, unterlief dem viermaligen Weltmeister etwas sehr seltenes: ein Fehler beim Anbremsen einer Kurve. Prompt war der Vorsprung wieder auf fünf Sekunden angewachsen.
Kurios verlief die erste Rennhälfte bei McLaren. Als Lando Norris in der 26. Runde gefragt wurde, ob er bei den anstehenden Boxenstopps seinen Teamkollegen Oscar Piastri den Vortritt gewähren würde, antwortete er zu erst mit „Ja.“. Und Sekundenbruchteile später seine Antwort zu revidieren: „Äh, nein!“ Sein folgender Reifenwechsel dauerte 2,1 Sekunden – McLarens Mechaniker arbeiteten top. Doch als WM-Spitzenreiter Piastri zum Service an die Box kam, klemmte es. Erst nach fünf Sekunden Startzeit ging es für den Australier weiter.
Humorvoller McLaren-Renningenieur
Schmunzeln durften die Zuhörer des Boxenfunks in der Mitte des Rennens: Norris schloss immer weiter zu Verstappen auf, beklagte sich aber bei seinem Renningenieur William Joseph über abbauende Reifen: „Ich habe in der ’schmutzigen‘ Luft (Luftverwirbelungen hinter einem vorausfahrenden Rennwagen, d. Red.) Probleme.“ Der Ingenieur antwortete trocken: „Verstappen hat Probleme in der sauberen Luft. Bleib‘ weiter dran!“
Russell ungefährdet
Vorne spulte Russell sein Programm ab, fluchte nur einmal in Runde 45 bei anstehenden Überrundungen: „Blaue Flaggen! Die sollen mich vorbeilassen!“ Insgesamt bereiteten die Überrundungen dem Engländer aber keine Probleme – sein Sieg schien nur noch Formsache zu sein.
George Russell sitzt am Boden und ist erschöpft
Sein Teamkollege Kimi Antonelli absolvierte im Ferrari-Sandwich auf Platz sechs die schnellste Rennrunde, allerdings lieferte sich der junge Italiener ein Battle mit Lewis Hamilton, der mehr als doppelt so alt wie der Youngster (19) ist. Wenige Runden vor dem Ende des Rennens schnappte sich Antonelli noch Charles Leclerc, der vor Hamilton ins Ziel kam. Der Brite absolvierte am Ende die schnellste Rennrunde, wurde aber nach dem Rennen mit einer 5-Sekunden-Strafe belegt und als Achtplatzierter gewertet. Er hatte wegen nachlassender Bremsen mehrfach die Strecke verlassen, was regelwidrig ist.
Kick Sauber mit Schrecksekunden
Für die beiden größten Schreckmomente im Nachtrennen sorgte das Team von Nico Hülkenberg. Zum einen rollte beim Boxenstopp von Teamkollege Gabriel Bortoleto ein abmontierter Reifen Richtung der schnellen Fahrspur. Ein Mechaniker sah das und hetzte dem Rad hinterher, um es aufzuhalten. Genau in diesem Moment passierte Yuki Tsunoda im Red Bull die Box von Sauber. Zum Glück ereignete sich keine Kollision, der Vorfall dürfte aber untersucht werden.
Zum anderen stand Hülkenberg selbst im Mittelpunkt – bei einem Malheur: In der 45. von 62 Runden wurde der Routinier von dem vor ihm fahrenden Franco Colapinto im Williams irritiert und blockierte beim Anbremsen seine Hinterreifen. In der Folge drehte sich der Rennwagen des Deutschen, allerdings konnte er weiterfahren. Doch mehr als Rang 19 war am Ende für „Hülk“ nicht drin.
Verstappen wehrt Norris-Angriff souverän ab
In der Schlussphase des Rennens konnte Norris noch zu Verstappen aufschließen, den entscheidenden Angriff aber wehrte der viermalige Champion aus den Niederlanden stark ab.