
Mit einer phasenweise perfekten Tennis-Gala hat Jannik Sinner zum ersten Mal das Wimbledon-Finale erreicht. Novak Djokovic war komplett chancenlos und verlor nach einer Vorführung über nicht mal zwei Stunden mit 3:6, 3:6 und 4:6.
Im Endspiel am Sonntag (Live-Ticker bei sportschau.de) trifft Sinner nun auf Carlos Alcaraz, der spanische Titelverteidiger hatte zuvor Taylor Fritz aus den USA in vier Sätzen bezwungen. Auf seinen 25. Grand-Slam-Titel muss Djokovic damit weiter warten – dass es für den 38-Jährigen in Wimbledon dazu noch einmal reicht, erscheint sehr zweifelhaft.
„Unglaublich, ich kann es nicht fassen. Als ich jung war, habe ich das Turnier immer im Fernsehen geschaut. Ich hätte nie gedacht, dass ich hier mal im Finale stehe“, sagte Sinner anschließend. Was am Sonntag komme, wisse er nicht, fügte er mit einem Lachen an: „Wir haben alle das letzte Finale gesehen.“
Klassenunterschied vom ersten Ballwechsel an
Die Fans auf dem Center Court hatten sich sicherlich auf ein spannendes Spiel zwischen der langjährigen und der aktuellen Nummer eins der Weltrangliste gefreut – doch gleich der erste Satz offenbarte einen Klassenunterschied.
Sinner servierte in einer unglaublichen Qualität, gewann alle Punkte, in denen sein erster Aufschlag kam. Stopps, Lobs, Volleys und vor allem die Schläge von der Grundlinie wirkten phasenweise wie bei einem Tennislehrer mit seinem Schüler: Mehrfach zuckte Djokovic genervt mit den Schultern, was er auch versuchte – der Südtiroler hatte die passende Antwort. 33 Minuten dauerte der Durchgang, sein zweites Break nutzte Sinner zum Satzgewinn.
Fans geben alles – es hilft nicht
Und es ging nahtlos so weiter. Auch im zweiten Durchgang verlor Djokovic schnell seinen Aufschlag und wirkte erstaunlich früh resigniert. Das war aber auch irgendwie nachvollziehbar. Der Serbe spielte weiter variabel, rückte vor, brachte Stoppbälle an. Doch im gleichen Rhythmus kassierte er krachende Passierschläge, oder Sinner erlief die Stopps und haute sie dem „Djoker“ um die Ohren.
Resigniert im Halbfinale gegen Jannik Sinner: Novak Djokovic
Als es bei 4:2 und Aufschlag Sinner dann mal 0:15 stand, versuchten auch die Fans alles: „Nole, Nole“ riefen sie den serbischen Spitznamen, der wirkte fast demütig . Er verlor aber auch dieses Spiel, weil der 1,91-Meter-Hüne auf der anderen Seite gefühlt jeden Ball erlief. Hinzu kam, dass Djokovic bei seinem zweiten Aufschlag keinen Druck machte oder machen konnte: Er gewann im kompletten zweiten Durchgang keinen Punkt damit.
Oberschenkelprobleme und Medical Timeout
Nach dem verlorenen zweiten Satz holte er den Physio. Ob es die Spätfolgen seines spektakulären Sturzes kurz vor Ende seines Halbfinalsieges gegen Flavio Cobolli waren oder frische Probleme aus dem aktuellen Match – die Schmerzen während der Behandlung im linken Adduktorenbereich waren ihm anzusehen.
Nach mehreren Minuten kam Djokovic zurück, doch bei längeren Ballwechseln waren die Probleme nicht zu übersehen. Trotzdem stand kurze Zeit später der Center Court kopf: Djokovic schaffte tatsächlich sein erstes Break, führte 2:0 im dritten Durchgang und legte auch das 3:0 nach.
Djokovic verspielt Führung – und wird sauer
Das Publikum inclusive Legenden wie Björn Borg oder Leonardo Di Caprio war jetzt voll da, Djokovics Oberschenkel schien zu halten – doch Sinner blieb Sinner. Total unbeeindruckt powerte er einfach weiter von der Grundlinie, returnierte noch konzentrierter und breakte sich gleich doppelt zurück in diesen Satz – im Blitztempo war die schöne Führung von Djokovic wieder Vergangenheit.
Der Altstar schien zu wissen, dass er in diesem Satz keine erneute Wende hinbekommen würde, doch seine Box feuerte ihn unermüdlich weiter an und gab ihm ständig Anweisungen, was er zu tun habe. In einer Spielpause platzte Djokovic dann der Kragen, er gestikulierte wütend, kniff sich mit den Fingern die Lippen zusammen und rief: „Ich will jetzt kein Wort mehr von euch hören! Guckt einfach das Spiel, setzt euch hin und seid ruhig.“