Flugzeuge: Lockheed Super Star und JU 52 in Frankfurt

Ursprünglich sollte die 1957 gebaute Lockheed Super Star der Lufthansa nach grundlegender Restaurierung wieder aus eigener Kraft über den Atlantik nach Deutschland fliegen. Der Konzern hatte geplant, das viermotorige Langstreckenflugzeug im amerikanischen Auburn wieder aufbauen und für jene Transatlantikpassagen startklar machen zu lassen, die einst den legendären Ruf der Super Star begründet hatten. Doch es kam anders. Nach zehn Jahren akribischer Rekonstruktion beschloss der Konzernvorstand der Lufthansa 2018 das Projekt, die Lockheed Super Star L-1649A wieder in die Luft zu bringen, zu stoppen. Ein wesentlicher Grund dürften die zu diesem Zeitpunkt bereits auf 150 Millionen Euro gestiegenen Kosten gewesen sein. Diese Summe wurde damals vom Vorstand genannt.

Im Jahr 2019 gelangte die Super Star zwar nach Deutschland, aber nicht aus eigener Kraft. Sie wurde in ihre Einzelteile zerlegt und über den Seeweg geschickt. Zielhafen: Bremen. Inzwischen war geplant, die Super Star und einen weiteren legendären Oldtimer der Luftfahrt, eine Junkers JU 52, im neuen Konferenz- und Besucherzentrum neben der Konzernzentrale am Frankfurter Flughafen auszustellen. Der Zeitplan stand von Beginn an fest: Bis zum 100. Gründungsjubiläum der ursprünglichen Lufthansa 2026 sollten die Flugzeuge die Ausstellungshalle des neuen Zentrums zieren.

Dan Raineri hat die Transporte der Flugzeuge geplant.
Dan Raineri hat die Transporte der Flugzeuge geplant.Anjou Vartmann

An dieser Stelle kommt Dean Raineri von der Deutschen Lufthansa Berlin-Stiftung ins Spiel. Sein Job war es, den Transport dieser beiden legendären Flugzeuge nach Frankfurt zu organisieren. Komplexe Projekte zu planen, gehörte für den Maschinenbauer Raineri über Jahrzehnte hinweg zum Tagesgeschäft. Er war als Leiter Maintenance Readiness bei der Lufthansa Technik für die Einführung neuer Flugzeugtypen zuständig. In dieser Funktion verantwortete er die gesamte Infrastruktur, die für Betrieb und Wartung neuer Flugzeugtypen notwendig ist. So war er etwa an der Einführung der Boeing 747-8, der Boeing 777F, dem Airbus A380 und dem Airbus A350 maßgeblich beteiligt.

Raineri musste für diesen speziellen Auftrag aber gedanklich einen Zeitsprung absolvieren – und zwar zum Ende der Fünfzigerjahre. Denn die Lockheed Super Star markierte damals sowohl die letzte Entwicklungsstufe der berühmten Con­stellation-Reihe, aber auch das Ende der Propeller-Flugzeuge im Liniendienst der Airlines. Das Düsenzeitalter war im Anflug, bei der Lufthansa mit der vierstrahligen Boeing 707.

Ein Stück deutsche Geschichte: Die Junkers Ju 52 steht noch ohne Flügel und Propeller im neuen Besucherzentrum.
Ein Stück deutsche Geschichte: Die Junkers Ju 52 steht noch ohne Flügel und Propeller im neuen Besucherzentrum.Anjou Vartmann

Die Super Star haben Flugzeugmechaniker der Lufthansa Technik vor dem Transport grundlegend ertüchtigt. Der Rumpf ist zum größten Teil erneuert worden, auch weil das Flugzeug zwischenzeitlich zum Frachter umgerüstet worden war, wie Raineri erläutert. In Frankfurt sollte wieder die ursprüngliche Passagier-Variante des Langstreckenflugzeugs zu sehen sein.

Tante JU war ein fliegendes Denkmal

Die JU 52 mit dem historischen Kennzeichen D-AQUI aus dem Bestand der Stiftung war dagegen bis 2018 als fliegendes Denkmal im Einsatz, nachdem sie Mitte der Achtzigerjahre von Lufthansa Technik restauriert worden war. 2019 fiel aber auch für die gerne „Tante JU“ genannte Junkers die Entscheidung, sie aus dem Flugbetrieb zu nehmen. Festgestellte Schäden an der Triebwerksaufhängung hätten noch einmal eine immens kostspielige Instandsetzung erforderlich gemacht, um die dreimotorige Maschine flugfähig zu halten.

Auch sie wurde demontiert und per Tieflader nach Frankfurt gebracht, um sie dort auszustellen. Der Transport der Super Star war für Raineri wohl die anspruchsvollere Aufgabe. Schließlich zählte die Lockheed mit einer Länge von fast 35,50 Metern Länge, 45,70 Metern Flügelspannweite und einer Höhe von 7,60 Metern zu den größten Maschinen ihrer Zeit.

Sie wurde vor der Reise zerlegt. Rumpf, Tragflächen, Seitenleitwerk und die vier Triebwerke wurden getrennt transportiert. Dennoch bedeutete jeder einzelne Transport per Sattelschlepper wegen der gewaltigen Dimensionen eine enorme logistische Herausforderung, wie Raineri berichtet. Die Etappenziele selbst standen fest: Vom ersten Kurzzeitlager in Bremen zu einem Zwischenlager nach Paderborn, dann weiter nach Hamburg zur Lufthansa Technik, wo das Flugzeug komplett aufgebaut und anschließend wieder transportreif zerlegt wurde. Im Juli ging es für die Super Star von dort aus weiter zum Flughafen Münster/Osnabrück. Dort wurde sie im historischen Design lackiert und anschließend nach Frankfurt transportiert.

Hat einen großen Kurvenradius: Der Rumpf der Super Star bei der Einfahrt auf den Frankfurter Flughafen
Hat einen großen Kurvenradius: Der Rumpf der Super Star bei der Einfahrt auf den Frankfurter FlughafenLando Hass

Doch bevor sich die Lockheed Super Star überhaupt auf den Schwerlasttransportern auf den Weg machen konnte, musste minutiös geprüft werden, auf welcher Strecke es überhaupt möglich sein würde, den Schwerlastauflieger mit dem 33 Meter langen, 16 Tonnen schweren und gut vier Meter hohen Flugzeugrumpf bis nach Frankfurt zu transportieren. Klar war von vornherein, dass Schwertransporte dieser Dimension nur nachts erlaubt würden, um ein Verkehrschaos zu vermeiden, wie Raineri sagt.

Ertüchtigung: Ein Mechaniker arbeitet am Fahrwerk der Super Star.
Ertüchtigung: Ein Mechaniker arbeitet am Fahrwerk der Super Star.Anjou Vartmann

Heikel blieben die Fahrten aber trotzdem. Wie heikel, lässt sich schon daran ablesen, dass die Gesamthöhe des größten Transports mit dem Rumpf der Super Star auf dem Schwerlastauflieger nur wenige Zentimeter unter 4,50 Meter lag. Die übliche Durchfahrtshöhe deutscher Autobahnbrücken liegt aber zwischen 4,50 und 4,70. Raineri musste also vor Fahrtantritt klären, ob alle Brücken und sonstige Engpässe auf der ins Auge gefassten Strecke gefahrlos zu passieren seien würden oder ob ein Umweg nötig werden würde. Die beauftragte Spedition Gruber ist auf solche Transporte spezialisiert und bereitet solche Touren mit digitalen 3D-Modellen der transportierten Stücke vor, um die Höhen und die Radien beim Ausschwenken in Kurven genau berechnen zu können.

Zentimetergenau durch mehr als 200 Brücken

Allein auf der Strecke zwischen Paderborn und Hamburg musste der Transport mit dem Rumpf beispielsweise 210 Brücken passieren. „Bei sechs davon betrug der Spielraum nur wenige Zentimeter“, erläutert Raineri. Deshalb wurde der Auflieger mit dem langen Rumpfstück per Hydraulik so weit abgesenkt, dass es un­beschadet hindurchmanövriert werden konnte. Ein mehr als 30 Meter langer Schwertransport mit einer Breite von bis zu 6,40 Meter und rund sieben Meter Überhang am Heck bleibt aber nicht nur leicht unter Brücken stecken. Ein solcher Koloss lässt sich auch nicht um jede beliebige Kurve bugsieren. Also musste auch das bei der Streckenauswahl bedacht werden.

Rainieri begleitete selbst als Ko-Pilot einige der Transporte. Das heikelste seien nicht einmal die vielen Brücken und Engpässe gewesen, die man entweder im Schritttempo passiert oder über Umwege umfahren habe. Das Nervigste seien kurzfristig eingerichtete Baustellen gewesen, auf die man sich nicht vorab habe vorbereiten können, sagt Raineri.

Er hat seinen Job im Grunde nun erledigt, die beiden Legenden der Luftfahrt haben Frankfurt wohlbehalten erreicht. Nun sind wieder die Flugzeugmechaniker der Lufthansa Technik aus Hamburg am Zug. Acht von ihnen sind nach Frankfurt gekommen, um die Lockheed Super Star noch einmal zusammenzubauen. Einer davon ist Flugzeugmechaniker Helge Huber. Ob der Hamburger die ursprünglich hydraulisch unterstützte Seilzugsteuerung der Ruder erklärt oder das in Neuzustand versetzte Bugfahrwerk des 68 Jahre alten Flugzeugs, jeder Satz ist getragen von einer Leidenschaft für die Super Star, die er mit Raineri teilt.

Als der heute 69 Jahre alte Raineri die berufliche Altersgrenze erreicht hatte, war bald klar, dass er sich für die Deutsche Lufthansa Berlin-Stiftung um die Flugzeugklassiker kümmern würde. 1986 hatte die Deutsche Lufthansa AG die Stiftung mit dem Auftrag gegründet, historische Flugzeuge zu erhalten und zu restaurieren. 2007 konnte die Stiftung drei Maschinen des Typs Lockheed Super Star erwerben, damals noch mit dem Ziel, eine davon einmal wieder fliegen zu lassen. Dass daraus am Ende nicht geworden ist, betrübt auch die Luftfahrtenthusiasten Raineri und Huber. Es überwiegt aber bei beiden die Freude darüber, dass diese legendären Flugzeuge nun in Frankfurt als Ausstellungsstücke zu erleben sein werden und nicht irgendwo verschollen sind.