Herr Borsche, warum sind Trikots mittlerweile nicht mehr nur Fankleidung, sondern Fashion für den Alltag?
MIRKO BORSCHE: In der Popkultur hatte man schon immer Trikots. Jetzt wird es nochmal gepusht über die Sozialen Medien. Man sieht Snoop Dogg, OASIS oder auch Mike Tyson mit einem Fußball-Jersey. Auch passen die Trikots gut zur aktuellen Mode. Zuvor war es nur in Undergroundkulturen. Man muss nur in die Banlieues in Paris oder Neuperlach schauen, wo die Jugendkultur geboren wird. Brennpunkte sind immer die Orte, an denen sich Menschen aufgrund von Reibung und kulturellen Unterschieden neu einfinden müssen und dadurch neue Wege finden.
Borsche sammelte schon als Kind Trikots
Sie sind in den letzten Jahren zu einem der bekanntesten deutschen Trikotdesigner geworden. Wie kam es zu Ihrer Trikot-Liebe?
Ich bin, seit ich zwei Jahre alt bin, Fußballfan. Der eine Nachbar war Sechziger, mein anderer Bayern-Fan. Das fand ich einfach super. Als 1982 dann die Weltmeisterschaft in Spanien war, habe ich dann die ganzen Trikots wahrgenommen. Ich habe jeden Cent gespart und meine Eltern nach Plunder gefragt, mit dem ich einen Flohmarkt vor der Bushaltestelle aufgemacht habe, um das Geld für ein neues Trikot zusammenzubekommen. Irgendwann wussten dann auch meine Bekannten, dass ich darauf abfahre. Ich bin jeden Tag mit Trikot in die Schule gelaufen.
Wie kam es dann dazu, dass Sie gesagt haben, ich designe jetzt meine eigenen Trikots?
Ich habe sehr lange Nike-Basketball in den USA gemacht. Zum Beispiel die Kollektionen mit Kobe Bryant oder LeBron James. Über diesen Nike-Kontakt kam der Kontakt zu Inter Mailand zustande. Als Mailand kam, kam auch Venedig. Für Inter haben wir unter anderem das Logo und das Design für den Mannschaftsbus gemacht. Auch konnten wir bei den Trikots mitreden. Venedig hat damals gefragt, ob wir nicht auch gleich die Trikots gestalten wollen. Wir haben dann Trikots entworfen, die so aussahen, als wären sie schon immer da und versucht, die Vereinsfarben so elegant wie möglich einzupflegen. Weil der Verein und Spieler nicht so bekannt waren, haben wir Fotomodells gebucht und die Stadt Venedig in den Vordergrund gestellt.
Designer Borsche: „Wenn das Trikot modisch ist, werden es auch die ganzen Touristen kaufen“
Es gab einen regelrechten Run auf das Venedig-Trikot. Hätten Sie das gedacht?
Nein. Wir haben einfach unseren Job so gut wie möglich gemacht. Wir wussten aber, dass Fußballklubs zu der Zeit noch extrem schlecht waren, ihren Merch zu promoten. Man hat einen Spieler in ein Trikot reingesteckt und den vor einen Hintergrund gestellt und das war es. Venedig war ein Verein, der keine Sponsoren und kaum Fans hatte. Sie hatten so nur wenige Chancen, Geld zu verdienen. Ich habe es dann darauf angelehnt und die Stadt gefragt, ob sie Sponsor werden möchte. Sie haben dafür dann einen minimalen Betrag bezahlt. Gleichzeitig habe ich mir gedacht: Für jeden, der nach Venedig kommt und keine Gondel, Schneekugel, Murano-Glas oder venezianische Maske kaufen möchte, muss es ein Souvenir geben, das cool ist. Dann dachte ich mir: Wenn das Trikot modisch ist, dann werden es auch die ganzen Touristen kaufen. Das letzte Heimtrikot hat rund 3 Millionen Euro Umsatz gemacht. Verkauft wurde es aber zu 98 Prozent ins Ausland.
Sie haben auch das aktuelle Champions-League-Trikot des FC Bayern zusammen mit Adidas designt. War das nochmal etwas Besonderes für Sie als Münchner?
Mein erstes Trikot, das ich hatte, war ein selbstgemaltes FC-Bayern-Trikot. Mit Filzstiften habe ich versucht, mir ein Beckenbauer-Trikot mit rot-weißen Streifen, zu malen. Mit dem jetzigen Trikot ist es schon etwas Besonderes. Es ist toll, wenn man seine Arbeit auf der Straße sieht oder mehrere Millionen Zuschauer bei einem Champions-League-Spiel die ganze Zeit dein Trikot sehen. Das ist ein Push.
Trikotdesigner kämpfen sehr viel um Details
Wie sahen da die einzelnen Schritte beim Trikotdesign aus?
Wir erstellen für jedes Trikot ein Konzept. Als ich wusste, dass wir das Champions-League-Trikot machen, hatte ich zusammen mit Peter Romics vom Klub noch eine andere Idee. Es musste etwas sein, das sich internationaler anfühlt, aber trotzdem authentisch für München ist. Vom Gefühl her ist München die nördlichste Stadt Italiens. Es gibt hier schon seit Jahrzehnten enorm viele italienische Einwanderer. Unter anderem haben sie uns geholfen, die zerstörte Stadt München wieder aufzubauen. Die Community ist also stark. Auch ist für viele Münchner das erste Urlaubsziel Italien, die Liebe ist groß.
Wie schnell ging es dann, bis aus der Idee ein Trikot wurde?
Es gibt viele Runden, man probiert viel rum. Bei großen Ausstattern hat man aber weniger Spielraum, weil sie ihre Gewinnmarge maximieren müssen. Jeder Cent, der das Trikot mehr kostet, muss man mit der Millionen-Auflage multiplizieren. Dadurch hat man direkt Unsummen an Verlust. Man kämpft also sehr viel um Details. Zumal unsere Trikots enorm viel von Details leben. Es soll am Ende perfekt sein. Bis das Trikot dann produziert ist und im Laden liegt, hat man deswegen rund eineinhalb Jahre Vorlauf.
Borsche: „Ich glaube, Fußballfans sind Romantiker“
Woher entnehmen Sie die Ideen?
Wir versuchen, bei allen Klubs lange zu überlegen, was es noch nicht gab. Auch schauen wir, dass es eine schöne Geschichte darum zu erzählen gibt, die ein bisschen romantisch ist. Ich glaube, alle Fußballfans sind Romantiker. Es ist uns schon wichtig, dass die Geschichten, die wir erzählen, das Herz der Leute der Stadt berühren.
Wie viel Freiheiten haben Sie beim Design?
So viele Freiheiten hat man nicht. Man hat immer die Vereinsfarben, das Vereinswappen, die Sponsoren und manchmal noch Verordnungen von der Liga, dass zum Beispiel eine bestimmte Farbe zu 80 Prozent dominieren muss. Das sind zum Teil richtig dicke Wälzer.
FC Bayern spielte wegen Fanwünschen in der Allianz Arena im Champions-League-Trikot
Sie haben auch die beiden Sondertrikots des TSV 1860 e.V. designt. Wie ist es für Sie kurz vor dem Release. Ist da die Anspannung hoch?
Die Anspannung ist immer hoch. Bei 1860 war es ein Spezialfall, ich hatte aber vor zwei Jahren Julian Reich von Sechzig kennengelernt, der mich auf die Trikots für Venedig und Kallithea angesprochen hatte. Mit ihm war ich dann in verschiedenen Fan-Kneipen und im Stadion. Alle wussten, dass ich Bayern-Fan bin, aber waren sehr entspannt. Ich wurde dann gefragt, ob ich nicht für den e.V. ein Trikot machen möchte. Da kam ich auf die Idee, mit drei Freunden Societas zu gründen. Das grüne Trikot haben wir dann selbst designed und das blaue Sondertrikot hat Julian Niedermayr entworfen. Wir wollen jetzt beim e.V. auch den Radsport und die Laufabteilung angehen. Statt den Pas Normal, im Sechzig e.V.-Outfit rumzufahren ist tausendmal cooler.
Was ist anspruchsvoller: Ein T-Shirt zu designen oder ein Trikot?
Ein Trikot ist wesentlich anspruchsvoller. Wenn wir etwas für Balenciaga oder Supreme machen, ist es etwas komplett anderes. Da weißt du ganz genau, in welcher Nische du arbeitest. Fußball ist sehr demokratisch. Wir wollen nicht nur Trikots machen, die modisch und cool aussehen, wir wollen Trikots machen, die die Fans akzeptieren. Der FC Bayern hat zum Beispiel schon ein paar mal in dem dritten Jersey in der Allianz Arena gespielt. Das gab es vorher eher selten. Die haben das gemacht, weil es sich die Fans gewünscht haben. Und man weiß, dass diese darauf bestehen, dass die Vereinsfarben Rot und Weiß sind.
Borsche: „Die Arjen-Robben-Zeiten sind vorbei“
Welche Trends wird es in Zukunft im Trikotdesign geben?
Vom Schnitt wird es wieder ein bisschen lockerer. Das merkt man auch an den Spielern. Die Arjen-Robben-Zeiten sind vorbei, in denen die Trikots sehr eng waren. Das liegt auch daran, dass das Trikotziehen im Regelwerk stärker geahndet wird. Ich glaube auch, dass die Hosen und Socken wieder kürzer werden. Bedeutet: Auch die Boateng-Zeiten, mit Stutzen über den Knien, dass es fast wie eine Uniform aussah, sind vorbei.
Abschlussfrage: Von welchen Vereinen würden Sie noch gerne Trikots designen?
Der erste Traum ist es, das Trikot eines Premier-League-Klubs zu designen. Der zweite Traum ist es, das Trikot eines südamerikanischen Klubs zu designen. Dort herrscht einfache eine andere Fußball-Atmosphäre. Fußball ist dort ein sehr viel familiäreres Ding. Die ganze Familie steht hinter dem Verein, geht gemeinsam ins Stadion und verkörpern den Klub. Und die Premier League ist einfach die geilste Liga. Bei Arsenal und Manchester United ist es zum Beispiel auch so, dass man in die letzten Winkel des Planeten fahren kann und irgendwo noch einen Jungen in deinem Trikot sieht.
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