

Fliegen wird wieder teurer. Die Gebühren für staatliche Lotsendienste und die staatlich festgesetzte Gebühr für Sicherheitskontrollen werden 2026 wohl weiter steigen. Die Bundesregierung hat der Branche Entlastung versprochen, stattdessen liefert sie zusätzliche Belastung. Die staatlichen Abgaben – Luftverkehrsteuer und diverse Gebühren – haben sich seit 2019 in Summe verdoppelt und erreichen im internationalen Vergleich Spitzenwerte.
Schon die Höhe der Abgaben ist eine Last. Diese wiegt für die heimischen Fluggesellschaften jedoch besonders schwer, weil ausländische Konkurrenten sanfter davonkommen können. Mit den Brüsseler Vorgaben ist es ähnlich. Es wurde Politik zum Wohl der Wettbewerber von außerhalb der EU gemacht.
Weder in der Öffentlichkeit noch in der Politik wird ausreichend verstanden, dass Luftfahrt eine global vernetzte Branche ist. Ihre Dienstleistungen – die verkauften Flüge – und die dazu nötigen Transportmittel bewegen sich permanent über Grenzen hinweg. Die Regulierungen hingegen entspringen oft einem Geist, als seien die betroffenen Länder allein auf der Welt.
Für die Lufthansa mag es noch darum gehen, ob sie in Frankfurt ein paar Flüge mehr oder weniger füllen kann. Die größere Frage lautet aber, wie sich internationale Verkehrsströme entwickeln und ob diese künftig an Deutschland vorbei fliegen.
Das Wachstum findet woanders statt
Die hohen deutschen Abgaben treffen zwar jeden Abflug hierzulande. Auch Ryanair kann nicht mit weniger staatlichen Lasten starten als Lufthansa. Allerdings: Der Lufthansa-Konzern setzt von Frankfurt aus mehr als 200 Flugzeuge ein. Ryanair hat seine Flugzeuge über Europa verteilt und will sich nun in ganz Deutschland mit 29 Flugzeugen begnügen. Insgesamt bietet Ryanair keinen Flug weniger an, es werden sogar mehr: Das Wachstum findet jedoch woanders statt, wo Abgaben niedriger sind.
Es kann nicht im deutschen Interesse sein, dass die Deutsche Lufthansa es genauso macht. Ihre jüngsten Streckenstreichungen deuten aber an, dass es genauso kommen wird, wenn der deutsche Kostenwucher nicht endet. Hohe nationale Abgaben haben eine Lenkungswirkung, im länderübergreifenden Standortwettbewerb stärken sie das Ausland.
Auch bei der Festlegung der Beimischungspflichten für alternatives Kerosin in der EU zwecks Klimaschutz kam der Gedanke zu kurz, dass es nicht nur um Verkehr im Binnenmarkt geht. Innereuropäisch kann eine Fluggesellschaft zwar hohe Kosten, aber keinen Wettbewerbsnachteil beklagen. Für den Verkehr über die Außengrenzen des Binnenmarktes ist das anders.
Eine Fluggesellschaft, die Reisende nach Thailand oder Tokio in Istanbul oder den Emiraten umsteigen lässt, muss kostenträchtige EU-Vorgaben nämlich nur für die erste kurze Etappe erfüllen. Das ist ein in Brüssel gemachter Vorteil für Turkish Airlines und Qatar Airways und ein Nachteil für Lufthansa und Co., die nonstop fliegen. Dieser Nachteil wäre vermeidbar gewesen.
Nicht nur für Airlines ist es bitter
Es geht um mehr als die Frage, ob Passagiere für den Weg von Frankfurt nach Asien von einer Airline zur anderen wechseln könnten. An Bord eines Fluges von Frankfurt gen Fernost sind die Passagiere, deren Reise erst in der Mitte Deutschlands beginnt, in der Minderheit. Die Mehrheit kommt schon mit einem Zubringerflug: Und wer von irgendwo in Europa nach Singapur oder Tokio will, hat die Wahl, in Frankfurt oder Istanbul umzusteigen. Der zweite Weg gerät nun günstiger.
Das ist auch für deutsche Flughäfen bitter. Frankfurt war, gemessen an der Zahl der möglichen Umsteigeverbindungen, lange Weltmeister. Nun ist es Istanbul. Die Verschiebung der Reiseströme hat also längst begonnen. Die Gesamtzahl der Reisenden von Europa nach Asien sinkt nicht, aber ihre Wege verändern sich. Das kann Arbeitsplätze in Deutschland kosten. An einem Flugzeug hängen nicht nur Piloten und Flugbegleiter; über Caterer, Gepäckverlader und Techniker sind es rund 200 Stellen. Die sind künftig im schlechtesten Fall woanders nötig, nicht mehr in Deutschland. Im nächsten Schritt richten dann auch Unternehmen anderer Branchen ihre Standortentscheidungen an den neuen Reiseströmen aus.
Fluggesellschaften können nicht darauf pochen, von Abgaben verschont zu werden – zumal die Klimafolgen des Fliegens groß sind. Aktuell erleben sie aber staatlich verordnete Nachteile im globalen Standortwettbewerb. Für das Klima bringt es jedoch nichts, wenn erst Emissionen und dann Arbeitsplätze und Wertschöpfung ins Ausland verschoben werden. Luftfahrt ist ein weltweit vernetztes Geschäft. Eine Politik, die das nicht versteht oder ignoriert, fliegt auf falschem Kurs. Sie birgt das Risiko, dass die heimische Wirtschaft insgesamt aus diesem Netz herausrutscht.
