
Fehlende Wirtschaftlichkeit
ArcelorMittal gibt Pläne für „grünen Stahl“ in Deutschland auf
19.06.2025, 19:21 Uhr
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Mit Milliarden wollten Bund und Länder den Umbau der Stahlproduktion bei ArcelorMittal hin zu mehr Umweltverträglichkeit unterstützen. Nun zieht der Konzern die Reißleine. Keine Aussicht auf Profitabilität und die Branchenkrise seien die Gründe. Zwei Bundesländer sorgen sich nun um die Werksstandorte.
Der Stahlkonzern ArcelorMittal stoppt seine Pläne für umweltfreundlich produzierten Stahl in den Werken in Bremen und Eisenhüttenstadt in Brandenburg. Man könne seine Pläne zur Dekarbonisierung der beiden Flachstahlwerke „leider nicht weiterverfolgen“, hieß es. Grund seien die Marktsituation und die fehlende Wirtschaftlichkeit einer CO2-reduzierten Stahlproduktion.
Die Ampel-Regierung hatte im vergangenen Jahr Fördergelder in Milliardenhöhe für die industrielle Transformation in Deutschland bereitgestellt – darunter für die Umstellung von Produktionsprozessen auf neue Energieträger. ArcelorMittal sollte für die Standorte Bremen und Eisenhüttenstadt 1,3 Milliarden Euro Fördergeld bekommen. Insgesamt sollte das Gesamtprojekt 2,5 Milliarden Euro kosten.
Dafür sollten Elektrolichtbögen gebaut werden, die mit erneuerbarem Strom und einem erhöhten Einsatz von Recyclingschrott Stahl produzieren. In Bremen sollte zudem eine Direktreduktionsanlage entstehen, in der aus Eisenerz zunächst mit Erdgas und langfristig mit grünem Wasserstoff ein Stahl-Vorprodukt hergestellt wird. Grüner Wasserstoff wird mit erneuerbaren Energien hergestellt.
Doch „es wird immer deutlicher, dass die Energiewende in allen Bereichen langsamer als erwartet vorankommt“, erklärte der Konzern. „Dazu gehört auch, dass grüner Wasserstoff noch keine tragfähige Energiequelle ist“ und die Stahlproduktion auf Erdgasbasis als Übergangslösung nicht wettbewerbsfähig sei. Zugleich stehe der europäische Stahlmarkt „unter einem beispiellosen Druck aufgrund der schwachen Nachfrage und der hohen Importe“.
Der Vertrag mit der Bundesregierung über die Förderung habe den Beginn der Bauarbeiten bis Juni 2025 vorgesehen. Daher sei ArcelorMittal jetzt verpflichtet, der Regierung offiziell mitzuteilen, dass es die Investitionen „nicht weiterführen kann“. Der Konzern halte an dem Ziel fest, die CO2-Bilanz seiner Anlagen weiter zu verbessern. Es erscheine allerdings zunehmend unwahrscheinlich, die CO2-Reduktionsziele bis 2030 zu erreichen, erklärte ArcelorMittal.
Konzernchef Geert Van Poelvoorde betonte, höchste Priorität sei derzeit, „die Stahlnachfrage in Europa so wiederzubeleben, dass europäische Hersteller auch daran teilhaben können“. Die hohen Importe seien ein großes Problem – nötig sei eine Begrenzung. „Wenn das erreicht ist, wird die Branche auch in einer viel besseren Position sein, um Investitionen in die Dekarbonisierung voranzutreiben.“

In Bremen sollten neben Elektrolichtbögen auch eine Direktreduktionsanlage gebaut werden.
(Foto: picture alliance/dpa)
Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte zeigte sich enttäuscht und sprach von einem schweren Schlag „für die Beschäftigten und ihre Familien“. Der SPD-Politiker Bovenschulte forderte vom Konzern ein Bekenntnis zum Werk und der Stahlproduktion in Bremen. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke sagte, die Landesregierung unternehme alles, um mit den Beschäftigten, dem Bürgermeister, dem Unternehmen sowie allen Beteiligten die Arbeitsplätze im Stahlwerk in Eisenhüttenstadt zu schützen.
Die Stahlindustrie ist einer der größten CO2-Emittenten in Deutschland. Sie spielt damit eine Schlüsselrolle, damit in Deutschland Klimaziele erreicht werden. Eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung soll statt Kokskohle der Einsatz von „grünem“ Wasserstoff zur Stahlerzeugung spielen.