Flugzeugabsturz in Washington: Suchen nach der Unglücksursache – Panorama

Seit Tagen werden die Toten aus dem trüben Fluss geborgen, dem Potomac River am Rande von Washington. Keiner der 67 Insassen hat den Zusammenprall eines Linienflugzeuges und eines Armeehubschraubers nahe des Reagan National Airports am Mittwochabend überlebt, das stand schnell fest. Aber wie konnte so ein Unglück in einem der theoretisch am besten bewachten Lufträume der Welt passieren, in Sichtweite des Kapitols und unweit des Weißen Hauses? Die Antwort ist auch für die Flugsicherheit in den USA nicht ganz unerheblich.

Der Flughafen wurde am Freitag wieder geöffnet, allerdings mit sehr gebremstem Betrieb. Auch sind bis auf Weiteres die Helikopterflüge in der Umgebung verboten, denn als ein sehr grundlegendes Problem gilt der chronisch überfüllte Luftraum der Hauptstadt. Nicht nur starten und landen nahezu im Minutentakt Verkehrsmaschinen – dies ist einer der meistfrequentierten Flughäfen Amerikas, gleichzeitig sind hier täglich ungefähr hundert Helikopter von US Army, Polizei und Regierung unterwegs. Am Tag vor der Katastrophe musste bereits ein anderer Jet die Landung abbrechen, um einem Hubschrauber auszuweichen.

Für die Opfer und ihre Familien kommt jedes Verbot und jede Ermittlung zu spät, es war der tödlichste Unfall der amerikanischen Luftfahrt seit mehr als 20 Jahren. Taucher können im eisigen Wasser nur noch nach den letzten Leichen suchen, zuletzt bei Regen und Wind. 64 Menschen saßen in dem Regionaljet von American Airlines auf dem Weg von Wichita in die Hauptstadt, darunter mehrere Eiskunstläufer, auch die früheren Weltmeister Yevgeniya Shishkova, 52, and Vadim Naumov, 55. Eine Gruppe von Freunden war auf der Rückreise von einer Entenjagd in Kansas.

Laut US-Medien war der Tower unterbesetzt

Wenige Sekunden fehlten bis zur Landebahn, als ein Black Hawk mit drei Soldaten an Bord in die Bombardier CRJ700 krachte. Videos zeigen die Kollision inzwischen aus verschiedenen Blickwinkeln die Kollision. Die New York Times berichtet, dass der Hubschrauber in einer Höhe von 300 Fuß flog, gut 90 Meter – zu hoch, es hätten 200 Fuß sein sollen, 60 Meter. Warum, das ist nach wie vor ein Rätsel. Laut Washington Post wurde die Besatzung des Hubschraubers zwei Minuten vor dem Crash das erste Mal vor einem nahenden Flugzeug gewarnt, der letzte Alarm ging über Funk zwölf Sekunden vor dem Zusammenstoß ein, gegen 20:48 Uhr.

In den Trümmern wurden mittlerweile die beiden Flugschreiber gefunden, die Auswertung der Black Boxes wird dauern. Mutmaßungen und Kritik machen längst die Runde. US-Medien erfuhren, dass der Tower zum Zeitpunkt des Unfalls unterbesetzt gewesen sei. Offenbar erledigten zwei Kontrolleure die Arbeit, die gewöhnlich für vier Fluglotsen vorgesehen ist. Trump berief sogleich einen neuen FAA-Chef. Auch riet das US-Bundesamt für Personalmanagement FAA-Mitarbeitern am Tag nach dem Desaster, sich neue Jobs zu suchen, trotz des Personalmangels.

Angestellte zu feuern ist eine beliebte Reaktion des US-Präsidenten, obendrein verstört er mit üblen Unterstellungen. Kurz gesagt meint Trump, dass die demokratischen Vorgängerregierungen schuld seien, vor allem Joe Biden. Die Biden-Administration habe „gefährliche Taktiken“ von „Diversität, Gleichstellung und Inklusion“ angewendet und Personen „mit schweren geistigen Beeinträchtigungen“ bei der Flugsicherheitsbehörde FAA anwerben lassen, behauptet Trump ohne jede Grundlage. Ob er damit sagen wolle, dass der Absturz eine Folge von Gleichstellungspolitik sei, fragte ein Reporter. „Vielleicht war es so“, antwortete Trump, „wir wissen es nicht.“

Experten widersprechen  dem Präsidenten

Wie er darauf komme, hakte jemand nach. „Weil ich einen gesunden Menschenverstand habe, ok, und leider haben viele Leute den nicht“, erwiderte Trump. Zwar wundern sich die meisten Menschen bei ihm über nichts mehr, doch diese Hetze sorgt für besonderes Entsetzen. Statt zur Trauer werde die Tragödie dazu benutzt, „marginalisierte Menschen zu dämonisieren, während  weiterhin Rechte beschnitten werden“, schreibt die Demokratin und Abgeordnete Summer Lee auf X. „Nicht um Fakten mitzuteilen, nicht um Beileid zu bekunden – nur um eine bigotte politische Agenda durchzusetzen. Ekelhaft.“

Niemand werde aufgrund von Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung bevorzugt, erläuterte ein ehemaliger FAA-Beamter dem Sender ABC News. Wer Fluglotse werden wolle, der müsse sich Tests über Gesundheit, Psyche und sonstiger Eignung unterziehen, so FAA-Vize Chris Wilbanks. 2022 hätten sich 57 000 Interessenten beworben und 2400 von ihnen qualifiziert, nach Tag eins des Training seien deren 1000 übrig geblieben geblieben. 72 Prozent würden es erst durch die Ausbildung schaffen und nur 60 Prozent davon bis zum letzten Tag. Vier Jahre dauert das, Bewerber müssten jünger als 31 sein und mit 55 in Rente gehen.

Zahlen der FAA zeigen, dass sich seit der ersten Ära Trump bis zur Ära Biden an der Auswahl wenig geändert hat. Doch Tatsachen sind Trump egal. Die Warnungen aus dem Kontrollturm seien sehr spät gekommen, sagte Trump und kritisierte auch die tote Besatzung des Black Hawk, bevor er am Freitag nach Florida flog. „Die Leute im Hubschrauber hätten sehen müssen, wohin sie fliegen.“ American Airlines fliegt derweil wieder zwischen Wichita und Washington, aber mit anderer Flugnummer. Den Flug AA 5342 gibt es seit dem 29. Januar 2025 nicht mehr.