FIFA und EA: Bin Salmans Einkaufskorb

Äpfel und Birnen soll man nicht vergleichen. Aber manchmal hilft es ein bisschen, um Größenverhältnisse zu verdeutlichen. Also: der französische Rechnungshof teilte am Montag mit, die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2024 samt diverser Infrastrukturprojekte hätten die öffentlichen Kassen 6,6 Milliarden Euro gekostet. Das war der Apfel. Nun zur Birne: Am selben Tag wurde die größte Firmenübernahme durch Finanzinvestoren angekündigt, die es bislang gegeben hat. Zum Preis von 55 Milliarden Dollar, knapp 46,8 Milliarden Euro, übernehmen drei Investoren den Videospielehersteller Electronic Arts (EA). Das Trio: Die Beteiligungsgesellschaften Silver Lake und Affinity Partners und der saudische Staatsfonds PIF.

Silver Lake hat sich gerade an der Übernahme des US-Geschäfts von TikTok beteiligt, hinter Affinity Partners steht Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, aber mehr zu sagen als der saudische Kronprinz und Machthaber Muhammad Bin Salman hat bei EA in Zukunft vermutlich niemand. PIF hielt bereits knapp zehn Prozent der Anteile an der Firma und wird nun Mehrheitseigner. Saudi-Arabien ist der größte Treiber im Gaming-Markt: im Frühjahr hat das PIF-Vehikel Savvy Games den Smartphone-Spieleentwickler Scopely (Hit: Pokémon Go) übernommen, PIF hält Anteile am Entwickler Take-Two und am Konsolenhersteller Nintendo, 2027 finden die ersten Olympischen E-Spiele in Riad statt.

Kaum ein Spiel wird an Saudi-Arabien vorbeilaufen

Mit der Übernahme schließen sich mehrere Kreise. Auch dieser? EAs Bestseller ist die mehr als 30 Jahre alte, früher unter dem Akronym „FIFA“ bekannte Fußball-Simulation. Vor wenigen Tagen wurde die jüngste Ausgabe EA Sports FC 26 veröffentlicht. 2022 hatte der Internationale Fußballverband FIFA die Partnerschaft mit EA beendet, FIFA-Präsident Gianni Infantino eine eigene, „die beste“ Fußballsimulation angekündigt – sie lässt weiter auf sich warten. Nun liegen die FIFA und EA in Bin Salmans Einkaufskorb, fast wie Apfel und Birne.

Der Gedanke, dass der Kronprinz, dessen intensives Faible für das digitale Gezocke nun wahrlich kein Palastgeheimnis ist, sich zu seiner Fußball-Weltmeisterschaft, die ihm von Infantino für 2034 zugesprochen wurde, seine eigene Simulation programmieren lässt, ist so naheliegend, dass man sich fast wundert, dass nicht mit der Verkündung der Übernahme schon der erste Reveal-Trailer hochgeladen wurde. (Fußnote: Eine Frage der F.A.Z. an die FIFA bezüglich einer Wiederaufnahme der Kooperation wurde mit Nichtwissen beantwortet.)

Fest steht: Kaum ein Spiel wird an Saudi-Arabien vorbeilaufen. Künstliche Intelligenz soll Kosten drücken und Profite der neuen Eigentümer steigern. Die Grenzen zwischen konventionellem Fernsehen, Social-Media-Konsum und Gaming verschwimmen ohnehin. Und wie mit Pokémon Go hat Saudi-Arabien einen gewaltigen Schatz eingekauft, dessen Wert steigen und steigen wird: Nutzerdaten. Angesichts dieser Gewinnerwartungen sei an den Wert der Meinungsfreiheit im Land des wichtigsten Gamers der Welt erinnert: Unter den vom 1. Januar bis Anfang August 2025 wenigstens 241 Hingerichteten in Saudi-Arabien ist Turki Al-Jasser. Zuvor gefoltert und jahrelang in Haft, wurde der Journalist wegen „Terrorismus und Hochverrats“ mit dem Tod bestraft. Bin Salmans Behörden warfen ihm vor, Mitglieder der Königsfamilie der Korruption bezichtigt zu haben.