
Eine Farmer-Initiative auf Bali, die den Reisanbau mit regenerativen Methoden von Grund auf neu denkt; ein Pilotprojekt aus China, das datengestützte Strategien und verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse nutzt, um gegen die massive Lebensmittelverschwendung im Land anzukämpfen; ein innovativer Sensor, der Kleinbauern weltweit dabei helfen soll, die Bodenfeuchtigkeit zu bestimmen und so wertvolles Wasser zu sparen: Insgesamt sechs Initiativen waren dieses Jahr für den „Food Planet Prize“ nominiert, der mit zwei Millionen Euro dotiert ist.
Seit 2020 zeichnet der „Food Planet Prize“ Initiativen aus, die Großes bewirken sollen: einen Wandel im weltweiten Ernährungssystem, hin zu einer nachhaltigeren Zukunft. Damit adressiert er eine der drängendsten Krisen unserer Zeit. Denn Ernährung und Landwirtschaft sind für rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Ko-Vorsitzende sind der renommierte Klimawissenschaftler Johan Rockström vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung sowie der Spitzenkoch Magnus Nilsson, der einst das „Fäviken“ in Schweden gegründet hatte.
„Die Art und Weise, wie wir Lebensmittel produzieren, hat große Auswirkungen auf das Klima“, sagt Rockström. Doch das sei nicht das einzige Problem. „Das ist bekannt, aber es ist noch viel ernster und schwieriger als das, denn es ist auch die Hauptursache für den Verlust der biologischen Vielfalt, für die Ausweitung der Landnutzung durch den Menschen in natürliche Ökosysteme und der größte Verbraucher von Süßwasser, Stickstoff und Phosphor.“ Um die Transformation voranzubringen, bleibe nicht mehr viel Zeit. Und um eine Weltbevölkerung von neun bis zehn Milliarden Menschen in Zukunft ernähren zu können, brauche es vor allem skalierbare Lösungen. Sein Credo: Eine nachhaltige Ernährung für alle ist keine Utopie. „Das ist definitiv machbar! Aber es müssen wirklich skalierbare Lösungen gefunden werden, die alles umfassen: von der Bodenbewirtschaftung über das Frischwassermanagement bis hin zu krankheitsresistenten Nutzpflanzen und der Produktion von Stickstoffdüngern, die im Einklang mit unserem Planeten stehen.“
„Wir gehen bewusst mehr Risiko ein“
Der „Food Planet Prize“ setzt dabei auf Zukunftspotential. „Fast alle anderen Preise bekommt man für etwas, das man bereits gemacht hat und das erfolgreich war. Wir zeichnen das Potential einer Idee aus“, erklärt Nilsson. „Das Geld gehört den Gewinnern, sie können es nutzen, wie sie wollen. Wir gehen also bewusst mehr Risiko ein, aber das ist auch nötig.“
Nilsson selbst ist als Koch dafür bekannt, großen Wert auf die Beschaffung lokaler Produkte zu legen und damit kleine Produzenten innerhalb des Landes zu unterstützen. Hinter dem Preis steht die „Curt Bergfors Foundation“ aus Schweden. Das Gründungskapital für die Stiftung stammt aus dem Privatvermögen des Gründers, der sein Geld in den 1970er Jahren mit der Burgerkette „MAX“ gemacht hatte. „Aber wir sind unabhängig. Wir werden von einem Vorstand geführt, in dem die Posten nach Fachkenntnissen besetzt werden, und wie alle Stiftungen in Schweden stehen wir unter der Aufsicht einer Regionalregierung, in unserem Fall in Norrbotten, aus der Curt stammt“, so Nilsson.
Projekte aus aller Welt können sich für den Preis bewerben, in diesem Jahr gab es mehr als 1000 Einreichungen. Der Auswahlprozess erstreckt sich über 16 Monate. In der internationalen Jury sitzen renommierte Experten aus verschiedenen Fachgebieten, von Wissenschaftlern bis hin zu Farmern. Lindiwe Majele Sibanda ist eine von ihnen: außerordentliche Professorin an der Fakultät für Natur- und Agrarwissenschaften der Universität Pretoria, Vorsitzende des CGIAR Integrated Partnership Board, der globalen Forschungsgesellschaft für eine ernährungssichere Zukunft, und selbst auch Farmerin. Sie sagt, sie seien immer auf der Suche „nach Innovationen, die das Ernährungssystem positiv verändern können“. Es gehe um Lösungen, „die wir in großem Maßstab ,vom Feld auf den Teller‘ und darüber hinaus umsetzen können“.
Der Gewinner in diesem Jahr ist „NitroCapt“, ein Start-up aus Schweden, das eine neue Technologie entwickelt hat, um Stickstoff direkt aus der Luft zu fixieren. Herkömmliche Düngemittel werden über das Haber-Bosch-Verfahren hergestellt, das mit fossilem Gas betrieben wird. „Stattdessen wenden wir ein völlig anderes Verfahren an, bei dem Stickstoff in der Luft mit einem Plasma oxidiert wird, das mit Strom betrieben wird. Wir können es also vollständig erneuerbar machen“, sagt CEO Gustaf Forsberg. Und da die derzeitige Industrie für mehr als zweieinhalb Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, kann dies einen enormen Einfluss auf das Klima haben. Außerdem lasse sich die Technologie gut im großen Maßstab umsetzen, da alles, was dafür benötigt wird, lokal verfügbar ist.
Die Begründung der Jury: „Diese Technologie reduziert den Energieverbrauch um das Zehnfache, kann vor Ort produziert werden, kommt gänzlich ohne fossile Brennstoffe aus und produziert gleichzeitig einen Nitratdünger, der die Bodengesundheit verbessern kann und von Landwirten auf der ganzen Welt nachhaltig genutzt werden kann.“
Forsberg betont, dass es nicht die eine Lösung für ein nachhaltiges Ernährungssystem gibt: „Die Welt muss in viele verschiedene Arten von Lösungen investieren: mehrjährige Pflanzen, stickstoffbindende Bakterien, die Rückführung von Abfallströmen aus der Gesellschaft auf das Feld, die Förderung der biologischen Vielfalt sowie nachhaltigere Methoden zur Ausbringung von Düngemitteln auf dem Feld. Wir sind darauf angewiesen, dass alle zusammenarbeiten, um all diese Lösungen zu entwickeln.“